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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Freiherr von Bingen, Detlav: Anleitung zur praktischen Darstellung und Ausführung heraldischer Ornamente für das gesammte Kunstgewerbe, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0024

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Die Lehre von der richtigen Reihenfolge der einzelnen
Felder ist von Wichtigkeit, weil oft die Träger zusammen-
gesetzter Wappen auf Arügen oder Schmuckgegenständen
nur einige Felder anbringen lassen, oder weil, wo viele
Wappen angebracht werden, z. B. als Fresken in Sälen,
es dem Aünstler darum zu thun ist, um der Symetrie
willen eine Vereinfachung des ganzen Wappens anzubringen,
und er dann wissen muß, wie er zu verfahren hat; auch
eine Zusammenschiebung mehrerer Wappen behufs An-
deutung von heiraten oder sonstiger Vorkommnisse ist
denkbar, wögen auch solche Fälle, wo von dem Aünstler
derartige Ausführungen verlangt werden, selten sein, so ist
doch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, und muß er
darum mit den Regeln vertraut sein.

was die vielen Aunstausdrücke anbelangt, deren sich
der Heraldiker vom Fach bedient, um möglichst kurz bei
der Blasonirung eines Wappens sein zu können, so werde
ich dieselben nicht aufzählen, sondern muß auf die
vorhandenen Lehrbücher*) verweisen; so weit aber als
nöthig, werde ich die Terminologie bei den einzelnen an-
geführten Gegenständen mit anführen.

was die Schildesform anbelangt, so kann man
im Allgemeinen den Grundsatz aufstellen, daß, in Deutsch-
land wenigstens, vom heraldischen Standpunkte aus dieselbe
keiner festen Regel unterliegt und es daher gleichgültig ist,
ob man denselben rund, drei- oder viereckig gestaltet; nur
in England und Frankreich findet man fast ausnahmslos
die Fig. 4 gegebene Form.

F'S- 4-

Von dem hier aufgestellten Satz machen nur zwei be-
stimmte Formen Ausnahmen. Einmal ist es der Rauten -
s ch i l d, Fig. 5, der nach heraldischem Grundsatz nur für
Frauenwappen angeweudet werden soll (auf Stammbäumen
oder bei Wittwenwappeu) **) — und dann sind es die zwei-
spitzigen, ovalen Siegel, Fig. 6, welche nur von geistlichen
Würdenträgern geführt wurden. Diese Formen, obgleich
sie mehr zur Sphragistik gehören, zu kennen, ist namentlich
für den Historienmaler von Werth, wenn er mit historischer
Treue seine Bilder behandeln will.

Ist auch die Form des Schildes, wie angegeben, in
der Hauptsache gleichgültig, so kommt doch noch ein Um-

*) Als besonders zweckentsprechend empfehle ich: von Mayers
heraldisches ABT-Buch, freilich ein sehr selten gewordenes Werk, und
von Vuerfurths heraldisches ksilfsbuch, welches billig und ziemlich
erschöpfend ist.

**) In Frankreich haben die Wittwen außerdem noch ein fest
bestimmtes Beizeichen als solche, bestehend in einem um den Schild
gelegten Wittwengürtel, aus einem verknoteten Strick, Fig. 7,
(nach einer Photographie vom Schloß Roche Lambert in der Auvergne).

stand hinzu, der bestimmend auf dieselbe wirkt und die
Willkür beschränkt, — dies ist der Stil desjenigen Jahr-
hunderts, in welchem der Gegenstand gehalten ist, auf oder
an dem ein Wappen angebracht werden soll und hiebei ist
nun innerhalb der gegebenen Grenze dem ausübenden
Aünstler ein großer Spielraunt für Entfaltung seines Ge-
schmackes und Aunstsinnes gegeben.

Fig. s.

Von besonderer Wichtigkeit ist dies der Fall bei
Restaurationen historischer oder sonst interessanter Gebäude
und Gegenstände, deren Tharakter streng im Stil ihres
Jahrhunderts gehalten sein soll; es wechselte nun aber die
Schildesform, bei aller Freiheit und Willkür im Detail, doch
im Ganzen im Laufe der Jahrhunderte und schloß sich
dem allgemein herrschenden architektonischen Geschmack an.

Je weiter wir zurückgehen, desto einfacher war der
Schild, und kennen wir als älteste Form denNormänni-
schen Schild, Fig. 8, der sich durch seine langgestreckte
Gestalt auszeichnet. Mit Ende des (3. Jahrhunderts
wurden sie kürzer und bezeichnet man als gothische
Schilder, Fig. 9 und \0, wobei meist die dreieckige Form
beliebt war, selten die viereckige, unten abgerundete. Erstere
finden sich auch vielfach auf Siegelabdrücken verwendet und
dies schon, wie ein uns vorliegendes Beispiel eines Wachs-
siegels von f050 zeigt. Bei dem ältesten Stadtsiegel von
Dresden für Siegellak, hat sogar der ganze Stempel die
Gestalt dieses gothifchen Schildes.

Im (5. Jahrhundert kam schon mehr Bewegung in
die Umrisse des Schildes und wurde die sog. Tartsche,
Fig. s s und \2, welche man der Form der Turnierschilder
 
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