Moderne Keramik auf der Pariser Weltausstellung.
die großen keramischen Anstalten, die die berufenen
Vertreter dieser keramischen Spezialität sind, ain
längsten im Alten zu beharren pflegen. Nun ist
auch hier das Eis gebrochen und für die Ausstellung
eine Neberraschung aufgespart worden, die wohl als
die bedeutendste überhaupt auf dein weit verzweigten
Gebiete der Aunst zu gelten hat: die vollständige
Aiodernisirung der Sevvesmanufaktur.
Das ist in der That ein Ereigniß ersten Ranges,
das nicht freudig genug zu be-
grüßen ist, und dessen Folgen
noch gar nicht abzusehen sind.
Die alte berühmte Staatsmanu-
faktur, die sich bisher nur einmal
völlig gehäutet hat, vor hundert
Jahren, als sie zur Zeit Napo
leons das Weichporzellan durch
das Partporzellan ersetzte, hat
plötzlich den Ballast alter Tradi-
tion bei Leite geworfen und
rückhaltlos sich der modernen
Aunst in die Arine gestürzt, uin
in der kurzen Zeit von drei
Zähren zu Resultaten zu ge-
langen, die in gleicher Weise
durch Umfang, Güte, wie Selbst-
ständigkeit in Erstaunen setzen
und eine neue Blüthe der
Sevresmanufaktur mit Sicherheit
voraussetzen lassen. Es ist dies
das große Verdienst ihres neuen
künstlerischen Direktors Alexander
Sandier, in Frankreich schon
vorher als Architekt und dekora-
tiver Zeichner in modernen: Sinne
vortheilhaft bekannt, wenn ihm
auch ein größerer Wirkungskreis
bisher gefehlt zu haben scheint.
Damit aber hat zugleich die
moderne dekorative Richtung vom
Staate ihre offizielle Anerkennung
gefunden, was auch für Frankreich, das man auf
der Ausstellung weit weniger modern gefunden, als
man erwartet hatte, von nicht zu unterschätzender
Bedeutung sein wird.
Die wahrhaft glänzende, nur leider etwas ver-
steckte Ausstellung der Ulanufaktur enthüllt den ganzen
Umfang ihres technischen, wie künstlerischen Aönnens.
Technisch beherrscht Sevres jetzt Part- und Weich-
porzellan und hat sich nun auch, dem Zuge der Zeit
folgend, an die Perstellung des Gros gemacht. Die
Verzierungsarten sind geflossene Glasuren, Arystallisa-
tionen und Ober- und Unterglasur-Scharffeuer-
farben, von denen erstere als reine Farbenspiele,
letztere aller Vrnamentenscheu der Zeit zum Trotz,
als wirkungsvolle Ornamentik zur Geltung kommen.
Zn der Plastik beschränkt sie sich, den alten Traditionen
getreu, entgegen den Staatsmanufakturen anderer
Länder auf das Biskuit. Zugleich aber hat sie sich
damit ein bleibendes Verdienst erworben, daß sie bei
dieser allgemeinen Verjüngung nicht nur an die
Reformation der Zierkunst, vielmehr auch in gleicher
Weise an die Verbesserung der
Nutzkunst gedacht und schon eine
ganze Reihe praktisch brauchbarer
Gegenstände hervorgebracht hat,
wie man sie bei anderen moderni-
sirten Fabriken nur zn lange ver-
mißt hat.
Ulan kann darüber in Zweifel
sein, ob Sevres gut daran ge-
than, das Gres seinem früheren
Ulaterialienbestand hinzuzufügen.
Es gibt gute Vertreter dieses
Ulaterials in Frankreich genug,
indeß das Porzellan noch so ver-
nachlässigt ist, daß ein völliges
Aonzentriren auf dieses und wei-
teres Ausbauen desselben wohl
am Platze wäre. Vor allem
dürfte das koloristisch so dank
bare Weichporzellan, der alte
Ruhmestitel dieser Manufaktur
aus früheren Zeiten in künst-
lerischer Beziehung noch ganz
bedeutend mehr ausnutzbar fein.
Was hier in Gres geschaffen, ist
ja ganz hübsch, stellt jedoch inner-
halb der französischen Aeramik
nicht eine so originelle Note dar,
wie die Porzellane Sevres, und
vollends dürften die Versuche,
dasselbe zu monumentalen, archi-
tektonischen Zwecken, wie Aa-
minen, Wandfriesen zu verwenden, wohl kaum
als gelungen gelten können. Monumentale Aeramik
ist überhaupt recht schwierig und bisher wohl
nur wirklich befriedigend den asiatischen Völkern ge-
lungen. Die Versuche der Sevresmanufaktur auch
in Porzellan nach dieser Richtung hin, die großen
ornamentirten Prunkvasen sind wohl die noch ain
wenigsten geglückten Leistungen; vollends unbrauch-
bar erscheint hierbei die Arystallisation, deren deko-
rative Araft für so große Zwecke nicht ausreicht;
um so geschickter ist sie dafür an den kleineren Gegen-
ständen verwandt, wo sie mit den geflossenen Glasuren
90. j)orzellanvase (Montchanin) aus der Manu-
faktur in Sevres; Scharffeuerfarben über Glasur:
braun, blau und gelb. Form von A. Sandier,
Malerei von Gebleux. (Vs d. tu. Gr.)
