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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Bredt, E. W.: Das neue bayerische Nationalmuseum, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0026

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Das neue bayerische Nationalmuseum.

\2. Nationalmuseum, München. Goth. Lapidarium. Zlrchitekt Gabr. v. Seidl.
Nach einer Photographie von Fr. Bruckmann.

nischen, steinernen Mittelsäule mit skulptirtem Stricf^
Ornament, getragen wird, versetzt uns so lebendig
in eine andere Zeit, daß wir im Betrachten der
kunstvoll imitierten Wände und der ausgestellten
Schätze, gar nicht bemerken, daß das große Jtheilige
Fenster doch nicht stilgemäß ist. Und doch erhellt
es den Raum außerordentlich, aber da es der Ein-
tretende säst im Rücken hat, dient es dem Museums-
zweck vortrefflich, ohne den stilistischen Eindruck
zu stören.

Dem Eingänge gegenüber ist ein kleines steinernes
Thor über denr eine alte Tympanonplastik eingefügt ist.

Wir betreten wiederum einen ganz anders ge-
stalteten, stachgedeckten Raum. Und wieder stört uns
kein Fenster, sondern der Blick wird vollständig kon-
zentrirt auf den höchst stimmungsvollen, romanischen,

gewölbten Thor und die fast ge-
heimnißvoll beleuchtete Apsis mit
Nischen und der großen Wechsel-
burger Ureuzigungsgruppe davor.
Dieser Raum ist so fein erdacht,
so vollständig künstlerisch und
praktisch, daß er den Aünstler
zum Studium der Alterthümer
führen muß und jeden Aunst-
freund zum rein künstlerischen
Gesammtgenuß der ganzen Zeit
kommen läßt. Aeußerlich recht-
fertigt sich nun die ruhige Fläche
des Auerbaues und der thurm-
artige Anbau an der Ostseite.
Das kleine Rundbogenfenster aber,
über dem zierlichen Portal nach
der Terrasse zu, ist zur Belich-
tung des Thores nothwendig,
wie es wiederum außen über
dem Portal gerechtfertigt er-
scheint. Ein noch stimmungs-
volleres Licht empfängt der kleine
Thor von der anderen Seite,
es ist ein ganz indirektes und
kommt von einem kleinen Fenster,
über dem niedrigen, anstoßenden
Raume, der in zwei düstere
Seitenkapellen gegliedert ist und
zu dem großen Bamberger Altar
führt.

Es ist der erste gothische Raum.
Nach jenen niedrigen Kapellen
und den geheimnißvoll gestimm-
ten, romanischen Räumen wirkt
er doppelt hoch und hell. Grade
dem breiten, viertheiligen Fenster
gegenüber, sind die schönsten gothischen Bilderaltäre
aufgestellt. Das Helle Licht scheint fast von dem goldenen
Hintergrund der Bilder auszugehen, denn wir haben
das volle Licht, wiederum im Rücken, wenn wir den
Raum betreten und nach dem seitlich anstoßenden
Zimmer hindurchgehen. Zn einem so reichen Lichte
werden diese Werke wohl noch nie, nicht einmal in
der Werkstatt des Meisters, gestanden haben.

War dieser Raum fast glänzend und heiter, so
ist das nächste Zimmer mit seiner verdunkelten und
wohl 3 mal übermalt gewesenen, bilderreichen polz-
balkendecke aus dem Augsburger Weberhaus fast
düster. Aber die Malereien an Decke und Wänden
lassen sich hier doch recht gut betrachten. Mehr Licht
hätte zweifellos den gewichtig-behaglichen Eindruck
des Ganzen zerstört.

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