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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Braun, Edmund Wilhelm: Hans Thoma's Rahmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0133

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fyius Thoma's Bilderrahmen.

X83.

ruhen in den Zweigen, durch die reife Aepfel
glänzen.

Tief unten liegt zerklüftetes Land und Wasser, oben
durch die zerrissenen Wolken sausen die „Reiher", den
nahenden Winter verkündend. Und Blitze zucken
den Rahmen hinab, au den vier Ecken treiben paus-
bäckige Windsgötter ihr loses Spiel.

Den stolzen „Ritter", der so furchtlos seinen Weg
dahinreitet, umgibt der Löwenzahnranken. Die un-
heimliche „bjarpye" umrahmen aufragende Zweige;
an den Wurzeln nagen die Mäuse, aber nicht ahnend
die doppelte Gefahr sitzen oben ruhig kleine Vögel
Zwischen den reifen Früchten, den Eicheln. — Ver-
sunken in seiner Töne Klang sitzt der „Geiger" da,
sein geliebtes Instrument liebkosend an der Wange.
Und so recht bezeugt das Glück einer solchen Stunde
auch hier der Kleeblattsries.

Und nun zu den übrigen unpublizirten Ab-
bildungen, köstlichem Studienmaterial des Meisters,
wie sie den tausendfachen wechselnden Einfällen dieser
gottbegnadeten Künstlerseele enteilt, rasch festgehalten
wurden. Sie sind aus dein Tachygraphen hergestellt
und aus verschiedene Rahmen hat Thoma die
Vapierstreisen aneinandergereiht, aufgeklebt und dann
bemalt. Doch ich lasse den Meister selbst sprechen:
„Wir wurde die Sache natürlich doch lästig und zu

viel als Arbeit, aber es ließe sich handwerklich sehr
gut ausnützen, wenn ein intelligenter Dekorations-
maler die Ausführung machte in freier Farben-
variation, jedem Bilde angepaßt." Uns sind diese
Entwürfe doppelt werthvoll; sie geben uns ein an-
schauliches, schönes Bild seines dekorativen Schaffens
und der Art und Weise, wie dieses sich vollzog,
andererseits tritt in ihnen wiederum das köstliche, so
prächtig individuelle und kosinische Wesen seiner hohen
Kunst zu uns?)

Nochmals feine reizenden Kinderköpfchen schauen
UNS entgegen, wie sie geflügelt in einem Rund ein-
geschlossen, einen viereckigen Rahmen ausfüllen, gleich-
sam eine kindliche Symbolik der vier Temperamente,
so verschieden aber jedesmal gleich schön und tief-
gefaßt, dünkt uns der Ausdruck dieser lieben Köpfchen.
(Abb. j8o.) Und ein anderes Mal setzt er, gleich-
falls in Vierecken eingeschlossen, zwischen die Kopfe
des verachtenden und welterfahrenen zornigen Mannes
und des schmollenden, melancholischen Griesgraines
einen lachenden und weinenden Kinderkops, beide
durch den alleräußerlichsten Autor in ihre Stimmung
versetzt und noch nichts ahnend von des Lebens
rauher !)and, unter deren Griff sie allinählich zu
denen werden, die sie jetzt einschließen. (Abb. \86.)

x) Die Wiedergabe dieser Studien in den Abb. — ;96
ist durchschnittlich in 4/io—V> der wirkt. Größe erfolgt.

t8Z u. Skizzen von thans Thoma. (4/io der wirkt. Größe.)

Uunst und Handwerk. 47. gahrg. Heft 4.

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