Aum fünfzigjährigen Bestehen des Bayerischen KunstgewerbevereinS.
f85^", — fein damaliger Vorstand, Vberbaurath
Voit 1)l schuf ihr das f}eim: den Glaspalast. Kleinere
Veranstaltungen in verschiedenen Lokalen der Stadt
tauchen alle zwei, drei Jahre immer wieder aus; es
werden sogar ein Mal ff86s) ausdrücklich die Landtags
abgeordneten zu deren Besuch eingeladen. Aber die
Jubiläumsausstellung sollte etwas Ungewöhnliches
werden. Und sie wurde es. Das Selbstvertrauen zu
einem solchen Unternehmen war allerdings damals
im Verein noch so gering, daß man beschlossen hatte,
die Jubiläumsausstellung im Erdgeschoß des Kunst-
vereins abzuhalten; als der I. Vereinsvorstand
v. Miller aus dem Reichstag heimkehrte, warf er
diesen Beschluß um und wählte allen Warnungen
zum Trotz den Glaspalast.
was von allem Anfang an die treibende Kraft
im Verein gewesen war, das Streben nach Vereini-
gung von Künstlern und Handwerkern, das sollte
NUN auch der großen
Deffentlichkeit vor Au-
gen gestellt werden;
es sollte ein Vereint
gungsfest der deut
scheu Kunst mit dem
deutschen Handwerk ge-
feiert werden. Die war-
men Worte, die Ferd.
J38. Porzellanvase aus der Meißener ^killer
Manufaktur. ('/- d. n>. Gr.) kräftig Unterstützt VON
der Staatsregierung —
an alle deutschen fjöfe und Regierungen richtete, zündeten
überall — wenn auch erst im letzten Augenblick, als
i) Dieser um den Verein hochverdiente Mann wird in
dein ihm (kseft 5/6 des Jahrgangs ;87( der Vereinszeitschrist)
gewidmeten Nekrolog als „Gründer" des Vereins bezeichnet,
wobei darauf hingewiesen wird, daß er zur Gründung des
Vereins angeregt wurde, als er für die Maxburg die Innen-
dekoration und das Mobiliar entwarf. In diesem Nekrolog ist
das Jahr Z8-f9 als Gründnngsjahr angegeben, mährend die aller-
erste Zeitschriftnnmmer ausdrücklich den ;s. November ;8so
als Gründungstag bezeichnet. Diese Unrichtigkeit in Ver-
bindung mit dein Umstand, daß nur '/so des ganzen
Nekrologs voit's verhältniß zum Aunsthandwerke und
zum Verein gewidinet ist. bestärkte in mir die vermuthung.
daß die Bezeichnung „Gründer des Münchener Annst-
gewerbevereins" ein Epitheton ornans sei, das dein ver-
dienten Toden nachgerufen wurde. Inzwischen sind mir
nach Erscheinen der ersten Abschnitte dieses Rückblickes
mündliche Ueberlieferungen zu Ghren gekommen, wonach
voit thatsächlich den ersten Anstoß zur Gründung des Vereins
gegeben nrid sich sehr lebhaft an dessen Thun betheiligt hat.
Danach kann die auf S. (8 behauptete Zurückhaltung der
Architekten von den Ausgaben des Vereins nicht mehr int
ganzen Umfang aufrecht erhalten werden, und überdies
wäre voit in die Reihe derer zu setzen, welchen das Gedeihen
des Vereins besonders am Herzen lag. ^ Erfasser.
;zg. Porzellanvasen, in Scharffeuerfarben unter Glasur gemalt;
aus der kötiigl. sächs. Porzellan Manufaktur in Meißen,
p/z der wirkt. Gr.)
man die Anstrengungen der Münchener gewahrte.
Nun entwickelte sich eine fieberhafte Thätigkeit,
und es kam eine Ausstellung zu Staude, die in
ihrer Art einzig war, namentlich in ihren folgen.
Ganz Deutschland brachte die Erzeugnisse seines neuen
Kunstgewerbes und zahllose deutsche Kunstwerke aus
älterer Zeit in den Glaspalast nach München, und
die Ausstellung wurde die erste große Heerschau, in
der das deutsche Kunsthandwerk sich selber kennen
lernte uitd sich an den Arbeiten früherer Zeiten er-
bauen konnte.
Die Wirkung der Ausstellung auf das kunstgewerb-
liche Leben in Deutschland war von ungeahnter Trag-
weite. Kunstgewerbevereine wurden vielerorts ge-
gründet, es entstand der Verband deutscher Kunst-
gewerbevereiue, dessen erster Vorort München war, —
in Deutschland folgte eine Ausstellung der andern,
und keine konnte sich mehr ohne eine „historische Ab-
theilung" sehen lassen, nachdem s876 gerade „Unsrer
Väter Werke" einen Hauptanziehungspunkt gebildet
hatten, Für den Verein selbst war diese Ausstellung auch
materiell von der größten Bedeutung, indem sie ihm
;-f0. Frühstückservice aus der kgl. sächs. Porzellanmanufaktur
in Meißen. ('/6 der wirkl. Gr.)
