Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 3.1902-1903

DOI Artikel:
Kleine Mitteilungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6478#0166

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kleine Mitteilungen.

KLEINE MITTEILUNGEN

Die Klosterkirche zu Niedermünster. —

Wir bieten in dem vorliegenden Hefte unserer
Zeitschrift eine interessante Studie aus der
Feder der Konservators Wolff, die den Beweis
erbringt, wie mannigfach die Fragen sind, die
sich an die Klosterkirche in Niedermünster
knüpfen. Zur Orientierung für unsere Leser
geben wir im Nachstehenden einen kurz ge-
fassten Bericht über den Stand der Aus-
grabungen.

Die am nordöstlichen Abhänge des Odilien-
berges gelegenen Ruinen des Klosters Nieder-
münster nahmen von jeher das Interesse der
Architekten und Kunstforscher ebenso in An-
spruch, wie das der Maler. In den siebziger
Jahren des verflossenen Jahrhunderts haben
F. Adler und H. v. Geymüller die kärglichen
Reste eingehend untersucht und der nach-
folgenden Forschung die Grundlage geboten.
Die Obsorge für die Erhaltung der Ruine lässt
sich aber bereits in französischer Zeit nach-
weisen. L. Levrault berichtete bereits 1840
der zuständigen Verwaltungsbehörde von dem
drohenden völligen Verfall der Ruine; 1842
äusserte sich Klotz, 1843 Ringeisen über die
Bedeutung der Baureste. Die in Betracht
kommenden, zum Teil wertvollen Berichte
sind in Abschriften im « Denkmalarchiv » ge-
sammelt.

Die Ruine bot aber als solche auch den
Malern verschiedener Zeiten landschaftliches
Interesse. Und diesem Umstände ist es zu
verdanken, dass neben den architektonisch
wichtigen Aufnahmen auch solche sich nach-
weisen lassen, die zwar mehr vom malerischen
Standpunkte aus aufgelasst sind, im wesent-
lichen aber doch den architektonischen Bestand
festhalten und deshalb die verschiedenen Sta-
dien des Zerfalles und des Abbruches wieder-
geben. Von den sachlich wertvollen Zeich-
nungen seien die von Danegger, Silbermann,
Gimpel (in Pfeffingers «Hohenburg» 1812),
Imlin und Cron erwähnt.

Die Geschicke des Frauenklosters Nieder-
münster sind in jüngster Zeit bereits da und
dort geschildert worden. Zur Zeit der Äbtissin
Edelinde von Landsperg brannte die alte Kirche
nieder; die Äbtissin aber Hess zu Ehren der
Jungfrau Maria etwa in den Jahren 1160 bis
1180 einen Neubau erstehen, der vom Bischof
von Mantua 1180 geweiht wurde. Dieser Bau

fiel am Samstag nach Martini 1642 einem
Brandunglücke zum Opfer. Der Strassburger
Bischof Erasmus von Limburg (erwählt 1541)
ordnete allerdings eine Wiedererbauung der
Kirche an, aber diese Wiederherstellung wurde
nur in Rücksicht auf die Bedeutung Nieder-
münsters als Gnadenort vollzogen. Die Kloster-
frauen selbst zogen nach Hohenburg.

Die durch den Blitzschlag verwüstete
Kirche, die dem Domstift von Strassburg als
Besitztum zugehörte, wurde aber bald als
Steinbruch behandelt. i585 liess der Bischof
Johann v. Manderscheid aus den Quadern von
Niedermünster die bischöfliche Stadt Benfeld
befestigen; später wurde aus demselben Material
der Kirchturm in Erstein erbaut. Endlich ge-
währte der Bischof Egon v. Fürstenberg 1689
den Prämonstratensern von Hohenburg das
Recht, aus den Steinen von Niedermünster ihr
Kloster aufzubauen.

Im 19. Jahrhundert wurde die Ruine eben-
falls in aller erdenklichen Weise geplündert.
Zuerst ging sie um den Preis von 28 000
Franken in die Hände zweier Spekulanten
über, die die übrig gebliebenen Quadern
wagenweise fortschaffen Hessen ; dann wurde
das Terrain 1842 an den Bankier in Barr
Taufflieb verkauft, der zwar die möglichste
Erhaltung der Ruine zusagte, aber doch auch
sein Haus mit den Steinen von Niedermünster
erbaute Und endlich gelang es, wie dies
auch jüngst bereits angedeutet wurde, dem
kunstverständigen Baron de Bussiere, die
schönen Säulen aus der Krypta zu erhalten,
mit denen er einen alten Turmrest in seinem
Schlossgarten in Ottrott malerisch ausstattete.

Im Jahre 1845 beschäftigte die französische
Regierung ernstlich der Gedanke an einen
Versuch der Wiederherstellung der Kirche.
Der Architekt Boeswillwald legte eine ein-
gehende Beschreibung der noch vorhandenen
Reste der Ruine vor, erklärte aber gleichzeitig,
es sei niemals zu hoffen, dass die Kirche
wieder aufgebaut werden könne Es sei das
Ratsamste, sie als Ruine liegen zu lassen,
dagegen sei es eher möglich, die Nieder-
münster unmittelbar benachbarte romanische
St. Nikolauskirche wieder herzustellen. Diese
Kapelle wurde denn auch mit einem Kosten-
aufwand von i3 800 Franken unter der Leitung
des Münsterbauführers Cron in der alten Ge-
stalt wieder errichtet, während die Ruine
Niedermünster immer mehr und mehr unter
der Erde verschwand, so zwar dass der Pflug
 
Annotationen