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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Schölermann, Wilhelm: Wiener Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0344

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Wiener Kunstausstellungen.

Tänzerinnen von N. Lar ab in, Paris.

Reiz des Verschwimmenden, Weichen, besonders bei
den nackten Figuren; so hat er deli Rücken einer
Geige mit einein Reigen von anmuthig bewegten
Tänzerinnen in perspektivisch immer flacher werden-
dem Relief geziert. Jean Baffier bringt Frucht-
und Zuckerschalen und ein Salzfaß in Silber. Zwei
Holzschalen und sechs kleine Serpentintänzerinnen in
Bronze (man erkennt in jeden: Stück das gleiche, für
lebhafte Bewegungen tatentirte Modell mit dem un-
schönen Kopf) sandte Tara bin (Abb.^8^); Vallgren
seine überschlanken Blumengeister und Bronzeschalen,
nebst einem feinen Steinrelief („Träumerei"); seine
Gattin, Frau Antoinette Vallgren ist mit einer
Kollektion Bucheinbände und einer Mappe in
Leder vertreten. Interessant sind die farbigen Litho-
graphien „:nit Pressung", z. B. die Bilderfolge »Rn
2elan6e« von Tharpentier, der feine Anregung von
den Japanern erhielt, aber seine eigene Technik
dazu erfand. In eine Art Guß- oder Prägeform
aus komprimirtem Aigarettenpapier preßt er starken
Aarton hinein, der das Reliefbild genau annimmt.
Auf einem dieser Blätter läßt er eine unter den:
grünen Wasser schwinnnende Nixe so als gepreßtes
Relief heraustreten, was einen ganz merkwürdig
günstigen Eindruck macht. Sechs dekorative Pauneaux
von Grasset und fünf Aartons für Glasfenster
von Walter Trane sind in: Stiegenhaus angebracht,
während in den oberen Räumen interessante Griginal-
holzschnitte und Lithographien von Georg Lührig
(Dresden), Peter Behrens (München) und Tmil
Grlik (Prag) zu sehen sind. Trane ist auch durch
seine Zeichnungen zun: zweiten Band von Spensers

»Fairie Queene« vertreten, Steinten und Ibels
durch farbige Zeichnuugen von verblüffender Rassen-
echtheit, Storn: van Gravensande durch Al
graphien mit Vlissinger und Hamburger Motiven.
Auch einige von Fritz Erler's Bucheinbänden haben
die Wiener zum ersten Mal in: «Original zu sehen
Gelegenheit.

Das Gesammtresultat dieser Ausstellung ist über
allen Zweifel ein durchaus erfreuliches. Die An-
regung wird nicht verfehlen, sowohl die großen
Blassen des Volkes (man hat jetzt auch an den Sonn-
und Feiertagen billiges Entree [ f 0 Kr.] für die Arbeiter
eingerichtet), wie die Künstler selber zu fördern. Das
ist ja in der Hauptsache die kulturelle Aufgabe und
Bedeutung derartiger Secefsionen: sie wirken wieder
belebend zurück auf das Gros, vou dem sie aus-
schieden ! Das hat man schon bald auch in der
Jubiläumsausstellung zu konstatiren Gelegenheit
gehabt. Nach beiden Seiten also nützen sie, so un-
erfreulich manchmal die Umstände sind, unter denen
sie ins Leben treten müssen.

Aber noch eine Lehre bietet diese Ausstellung
für jeden, der sie hören will: Die Gesundung un-
serer ganzen zeitgenössischen Kunst liegt im
Kunst ge w er b e. Dort sind die starken Wurzeln
ihrer Kraft so deutlich zu erkennen, wie nie zuvor.
Für alle Länder gilt das, für Deutschland in erster
Linie, weil wir (noch mehr wie andere Kulturnationen)
des vermittelnden Bindegliedes bedürfen zwischen
Künstler und Publikum. Um das letztere zu ge-
winnen, müssen die ersteren ihm entgegenkon:men,
ohne ihn: Konzessionen zu :nachen. Das kann
eben nur geschehen auf den: Wege des künstlerisch
veredelten Kunstgewerbes!-

Im Künstlerhause treten uns diesinal ein
Theil derselben Namen entgegen, wie in der Garten-
baugesellschaft: Die probe auf das Exempel, daß
die Trennung heilsam für beide war. Ich fand eine
Reihe von französischen Kleinplastikern, Rodin vor
Allen und Fremiet hatte seinen „Gorilla ein Weib
raubend" eingeschickt; außerdem deutsche und öster-
reichische Medailleure, wie Stephan Schwarz und
den Neubegründer der österreichischen Medaille, An-
ton Scharff. In der dekorativ-architektonischen
Ausschmückung ist nmnches „Hübsche" geleistet wor
den, z. B. an der Außenseite des Verbindungsbaues
zwischen dem Künstlerhaus und der Musikvereins-
gebäude.

Daß die Ausstellungskommission im Uebrigen
nicht so strenge Gesichtspunkte in der Lothringer-
straße gelten lassen konnte, die Zahl der Ausstellungs-
nummern viel größer ist, als bei den Sezessionisten,
bedarf wohl keiner näheren Begründung.

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