\2
Aunst und Handwerk. 5J. Iahrg. Heft 3.
89
f85^", — fein damaliger Vorstand, Vberbaurath
Voit 1)l schuf ihr das f}eim: den Glaspalast. Kleinere
Veranstaltungen in verschiedenen Lokalen der Stadt
tauchen alle zwei, drei Jahre immer wieder aus; es
werden sogar ein Mal ff86s) ausdrücklich die Landtags
abgeordneten zu deren Besuch eingeladen. Aber die
Jubiläumsausstellung sollte etwas Ungewöhnliches
werden. Und sie wurde es. Das Selbstvertrauen zu
einem solchen Unternehmen war allerdings damals
im Verein noch so gering, daß man beschlossen hatte,
die Jubiläumsausstellung im Erdgeschoß des Kunst-
vereins abzuhalten; als der I. Vereinsvorstand
v. Miller aus dem Reichstag heimkehrte, warf er
diesen Beschluß um und wählte allen Warnungen
zum Trotz den Glaspalast.
was von allem Anfang an die treibende Kraft
im Verein gewesen war, das Streben nach Vereini-
gung von Künstlern und Handwerkern, das sollte
NUN auch der großen
Deffentlichkeit vor Au-
gen gestellt werden;
es sollte ein Vereint
gungsfest der deut
scheu Kunst mit dem
deutschen Handwerk ge-
feiert werden. Die war-
men Worte, die Ferd.
J38. Porzellanvase aus der Meißener ^killer
Manufaktur. ('/- d. n>. Gr.) kräftig Unterstützt VON
der Staatsregierung —
an alle deutschen fjöfe und Regierungen richtete, zündeten
überall — wenn auch erst im letzten Augenblick, als
i) Dieser um den Verein hochverdiente Mann wird in
dein ihm (kseft 5/6 des Jahrgangs ;87( der Vereinszeitschrist)
gewidmeten Nekrolog als „Gründer" des Vereins bezeichnet,
wobei darauf hingewiesen wird, daß er zur Gründung des
Vereins angeregt wurde, als er für die Maxburg die Innen-
dekoration und das Mobiliar entwarf. In diesem Nekrolog ist
das Jahr Z8-f9 als Gründnngsjahr angegeben, mährend die aller-
erste Zeitschriftnnmmer ausdrücklich den ;s. November ;8so
als Gründungstag bezeichnet. Diese Unrichtigkeit in Ver-
bindung mit dein Umstand, daß nur '/so des ganzen
Nekrologs voit's verhältniß zum Aunsthandwerke und
zum Verein gewidinet ist. bestärkte in mir die vermuthung.
daß die Bezeichnung „Gründer des Münchener Annst-
gewerbevereins" ein Epitheton ornans sei, das dein ver-
dienten Toden nachgerufen wurde. Inzwischen sind mir
nach Erscheinen der ersten Abschnitte dieses Rückblickes
mündliche Ueberlieferungen zu Ghren gekommen, wonach
voit thatsächlich den ersten Anstoß zur Gründung des Vereins
gegeben nrid sich sehr lebhaft an dessen Thun betheiligt hat.
Danach kann die auf S. (8 behauptete Zurückhaltung der
Architekten von den Ausgaben des Vereins nicht mehr int
ganzen Umfang aufrecht erhalten werden, und überdies
wäre voit in die Reihe derer zu setzen, welchen das Gedeihen
des Vereins besonders am Herzen lag. ^ Erfasser.
;zg. Porzellanvasen, in Scharffeuerfarben unter Glasur gemalt;
aus der kötiigl. sächs. Porzellan Manufaktur in Meißen,
p/z der wirkt. Gr.)
man die Anstrengungen der Münchener gewahrte.
Nun entwickelte sich eine fieberhafte Thätigkeit,
und es kam eine Ausstellung zu Staude, die in
ihrer Art einzig war, namentlich in ihren folgen.
Ganz Deutschland brachte die Erzeugnisse seines neuen
Kunstgewerbes und zahllose deutsche Kunstwerke aus
älterer Zeit in den Glaspalast nach München, und
die Ausstellung wurde die erste große Heerschau, in
der das deutsche Kunsthandwerk sich selber kennen
lernte uitd sich an den Arbeiten früherer Zeiten er-
bauen konnte.
Die Wirkung der Ausstellung auf das kunstgewerb-
liche Leben in Deutschland war von ungeahnter Trag-
weite. Kunstgewerbevereine wurden vielerorts ge-
gründet, es entstand der Verband deutscher Kunst-
gewerbevereiue, dessen erster Vorort München war, —
in Deutschland folgte eine Ausstellung der andern,
und keine konnte sich mehr ohne eine „historische Ab-
theilung" sehen lassen, nachdem s876 gerade „Unsrer
Väter Werke" einen Hauptanziehungspunkt gebildet
hatten, Für den Verein selbst war diese Ausstellung auch
materiell von der größten Bedeutung, indem sie ihm
;-f0. Frühstückservice aus der kgl. sächs. Porzellanmanufaktur
in Meißen. ('/6 der wirkl. Gr.)
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