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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

DOI Artikel:
Gmelin, Leopold: Die Kleinkunst auf der Kunstausstellung zu München 1897, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0029

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Kleinkunst auf der Münchener Kunstausstellung.

iS. Geschmiedeter Leuchter von
lj. v. Berlepsch.

verlassen sein oder in
ihre Unechtschaft ge-
rathen. wer nicht aus
den Naturformen für
den jeweiligen Zweck die
richtige Auswahl zu
treffen uitd dieselben nicht
dein Material gemäß
umzugestalten versteht,
über den wird das
Pflanzenreich bald die
gleiche Tyrannei aus-
üben, wie man sie seitens
der überlieferten Stil
arten bisher so schmcrz-
lich empfunden zu haben
meint. Sicherlich spräche
für letztere dann immer
noch der Umstand, daß
sie wenigstens ein geord-
netes Staatswesen dar-
stellen gegenüber dem Anarchisnrus. Nur dann,
wenn die reiche, aus der Natur entlehnte Formen-
welt sich dem Zweck eines Gegenstandes und allen
Umständen seines Werdens unterordnet, läßt sich
hoffen, daß das mit ihrer Hülfe in's Leben ge-
rufene neue Uunstgewerbe Bestand hat. Die Wahl
der pflanzlichen Vorbilder zur Dckorirung ist im
Allgemeinen unbegrenzt; im einzelnen Fall hängt
Alles von richtiger Verwerthung ab. Man kann
nicht mit Sicherheit von irgend einer Pflanze be-
haupten, daß sie sich dekorativ gar nicht verwerthen
ließe; aber nicht jede eignet sich für jeden Fall.
Awn hat sich früher namentlich an solche gehalten,
die sich durch Form und Farbe ganz besonders
ausgezeichnet haben, heutzutage greift man sogar
Zu den allergewöhnlichsten Pflanzen, wie manche
Uünstler sich mit Vorliebe der gewöhnlichsten Stoffe
jür ihre Werke bedienen; der Löwenzahn ist schon
längst in den besten Ureisen heimisch geworden, und
nun begehren auch Salbei und der buchstäblich „mit
Füßen getretene" Wegerich Einlaß.

Viele verstehen unter dem „modernen Uunst-
gewerbe" überhaupt nichts Anderes, als das herein-
Ziehen der Pflanzenwelt in den Ureis der Geräthe,
des Mobiliars, der Gewebe u. s. w.; sie meinen
irgend einem Ding dadurch einen künstlerischen
Stempel aufzudrücken, daß sie es irgendwie mit einer
pflanzlichen Darstellung bekleben, so lange letztere
uur gut gezeichnet, gebrannt, gemalt oder geschnitzt
lfl- Nun kann man sich in passender Einfassung
eine schöu gestickte Nachbildung des Wiesengrundes
nrit all seinen Blumen recht wohl als Ruhekissen

denken, aber verfehlt wäre es doch, sich in einem
Stuhlbein nur einen Pflanzenstengel, in einer Tasse
nichts Anderes als eine Blume, in einem Leuchter
eine ganze Pflanze vorzustellen und diese Dinge dann
jenem Gedanken entsprechend ohne Anpassung an
Zweck und Material durchzubilden. Damit würde
man sich thatsächlich die Thüre zu einem gesunden
Fortschreiten verriegeln; eine im Boden festgewurzelte
Pflanze ist eben ein anderes Ding als ein Geräthe,
ein Möbel, das nicht fest mit seinem Standorte ver-
bunden ist, das aus anderem Stoff besteht und andere
Zwecke zu erfüllen hat als die Pflanze. Die zur Aus-
stellung gekoinmenen Sachen ziehen sich im All-
gemeinen solche Vorwürfe nicht zu; gleichwohl schien
uns die Warnung am Platze, um Uebereifrige vor
Fehlgängen zu bewahren!

*

*

*

Die schon oben gekennzeichneten Umstände
mußten bei dem erstmaligen selbständigen Auf-
treten der Ulcinkunst im Glaspalast nothwendig dazu
führen, nur Stückwerk zu bieten; darum wollen und
können auch die beiden Räume nicht als einheitliche,
bis in alle Einzelheiten vorausgeplante und über-
legte Schöpfungen angesehen werden. Die beiden
leitenden Architekten Martin Dülfer und Theodor-
Fischer haben unter Beihülfe opferbereiter Uünstler
wie Fritz Erler, Rich. Riemerschinid, Aug.
EndeII, und gleichgesinnter Uunsthandwerker wie
Möbelfabrikant ©. Fritzsche, Glasmaler T. Ule,
das Menschenmögliche gethan, die zahlreichen ganz
verschiedenartigen
Gegenstände zu
harnronischen Bil-
dern zu vereinigen.

Nach Lage der
Dinge mußte das
Hauptgewicht auf
die Schaffung ein-
zelner in sich zu-
sammenhängender
Gruppen inner-
halb der Räume
gelegt werden; so
finden wir in den
von Fischer ein-
gerichteten Zim-
mern einzelne lau-
schige Winkel, in

einer Ecke auf tep- .. .

^ [7. Blumenvaschen mit schimedeisernem

pichbelegtem Po- M D£m 0tto £tfmamu Ausgeführt

bium eine Truhe von I. Jimmermann & Lie.
vor einemgeftickten (Gesetzlich geschützt.)

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