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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Gmelin, Leopold: Die Kleinkunst auf der Kunstausstellung zu München 1897, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0067

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Kleinkunst auf der tllünchener Kunstausstellung.

in Grün gestickter wollener Teppich (Abb. sOH) ein
seltsames, unruhiges Durcheinanderwirbeln von Blatt-
rosetten und ein Gemisch voll geraden Streifen und
korallenähnlichem Geäst, — Vrnamentgebilde, deren

89. Büste in tNajolica von L. K 0 r n h a s.

pflanzliche oder thierische Ahnen nicht mehr nachweis-
bar sind. Eher wäre dies noch möglich bei den: auf
einem 3 m hohen Wandbehang aus graubraunem
2eidenrips angebrachten Frühlingsbaum, bei den: man
an blühende Eschen erinnert wird, die ebenso wie dieser
flilisirte Baum, vor der Belaubuitg blüheir uild große
Büschel gelber Staubfäden aus den Blüthen hervor-
senden. Mit einer überaus zierlichen Stickerei, voll
^eben und doch im Rahmen eines gewissen Gleich-
Sewichtszustandes hat Gbrist einen Vorhang aus
dunkel blaugrünem, geripptem Sammt bedacht, wo
sich die Silberfäden algenartig in die pöhe schlängeln
und in fein gefaserten Silberblättchen ausklingen oder-
violette in grünliche Reiche gefaßte Staubfädenbüschel
tragen (Abb. sOs und \02). Das Leichtbewegliche
«»es faltigen Vorhangs und die Zierlichkeit der
Technik konnten nicht wohl schöner und treffender
Mm gemeinsamen Ausdruck gebracht werden wie hier.
Tarum fei auch weder der Stickerin all dieser Ar-
beiten, Frl. B. Ruch et, noch ihren Gehilfinnen hier

das verdiente Lob vorenthalten!

* *

Gin paar Bodenteppiche von Lemmen ver-
treten die Anüpfarbeit; sie zeigen ziemlich einfache
und große, farbensatte und doch nicht aufdringliche
^Rüster, die in jeder Beziehung dem weichen, warmen
Tharakter der Wolle entsprechen, pandwebereien
stnd von zwei Seiten eingelaufen, aus Scherrebeck in
Schleswig-Holstein und aus München; technisch sind

dieselben sehr einfacher Natur, aber den meisten
Maschinengeweben dadurch überlegen, daß sie die
gleiche Musterung auf beiden Seiten der Stoffe zeigen,
was z. B. bei Vorhängen von Bedeutung ist. Die
erstgenannten, nach Entwürfen von V. Eckmann
im Wege der Pausindustrie hergeftellten Gewebe,
werden in diesen Blättern eine besondere Besprechung
erfahren; es fei hier vorläufig nur bemerkt, daß sie
sich in Zeichnung und Farbe durchaus in den Grenzen
einer einfachen, mit nur 7—fO Farben arbeitenden
Technik halten. Man darf sich aufrichtig freuen,
daß da eine alte einheimische pausarbeit wieder eine
Auffrischung erfahren hat und zu Ehren gekommen
ist. Auch die andern pandwebereien — nach Ent-
| würfen von Aug. Endell, gefertigt von Frl. Ninni
Gulbranson — fußen auf nationaler pausarbeit.
Ueber die technische Ausführung dieser Gewebe,
welche sich ganz an das in Skandinavien noch heimische
Verfahren hält, läßt sich nur Gutes sagen; dagegen
läßt sich gegen die Musterung derselben Manches
einwenden. Die Einfachheit, oder — wenn der
Ausdruck erlaubt ist — die Grobheit der Technik
verlangt nothwendig eine gewisse Größe im Maß-
stab des Musters; dieser Umstand zwingt aber
wiederum zu entschiedener Ruhe und Einfachheit
der Linienführung, wenn nicht das Muster tölpelhaft
gespreizt erscheinen soll. Diesen Eindruck erhält man
z. B. leicht — namentlich auch wegen der starken
Farbenkontraste — bei dem als Portiere einer der
Thüren (auf Abb. 30 links sichtbar) verwendeten
Gewebe, wo bei
glattem pängen die
großen hin- und her-
schwirrenden Linien
viel zu viel Auf-
hebens von sich
machen und bei fal-
tigem Gängen nur
ein völlig unbefrie-
digender Eindruck
entsteht. Sehr lehr-
reich ist in dieser
pinsicht der Ver-
gleich mit dem oben
besprochenen Gbrist-
schen Vorhang. —

Mancher wird
stutzig werden, wenn 90. Vase von ks. Kühler,

er hört, daß auch

Maschinen Webereien sich in die vornehme
Gesellschaft der Rleinkunstgruppe gemischt haben;
die Stoffe von Saurel freres tragen indessen die
Berechtigung dazu in sich selbst. Die Firma zeigt

Nnnft lind Handwerk. 47. ^ahrg. fielt 2.

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