Friedrich Adler.
35. Entwurf zu einem Pokal von
Friede. Adler, München.
lange wußte jeder Zweifelnde, wohin er sich in seiner
Noch zu wenden hotte; nachdem dieser früher so be-
liebte Weg durch die völlige Schließung des Museums
ungangbar gemacht worden war, sahen sich alle
Lernenden gezwungen, mehr oder weniger eigene
Wege zu suchen. Daß man dabei mit einem wahren
Heißhunger die Pflanzenwelt verschlang und sie zur
dekorativen Ausschmückung des Geräths rc. in um-
fassendem Maaß beizog, ist bekannt; aber Diele
haben sich mit dem oberflächlichen Beschauen der
Pflanzen begnügt. Die Art, wie Adler z. B. bei
den Aapitellentwürfen (Abb. \7 und (8) die Ansätze
von Stengel (Schaft) und Blattknauf (Aapitelle)
ausgebildet und wie er den schlanken Schaft der
Lampe mit ihrem Fuß oder den Stengel des Pokals
mit der Tuppa verbunden hat, gestattet den sichern
Schluß, daß er sich die Ansätze und Absätze der
Pflanzenstengel nicht uur so obenhin angesehen^
sondern den Zusammenhang zwischen innerem Wesen
und äußerer Form zu ergründen versucht hat; und
auch die Schirmgriffe (Abb. 56—38) lassen deutlich
erkennen, daß ihr Urheber wohl beobachtet hat, wie
z. B. manche Pflanzenkuospen unmittelbar nach Weg-
schmelzen der Schneedecke aus dem Boden empor-
sprießen, fett, gedrungen, mit anliegenden Blatt-
ansätzen. Die Gesammtform der Griffe mußte sich
natürlich nach dem Zweck richten; aber an deren
Durchbildung hat das Vorbild aus der Pflanzenwelt
einen Autheil.
Die Motive zu den Borsatzpapieren (Abb. 3H u. 35)
und den Fliesen (Tafel 2) haben ihren Ursprung
gleichfalls in der Natur, in Bewegungserscheinungen,
die bei der Vereinigung ungleichartiger Flüssigkeiten
entstehen; man erinnere sich daran, wie seit den letzten
Zähren mancher Aünstler mittels des alten Buch-
binder-Verfahrens bunte Vorsatzpapiers herstellt, deren
vielfarbiges Muster aus geschmeidigen Linien und spitz
zulaufenden Flächenstreifen gebildet wird. Aehnliche
Bilder kann man sich unschwer Hervorrufen, wenn
man z. B. einen Tropfen Tusche, die mit einer dem
Wasser nicht verwandten Flüssigkeit versetzt ist, auf
eine ebene Wasserfläche fallen läßt und dann mittels
eines Stäbchens die Oberfläche leicht durchfurcht.
Das hierbei entstehende Linienspiel, welches —■ da es
auf einem natürlichen Vorgang beruht — in sich
stets harmonisch ist, braucht dann nur um Sym-
metrie-Linien geordnet zu werden, und das Vorsatz-
muster ist fertig — vorausgesetzt, daß es Verfertiger
versteht, am richtigen Ort Auslassungen vorzunehmen,
Zusätze zu inachen, die Flecken geeignet zu vertheilen.
Solange die auf solche Weise entstandenen Linien-
züge auch bei ihrer dekorativen Verwerthung das
bleiben, was sie ihrem Wesen nach sind, nämlich ein
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35. Entwurf zu einem Pokal von
Friede. Adler, München.
lange wußte jeder Zweifelnde, wohin er sich in seiner
Noch zu wenden hotte; nachdem dieser früher so be-
liebte Weg durch die völlige Schließung des Museums
ungangbar gemacht worden war, sahen sich alle
Lernenden gezwungen, mehr oder weniger eigene
Wege zu suchen. Daß man dabei mit einem wahren
Heißhunger die Pflanzenwelt verschlang und sie zur
dekorativen Ausschmückung des Geräths rc. in um-
fassendem Maaß beizog, ist bekannt; aber Diele
haben sich mit dem oberflächlichen Beschauen der
Pflanzen begnügt. Die Art, wie Adler z. B. bei
den Aapitellentwürfen (Abb. \7 und (8) die Ansätze
von Stengel (Schaft) und Blattknauf (Aapitelle)
ausgebildet und wie er den schlanken Schaft der
Lampe mit ihrem Fuß oder den Stengel des Pokals
mit der Tuppa verbunden hat, gestattet den sichern
Schluß, daß er sich die Ansätze und Absätze der
Pflanzenstengel nicht uur so obenhin angesehen^
sondern den Zusammenhang zwischen innerem Wesen
und äußerer Form zu ergründen versucht hat; und
auch die Schirmgriffe (Abb. 56—38) lassen deutlich
erkennen, daß ihr Urheber wohl beobachtet hat, wie
z. B. manche Pflanzenkuospen unmittelbar nach Weg-
schmelzen der Schneedecke aus dem Boden empor-
sprießen, fett, gedrungen, mit anliegenden Blatt-
ansätzen. Die Gesammtform der Griffe mußte sich
natürlich nach dem Zweck richten; aber an deren
Durchbildung hat das Vorbild aus der Pflanzenwelt
einen Autheil.
Die Motive zu den Borsatzpapieren (Abb. 3H u. 35)
und den Fliesen (Tafel 2) haben ihren Ursprung
gleichfalls in der Natur, in Bewegungserscheinungen,
die bei der Vereinigung ungleichartiger Flüssigkeiten
entstehen; man erinnere sich daran, wie seit den letzten
Zähren mancher Aünstler mittels des alten Buch-
binder-Verfahrens bunte Vorsatzpapiers herstellt, deren
vielfarbiges Muster aus geschmeidigen Linien und spitz
zulaufenden Flächenstreifen gebildet wird. Aehnliche
Bilder kann man sich unschwer Hervorrufen, wenn
man z. B. einen Tropfen Tusche, die mit einer dem
Wasser nicht verwandten Flüssigkeit versetzt ist, auf
eine ebene Wasserfläche fallen läßt und dann mittels
eines Stäbchens die Oberfläche leicht durchfurcht.
Das hierbei entstehende Linienspiel, welches —■ da es
auf einem natürlichen Vorgang beruht — in sich
stets harmonisch ist, braucht dann nur um Sym-
metrie-Linien geordnet zu werden, und das Vorsatz-
muster ist fertig — vorausgesetzt, daß es Verfertiger
versteht, am richtigen Ort Auslassungen vorzunehmen,
Zusätze zu inachen, die Flecken geeignet zu vertheilen.
Solange die auf solche Weise entstandenen Linien-
züge auch bei ihrer dekorativen Verwerthung das
bleiben, was sie ihrem Wesen nach sind, nämlich ein
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