70
die großen keramischen Anstalten, die die berufenen
Vertreter dieser keramischen Spezialität sind, ain
längsten im Alten zu beharren pflegen. Nun ist
auch hier das Eis gebrochen und für die Ausstellung
eine Neberraschung aufgespart worden, die wohl als
die bedeutendste überhaupt auf dein weit verzweigten
Gebiete der Aunst zu gelten hat: die vollständige
Aiodernisirung der Sevvesmanufaktur.
Das ist in der That ein Ereigniß ersten Ranges,
das nicht freudig genug zu be-
grüßen ist, und dessen Folgen
noch gar nicht abzusehen sind.
Die alte berühmte Staatsmanu-
faktur, die sich bisher nur einmal
völlig gehäutet hat, vor hundert
Jahren, als sie zur Zeit Napo
leons das Weichporzellan durch
das Partporzellan ersetzte, hat
plötzlich den Ballast alter Tradi-
tion bei Leite geworfen und
rückhaltlos sich der modernen
Aunst in die Arine gestürzt, uin
in der kurzen Zeit von drei
Zähren zu Resultaten zu ge-
langen, die in gleicher Weise
durch Umfang, Güte, wie Selbst-
ständigkeit in Erstaunen setzen
und eine neue Blüthe der
Sevresmanufaktur mit Sicherheit
voraussetzen lassen. Es ist dies
das große Verdienst ihres neuen
künstlerischen Direktors Alexander
Sandier, in Frankreich schon
vorher als Architekt und dekora-
tiver Zeichner in modernen: Sinne
vortheilhaft bekannt, wenn ihm
auch ein größerer Wirkungskreis
bisher gefehlt zu haben scheint.
Damit aber hat zugleich die
moderne dekorative Richtung vom
Staate ihre offizielle Anerkennung
gefunden, was auch für Frankreich, das man auf
der Ausstellung weit weniger modern gefunden, als
man erwartet hatte, von nicht zu unterschätzender
Bedeutung sein wird.
Die wahrhaft glänzende, nur leider etwas ver-
steckte Ausstellung der Ulanufaktur enthüllt den ganzen
Umfang ihres technischen, wie künstlerischen Aönnens.
Technisch beherrscht Sevres jetzt Part- und Weich-
porzellan und hat sich nun auch, dem Zuge der Zeit
folgend, an die Perstellung des Gros gemacht. Die
Verzierungsarten sind geflossene Glasuren, Arystallisa-
tionen und Ober- und Unterglasur-Scharffeuer-
farben, von denen erstere als reine Farbenspiele,
letztere aller Vrnamentenscheu der Zeit zum Trotz,
als wirkungsvolle Ornamentik zur Geltung kommen.
Zn der Plastik beschränkt sie sich, den alten Traditionen
getreu, entgegen den Staatsmanufakturen anderer
Länder auf das Biskuit. Zugleich aber hat sie sich
damit ein bleibendes Verdienst erworben, daß sie bei
dieser allgemeinen Verjüngung nicht nur an die
Reformation der Zierkunst, vielmehr auch in gleicher
Weise an die Verbesserung der
Nutzkunst gedacht und schon eine
ganze Reihe praktisch brauchbarer
Gegenstände hervorgebracht hat,
wie man sie bei anderen moderni-
sirten Fabriken nur zn lange ver-
mißt hat.
Ulan kann darüber in Zweifel
sein, ob Sevres gut daran ge-
than, das Gres seinem früheren
Ulaterialienbestand hinzuzufügen.
Es gibt gute Vertreter dieses
Ulaterials in Frankreich genug,
indeß das Porzellan noch so ver-
nachlässigt ist, daß ein völliges
Aonzentriren auf dieses und wei-
teres Ausbauen desselben wohl
am Platze wäre. Vor allem
dürfte das koloristisch so dank
bare Weichporzellan, der alte
Ruhmestitel dieser Manufaktur
aus früheren Zeiten in künst-
lerischer Beziehung noch ganz
bedeutend mehr ausnutzbar fein.
Was hier in Gres geschaffen, ist
ja ganz hübsch, stellt jedoch inner-
halb der französischen Aeramik
nicht eine so originelle Note dar,
wie die Porzellane Sevres, und
vollends dürften die Versuche,
dasselbe zu monumentalen, archi-
tektonischen Zwecken, wie Aa-
minen, Wandfriesen zu verwenden, wohl kaum
als gelungen gelten können. Monumentale Aeramik
ist überhaupt recht schwierig und bisher wohl
nur wirklich befriedigend den asiatischen Völkern ge-
lungen. Die Versuche der Sevresmanufaktur auch
in Porzellan nach dieser Richtung hin, die großen
ornamentirten Prunkvasen sind wohl die noch ain
wenigsten geglückten Leistungen; vollends unbrauch-
bar erscheint hierbei die Arystallisation, deren deko-
rative Araft für so große Zwecke nicht ausreicht;
um so geschickter ist sie dafür an den kleineren Gegen-
ständen verwandt, wo sie mit den geflossenen Glasuren
90. j)orzellanvase (Montchanin) aus der Manu-
faktur in Sevres; Scharffeuerfarben über Glasur:
braun, blau und gelb. Form von A. Sandier,
Malerei von Gebleux. (Vs d. tu. Gr.)
70