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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Adler, Friedrich; Grasegger, Georg: Des Kunsthandwerks junge Mannschaft, [3/4)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0044

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Georg Grasegger.

Die fünf Jahre rein bildhaueri-
schen Studiums unter v. Rüemann
dürfen allerdings nicht voll ge-
zählt werden, denn es galt, sich
nebenher des Lebens Unterhalt
zu verdienen — und da wurde
eben so lange zu Pause geschnitzt
und modellirt, bis wieder für
einige Wochen vorgesorgt war.

So hat Grasegger zahlreiche
Modelle zu allerlei Aleingeräth
gefertigt und an der bildhaue-
rifchen Ausschmückung großer
Monumentalbauten — Iustiz-
palast und Schwabinger Friedhof
in München, Gewerbemuseum
in Nürnberg — mitgearbeitet.

So eigenartig nun seine Stand-
uhr, seine Modelle zu Spiegelrahmen, Schmuck-
schalen u. s. w. auch sein mögen, — die Eigenart
Grasegger's gelangt doch in den Werken der eigent-
lichen Plastik am deutlichsten zur Aussprache; es
steckt darin etwas von der urwüchsigen Araft des
Gebirglers. Gin Theil dieser, auf den folgenden
Seiten abgebildeten Stücke (Abb. ^8—50) wurde
von Grasegger für die derzeitige Bau-Ausstellung
in Dresden in einer von Ehemiker Ae im in München
zusammengesetzten plastischen Masse hergestellt, die
binnen drei Tagen erhärtet und völlig Steincharakter
annimmt. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, daß
den genannten Reliefs eine gewisse flüchtige Derbheit

anhaftet, die vortrefflich zu der
Eigenart des Materials stimmt.
Aus den stilistischen Eharakter
dieser Arbeiten übten indessen
auch die von Grasegger unter
der (Oberleitung des Bildhauers
Diamant für die Leichenhalle des
Schwabinger Friedhofs x) gefer-
tigten Reliefs starken Einfluß; die
strenge Gestaltung des Reliefs mit
den Sinnbildern Aunst und Hand-
werk (Abb. ^8) ist ein unverkenn-
barer Nachklang jenes altchristlich-
byzantinischen Zierwerks, das die
Außenwände genannten Baues
bekleidet. Was Grasegger frei
von stilistischen Fesseln als Bildner
vermag, das lassen — außer seinem „Fürst Bismarck"
(Abb. \7) — seine gelegentlich im Glaspalast aus-
gestellten Reliefs und Büsten erkennen; daß er trotz diesen
Erfolgen der Aleinkunst treu geblieben, gereicht ihm nur
zur Ehre. Die Fahnenflucht von: Aunstgewerbe hin-
weg zur lockenden „hohen Aunst" ist schon so Manchem
zum Berhängniß geworden; daß recht viele Aunst-
jünger von der beschriebenen Art und Borbildung der
Aleinkunst treu bleiben, liegt nicht allein im Interesse
dieser, sondern ebenso in dem der Aunst. Es gibt für
die Aunst selbst — materiell und künstlerisch —
keinen tragfähigeren Boden a ls das pan dwerk.

’) Architekt: £). Gräfsel. G.

4t—44. Thürklopfer, kfand- u. Stand-
spiegel; Modelle von Gg. Grasegger,
München. (Muster geschützt.)

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