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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Schwindrazheim, Oskar: Sind die "alten Meister" abgesetzt?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0099

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Sind die alten Meister abgesetzt?

Freude ant Selbstständig-Eigenartigen ist so ein
Tharakterzug. Bisweilen wird ein ängstliches Be-
streben daraus, ja nicht an irgend welchen „alten
Geister" zu erinnern, ja, bisweilen steigert sich die
2elbstständigkeitssucht bis zur Bizarrerie — aber
äelbstständigkeitssuchen ist's doch.

Ein Bestreben, national-deutsch
Zu sein, zeigt sich, wie anders-
wo, so auch im Aunstgewerbe,
nachdem wir gerade noch zu
letzt gesehen haben, was Eng-
länder und Amerikaner durch
die Betonung ihrer nationalen
Eigenheiten erzielt haben. Ein
besonders hervortretender Tha-
rakterzug ist sodann die Freude
an den Formen der Natur im
Ornament. Fast alles, was wir
beim Anschauen des Neuesten
erblicken, ist darauf begründet;

Thier- und Pflanzenformcn, so-
wie oftmals auch direkt land-
schaftliche Motive, spielen die
größte Bolle im Ornament.

Auffällig ist sodatin eine Freude
am Anmuthig - Einfachen im
Ausbau, wie in der Verzierung;

Bescheidenheit, Zurückhaltung
sit ait die Stelle des bisherigen
Prunkes mit so und so vielen
Motiven getreten u. s. f.

Aber sind gerade diese
Tendenzen so absolut neu?
lDenn wir sagen, das Aunst-
gewerbe unseres Jahrhunderts
lehnte sich bisher auffällig an
das Vorbild der „alten Meister"
an, so war das die zunächst un-
seren Augen auffallende bsaupt-
ftrömung. Neben ihr her liefen
aber Nebenströmungen, und be-
obachten wir diese, so werden
wir sehen, daß das vermeintlich
nochniedagewesene Neue doch
schon dagewesen ist, daß auch
ein „alter Meister", nämlich
der weise Ben Akiba, wieder
habt hat.

Mehrmals in unserem Jahrhundert haben Be-
strebungen sich gezeigt, z. B. in München und in
Berlin, „einen neuen Stil zu erfinden", wie man
spöttisch sagte, das heißt aber doch iinmerhin selbst-
ständig zu sein. Mie man das, und ob man's auf dem

richtigen Mege zu erreichen suchte, ist eine zweite
Sache, der gute Grundgedanke war jedenfalls da.

DesOefteren haben sodann einsichtige Männer da-
raus hingewiesen, daß unser Aunstgewerbe mehr Merth
aus einfach-gute Aonstruktion legen müsse, als auf

er fjaufe.

fei in Firma Schmidt & (£o.

Formenprunk. Man hat gewarnt vor dem Aopiren
der Museumsprunkstücke, hat daraus hingewiesen,
daß diese reich geschmückten Merke auch in der Zeit
ihres Entstehens Ausnahmen gewesen seien, daß
neben ihnen aber sehr beachtenswerthe einfachere
Merke, die für unsere Mittel besser passen würden,
entstanden seien u. s. f. Ja, man ist eincit Schritt

(2^. Zimmerdecke in einem Münchener Pause.
Architekt Prof. Eman. Seidl. Gemalt von Mös

einmal Becht ge-
 
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