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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 3.1902-1903

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6478#0232

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222

Kleine Mitteilungen.

gewonnen, und der Wettbewerb nötigt weitere
Firmen zur Teilnahme. Sobald eine angemes-
sene Anzahl von Ausstellern zusammengebracht
ist, wird die Mithilfe der Reichsregierung,
der Einzelstaaten und der Stadt-Verwaltungen
in Form von Subventionen, Diplomen, Fracht-
vergünstigungen u. s. w. in Anspruch ge-
nommen.

Häufig wird aber auch, wenn politische
Erwägungen ausschlaggebend sind, die Be-
teiligung an Ausstellungen von Reichs- oder
Staatswegen beschlossen, in welchen Fällen
die Subventionen natürlich beträchtliche Sum-
men ausmachen. Es wird ein Reichs- oder
Landes-Kommissar ernannt, welchem die ganz
gewaltige Arbeitslast und Verantwortung ob-
liegt, die praktischen und ideellen Interessen
der Industrie und des Handels wahrzunehmen
und die Millionen zu deren Gunsten zu ver-
ausgaben, sei es mit oder ohne Beihilfe eines
Arbeits-Ausschusses, welchen er — aus eigener
Initiative und bisweilen nur pro forma — zur
event. Beratung um sich zu versammeln
pflegt. Dieser Arbeits-Ausschuss war in den
letzten grossen Ausstellungen des Reiches
fast ausschliesslich aus Kunstgelehrten (?) und
Künstlern, vorzugsweise Architekten, zusam-
mengesetzt, also rein ästhetischen Beratern,
welchen die wirtschaftlichen Interessen der
Industrie und des Handels fernliegen.

Aber am meisten bedauerlich und schä-
digend ist die den Industriellen resp. Kunst-
gewerbetreibenden, also den Ausstellern selbst,
bei der Organisation bisher auferlegte Teil-
nahmslosigkeit, welche sie sich in Zukunft nicht
gefallen lassen wollen, weil sie es für dringend
notwendig erachten, ihre eigenen wirtschaft-
lichen Interessen selbst zu betreiben und zu
vertreten. Es gilt vorzuarbeiten und energisch
einzugreifen, damit die kommenden Ausstel-
lungen, welche vor allem der schwer kämp-
fenden Industrie und dem Handel nützen
sollen, ihren wirtschaftlichen Zweck mehr als
bisher erfüllen.

Um dieses Bestreben in die Wege zu
leiten, darauf beruht der Antrag, eine ständige
Kommission für das Ausstellungswesen, wel-
che auch als eine solche «für die wirtschaft-
lichen Interessen der Aussteller» bezeichnet
werden könnte, bilden zu wollen. Die wesent-
lichste Aufgabe derselben fasse ich kurz in
folgendem zusammen :

1. Im Interesse von Handel und Industrie
ist die Aufeinanderfolge der zahllosen Aus-

stellungen zu beobachten und deren massvolle
Einschränkung zu erstreben.

2. Die enormen Summen, welche die
Ausstellungs-Unternehmungen verschlingen,
sollen rationell und in erster Reihe direkt zu-
gunsten der Industrie und des Handels (und
nicht einzelner Künstler, bezw. Architekten)
verwendet werden.

Es kann nicht einem Zweifel unterliegen,
dass die Behörden bei der häufig wieder-
kehrenden Inanspruchnahme für Ausstellungs-
Unternehmen sich des Beirats einer solchen
« Ständigen Kommission» gern bedienen
werden, und dass für Industrie und Handel
ausserordentlicher Vorteil hieraus hervor-
gehen würde. Die Ausstellungen spielen in
der Gegenwart eine so bedeutende Rolle für
Industrie und Handel, dass es als eine arge
Schädigung insbesondere des Kunstgewerbes
empfunden werden müsste, wenn die Handels-
kammer nicht mithelfen wollte, die vorhandenen
Misstände für die Zukunft nach Möglichkeit
zu beseitigen.

Haus in Holzweier vom Jahre 1661.

Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. Leitschuh in Strassburg.
 
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