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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Endell, August: Keramische Arbeiten der Familie von Heider
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0142

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Keramische Arbeiten der Familie von lseider.

kritische pülfe über die todten Punfte des Schaffens
bringen zu können.

Die im Glaspalast ausgestellten Arbeiten Maxi-
milians von peidcr und seiner Söhne Fritz, pans
und Rudolph von peider zeigen natürlich bei aller
Gleichartigkeit bedeutende charakteristische Unterschiede.
Man kann direkt mehrere Gruppen unterscheiden.

Ganz sür sich, auch äußerlich, stehen die beiden
Friese, aus glasirten Fliesen zusammengesetzt und als
Wandbekleidung gedacht; röthlicher Untergrund mit
lichtgrünen Flecken, stark davon sich abhebend in
tiefem Graublau und kräftigem Weiß Thiergestalten,
die Modelliruitg nur mit
einigen schwarzen Strichen
gegeben, die Umrisse eben
falls schwarz. Der größere
Fries, zwei kämpfende Böcke
darstellend, ist sehr aniüsant
und von glücklichein pumor,

(99. Vasen von 11T. v. Leider. ('/< der wirkl. Größe.)

nur die allzu naiven Bäume rechts und links stören
mich ein wenig. Tine ganz vorzügliche Leistung ist
der „panther": Das Schleichende, elastisch Kräftige
und das unerbittlich parte ist mit wenigen Strichen
außerordentlich sicher und überzeugend gegeben.

Ganz anders geartete Wirkungen bieten die ver-
schiedenen Gefäße. Es scheiden sich deutlich drei
Arten von einander. Einmal die plastisch ge-
schmückten Basen mit den Fisch- und pabichtsköpfen
(Abb. lstß). Dann die strengen einfachen Formen
mit stilisirten Blumen geziert (Abb. sst8 u. 200—202)
und schließlich die schmucklosen Gefäße von weicher
unbestimmter Formgebung sAbb. 203).

Bei der Base mit den Fischköpfen möchte man
eine etwas härtere Modellirung wünschen. Das Ma-
terial setzt dem ja von vornherein bestimmte Grenzen,
und scharfe Kanten sind natürlich ausgeschlossen,

wohl aber lassen sich bis zu einem gewissen Grad
scharf modellirte Kanten durch die Glasur schützen,
und gerade die hierbei entstehenden verschiedenen
Tiefen der Glasur bieten eine Möglichkeit besonders
gearteter Wirkungen. Die Glasur dieser Base, gelb
licher Grundton in Rosa und Grün hinüberspielend,
scheint mir zu fein sür die große Form, aber immer-
hin kann dieses Stück in entsprechender Beleuchtung
von guter Wirkung sein. Die Base mit den pabichts-
köpfen ist bestimmter in der Form und auch kräftiger
in der Glasur, starkes Roth mit Grün.

Ungemein sympathisch, wuchtig und energisch
in ihrer Form sind die Ge-
säße sß8 und 200—202; die
beiden f06 und f07 würden
vielleicht gewinnen, wenn die
penkel in ihren oberen Be-
grenzungen mit dem Gefäß-
rande eine einheitliche Linie
bildeten. Außerordentlich glück-
lich aber ist die große Base
sAbb. sst8) in ihrer ruhigen
selbstsicheren Kraft, vorzüglich
die sichelförmigen penkel, die
sich organisch aus dem Grund-
körper entwickeln und dem
Ganzen eine bewunderungs-
würdige Geschlossenheit geben.
Leider ist die Dekorirung dieser
Formen nicht in gleichem
Maaße glücklich gewesen:
durchweg stilisirte Blunren mit
schwarzer Kontur. Es liegt
freilich verlockend nahe, den
naiven Reiz primitiver Zeichen-
kunst in dieser Weise aufzu-
greisen, aber ich denke doch, daß wir im Grunde nach
feineren und stärkeren Wirkungen Berlangen tragen.
Wir zeichnen eben nicht mehr so primitiv, und für
unsere Augen gewinnt eine Fläche nicht an Reiz durch
eine schwerfällige Umrandung. Wie hübsch würde sich
aus der Base 200 das pellblau der Blume von dem
gelblichen Grunde abheben, wozu die schwarze
Tontur, und wozu gar die Goldumrahmung auf
Base i98? Diese Art der Stilisirung ist heute sehr im
Schwange, und es scheint auch nicht an Leuten zu fehlen,
die darin das Wesen der Dekoration sehen, nur zu oft
begegnet man einem zaghaft und feinstrichig aus-
geführten Frauenkopf, der mit einer dicken schwarzen
Linie umrandet ist. Seltsam mag das fein, neu ist
es keinesfalls, für mich ist es einfach ein sinnloses
Nachahmen naiver Derbheit. Aber auch abgesehen
von dieser principiellen Erwägung scheinen mir die

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