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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 47.1897-1898

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Gmelin, Leopold: Merkwürdige Wettbewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7002#0415

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Merkwürdige Wettbewerbe.

überhaupt nicht mehr verkaufen können, da Jeder
denselben billiger haben kann, wenn er die betreffende
Zeitschriftnummer erwirbt; klagen doch schon die
Kunsthandwerker über Entwerthung ihres geistigen
Ligenthums durch Veröffentlichung ihrer Arbeiten,
selbst wenn der genannte vermerk beigefügt ist, —
wie viel weniger Werth mag ein anderer Entwurf
behalten, der ohne diesen vermerk der Oeffentlichkeit
preisgegeben wird!!

Bei Wettbewerben für ganz bestimmte Auf-
gaben, wie sie namentlich im Bereich der Baukunst
die Regel sind, werden allerdings nicht prämiirte
Arbeiten meist nur eitlen akademischen Werth haben
und nur selten Käufer finden; man kann also hier-
mit einiger Berechtigung annehmen, daß die nicht
prämiirten Entwürfe für deren Urheber iricht nrehr
materiell verwerthbar sind. Aber bei Aufgaben
allgemeiner Art — wie Tapeten- und Teppichmuster
— trifft dies bod) nicht zu. Es kanir da sehr leicht
Vorkommen, daß ein Entwurf bei einem Wettbewerb
keinen Preis erringt, während er das Gefallen eines
Fabrikanten erregen uird diesen zum Erwerb des
Musters veranlassen kann; eine solche Aussicht ist natür-
lich nach erfolgter Veröffentlichung vollstäitdig aus-
geschlossen. vor kauin zwei Jahren ist sogar der Fall
vorgekominen, daß bei einem allgemeiiten Plakat-
Wettbewerb ein Künstler den I. Preis mit fOOO M.
errang, der wenige Monate vorher mit demselben
Entwurf bei einem speziellen Plakat-Wettbewerb
(Pianofortefabrik) durchgesallen war. Bei einem Vor-
gehen, wie es die ntehrfach genannte Zeitschrift be-
liebt, wären dent betreffenden Künstler die tausend
Mark entgangen.

Daß bis jetzt über diese Vorgänge nichts ver-
lautbar geworden ist, hat seine leicht verständlichen
Gründe: theils verbietet es die bekannte Scheu der
„pereingefallenen", darüber zu reden, theils die Furcht,
einen eventuellen Gönner oder Auftraggeber zu ver-
lieren. Um so weniger darf sich eine Zeitschrift, welche
es mit den Interessen der Künstler wirk-
lich ernst nimmt und welche weder von einem
Pereinfall zu erzählen weiß, noch eine Gönnerschaft
auf's Spiel zu setzen hat, der Pflicht entziehen, Vor-
gänge zu beleuchten, welche direkt auf eine
Schädigung der Künstler hinauslaufen.

Es kann keiner Zeitschrift verwehrt werden, ihr
illustratives Material so zusammenzubringen, wie es
ihr am vortheilhaftesten erscheint; eine Kunstzeitschrift,
welche nicht auf einen Massenabsatz — wie ihn
Z. B. die „Jugend" besitzt — rechnen kann, wird
die ihr zufließenden Beiträge nur selten in der vollen,
dem Kunstwerth der Originalien entsprechenden Höhe

567. Blumenkübel von Wilhelm und Lind, München.
(1/8 der wirkl. Größe.) Muster geschützt.

bezahlen können, an: wenigsten natürlich, wenn die
betreffende Zeitschrift eine rein buchhändlerische Er-
werbsquelle darstellt, die nur durch einen Ein
nahmen-Ueberschuß im Fließen erhalten werden
kann. Aber es ist doch ein Unterschied, ob man
vorhandenes Material — mag man dasselbe durch
freiwilliges Angebot oder infolge Aufforderung er-
halten haben — benützt, oder ob man Künstler
durch Ausschreibung von Wettbewerben zur Anferti-
gung von Arbeiten ausdrücklich veranlaßt und
dann nicht prämiirte aber „belobte" Arbeiten einfach
verwerthet?) wer es mit der Förderung der
K ü n st l e r wirklich ernst meint, sollte sich
Derartiges nicht zu Schulden kommen
lassen. L. G. *)

*) Bei dem II. Wettbewerb wurden 3 Arbeiten prämiirt;
weitere ;o errangen Belobungen und wurden demgemäß auch
publizirt. Zu den Preisrichtern zählte auch Alexander Koch.

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