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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Braun, Edmund Wilhelm: Hans Thoma's Rahmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0134

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ßarts Thoma's Lilderrahmen.

Irisch und volksthümlich, dabei von bedeutender
dekorativer Wirkung hat Hans Thoma die zwölf
Thierzeichen als Rahmenmotiv verwendet (Abb. l"0).
Vor allen Dingen find es der wild anstürmende,
bogenspannende Tentaur und die reizende, gekrönte
Schnitterin mit der reifen Aehre und der erntenden
Sichel, die durch die individuelle, künstlerische Ge-
staltung entzücken.

Den Muscheln des Meersandes, dem baroken
Seepferdchen begegnen wir wieder und von der
Schwere der geheimnißvoll liegenden Muscheln löst
sich als gelungener Abschluß leicht der schwebende
bunte Falter (Abb. s6s—s6si).

Aber auch das Leben des Meeres umrahmt als
häufiges Motiv Thomas Seebilder. Als unteres
oder oberes Mittelstück zwei an den Schwänzen an-
einandergekoppelte Fische, jeder voller Entrüstung
nach seiner Seite drängend. Aber leider sind diese
Seiten einander entgegengesetzt und so werden die
Beiden nie auseinander kommen. And ihre stummen
Seufzer, die aus dem weitgeöffneten Rachen hervor-
quellen, verschlingen sich und werden allmählich zu
stilisirten Wellen: ein köstliches Beispiel von Thomas
künstlerischem Humor (Abb. \87 u. ^88).

3» tollem, wohligem Gewinde dagegen tummeln
sich die übrigen Fische den Rahmen -hinauf und hin-

ab, jeder im geöffneten Maule den vor ihnr schwim-
menden Schwanz festhaltend (Abb. ^89-—l92).

Thoma liebt so leidenschaftlich den Frühling,
die Auferstehung in der Natur und den reifen, vollen
Sommer. Und so hat er auch den Trokus, das
aufblühende Veilchen, die si)rimel, die Tulpe, die
Anemone, alle diese lieblichen Frühlingsblümchen auf
seine Rahmen gestreut (Abb. s 7 \—\ 82). So umschlingen
köstlich und voll gebundene Sommerblüthensträuße,
volksliedduftige Heckenröschen und volle rothe Rosen
eine der gemalten oder lithographirten Frühlings-
oder Sommeroffenbarungen des Meisters (Abb.
bis f96).

* *

-l-

Die Kraft und Freudigkeit der neuen Kunst,
ihre Lebensfähigkeit und Daseinswonne beweist am
Meisten die Frische und die eminente Selbstständigkeit,
mit der sie auch das Kunstgewerbe ergriff. And
dem Neuen, dem Gewollten entspricht auch das
künstlerische Können. So auch in diesen: einzelnen
Fall, in der Gestaltung des Bilderrahmens, die lebens-
kräftig und glücklich erscheint, weil sie organisch, in-
dividuell und national ist. And das sind doch die
vornehmsten künstlerischen Eigenschaften eines Kunst-
gewerbes.

>85 u. >66. Tkizzen von Hans Thoma. (4/io der wirkt. Größe.)

,22
 
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