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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 3.1902-1903

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Zum Kapitel: Veredelung der Handarbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.6478#0211

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Italienische Borte. Aus Hipp : Handarbeit der Mädchen.

£UM KAPITEL:

VerepeluNg per HaNparbeit

Xn einem soeben erschienenen Werke1
weist Johanna Hipp darauf hin, dass es
empfehlenswert sei, den Handarbeits-Stoff
in der Volksschule — besonders in den
höheren Schulen mit neun oder zehn
Schuljahren — durch einige rein dekora-
tive Arbeiten zu erweitern. «Die Ver-
zierungskunst», sagt die Verfasserin, «die
einen so grossen Bestandteil aller weib-
lichen Handarbeit ausmacht und in manchem
Frauenleben soviel Zeit und Interesse
absorbiert, ist heute fast gänzlich Scha-
blonenwesen und geistlose Tändelei und
ebenso lächerlich und verwerflich, als sie
edel und schön sein könnte, wenn sie
wirklich als «Kunst», d. h. Ausdruck per-
sönlicher Schönheitsempfindung betrieben
würde. Der weitaus grösste Teil aller
Schmuckhandarbeiten wird fertig vorge-
zeichnet, angefangen, ja schon halb aus-
geführt in den Stickereigeschäften ge-

1 ■ Handarbeit der Mädchen. Reformpläne.»
Von Johanna Hipp. Mit 166 Abbildungen. Strass-
burg, Friedr. Bull, Verlagsbuchhandlung, 1903.

kauft, und die Arbeit, welche die Käuferin
selber noch daran auszuführen hat, ist
rein mechanisch. Das fertige Stück be-
weist nichts vom Kunstfleiss der Arbeiterin,
sondern nur von ihrer mehr oder weniger
grossen geduldigen Hingabe an gedanken-
lose Arbeit, allenfalls von ihrem Geschmack
beim Einkauf. »

Das erwähnte Werk greift nun die
Frage auf: welche Pflichten erwachsen
der Schule aus diesem von allen Urteils-
fähigen beklagten Zustande? Die Aus-
kunft, welche wir über den bisherigen
Standpunkt der Schule in dieser Frage
von der Verfasserin erhalten, klingt sehr
betrübend : die Schule tut gar nichts, um den
Geschmack zu bilden, alles aber, um die
Handfertigkeit in rein nützlichen Arbeiten
auszubilden. « Weder die Volksschule noch
die höhere und die Fortbildungsschule
wissen der Luxusarbeit den Wert abzu-
gewinnen, den sie für die Erziehung des
Schönheitssinnes und der persönlichen
Gestaltungskraft hat. »

Den jetzigen Betrieb der Luxusarbeit

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