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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Endell, August: Keramische Arbeiten der Familie von Heider
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0143

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Keramische Arbeiten der Familie von kjeider.

Ornamente der i>: Rede stehendeit Gefäße nicht ge
lungen: am besten noch bei 200; die großblättrige
Blüthe paßt gut zu dem Formcharakter des Ganzen;
öie grünen Blätter würde ich gerne missen. Der Zick-
zackzweig mit den hängenden Blüthen aus der schlanken
Base (Abb. 20s), ist weit weniger glücklich, er eignet
sich in seiner Unruhe durchaus nicht für diese lang-
sam vornehm ansteigende Form. Noch weniger will
mir die krause Blüthe mit dem schwanken Stiel auf
öer Vase sß8 gefallen. Diese prächtig kraftvolle Form
erfordert bestimmte sichere Linien. Die schwarzen
Bänder bei 202 sind mir gar zu abstrakt uitd sagen
Zu wenig.

Auch die Glasuren dieser Vasen siitd nicht durchweg
Slücklich: bei Abb.20s ist das Violett, das sich von (Oben
über den gelben Grundton ergießt, nicht klar und stark
tzenug für die ruhige Sicherheit der Form, bei Abb. sß8
das Roth zu matt, hier würde man unbedingt eine ju-
belnd starke Farbe erwarten. Viel glücklicher 200:
hellblau und Grün auf gelblichem Grund, vor Allem
das Blau vortrefflich. Aber alle weit überragt 202,
sarbig vielleicht das vorzüglichste Stück der ganzen
Sammlung. Auf dein leicht gelben Grund zeigen sich
Tanz fein und unaufdringlich zarte rothe Flecken, und
über diese intime und doch kräftige Grundstinrmung
schwer und fest die beiden schwarzen Bänder, ein
ungewöhnlich guter und wirk-
samer Aontrast.

Formal lange nicht so be-
deutend mrd eindringlich sind
die beiden letzten Vasen (Abb.

203), behagliche Formen, weich,
unbestimmt, ohne jede klärte
sehr angenehm zum Befühlen
und Betasten. Die Glasur bei

203 a ist etwas zu hart für diesen Formcharakter,
das kupfrige Roth zu heftig auf dem grünlich gelben
Grund; 203 b aber unübertrefflich, ein feines Violett,
das sich allmählich in ein zartes Teichgrün verliert.
Hier sagt die Farbe, was die Forin andeutet. Beide
vereinen sich zu einer ungemein vollen und starken
Wirkung.

Sind aber diese Vasen auch praktisch, höre ich
die Lichtwark'sche Hausfrau *) fragen, kann man sie
brauchen, lassen sie auch kein Wasser durch? Da ist nun
allerdings zuzugeben, daß, während die aus weißein und
gelbem Thon geformten Gesäße absolut undurchlässig
sind, die Vasen aus rothem Thon durch die Haar-
risse Feuchtigkeit ausschwitzen. Aber sind damit diese
Erzeugnisse gerichtet? Was ist das überhaupt für
ein lächerliches Gethue mit der Zweckmäßigkeit! Vor
(0 Zähren stieß man sich zum Beweise seines Ge-
schmacks mit Vergnügen alle Glieder an den meffer-
scharfen Renaissanceprofilen wund, oder quälte sich
entsetzlich die überzierlichen Rococosächelchen wirklich
zu gebrauchen. And heute schreit Jedermann nach
Zweckmäßigkeit, Einfachheit, leichter Reinigung xc.* 2)
Heißt Aunstgewerbe wirklich Fabrikation zweckmäßiger

’) Anspielung auf einen in der „Dekorativen Kunst" er-
schienenen Artikel („Der praktische Zweck"), worin der Verfasser
Alfred Lichtwark den einer praktischen lsausfrau dein: Benrtheilen
moderner Gegenstände auftaucheuden
Gedanken Worte leiht. D. Red.

2) Im Gegensatz zu der obigen
Anschauung halten wir die Forderung
nach Erfüllung des Zweckes durchaus
nicht für ein „lächerliches Gethue".
Man hat vor ;o Jahren mit Recht
gegen heimtückische Tischbeine und Aehn-
liches gezetert und heute will man sich
mit genau dem gleichen Rechte keine
wasserdurchlässigen Blumenvasen bieten
lassen. D. Red.

Vasen von M. v. lqeider.

(V4 der wirk!. Größe.)

20^.

200.


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