Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

DOI Artikel:
Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0176

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lhronik des Bayer. Kunftgetuetbenereins.

Gegenwart zu versetzen. Ein römischer Prälat hatte im
Jahre (709 seinen ganzen Palast mit solchen Krippen gefüllt
und sorgte sogar dafür, daß bei Besuchen eine geeignete Musik
die Erweckung der richtigen Stimmung befördere. — Bei den
römischen Krippen spielte die Landschaft die Hauptrolle, bei
den neapolitanischen das Volk, und zwar mitsamt seinem
Treiben in der Vsteria, bei Tanz, auf dem Markt, wobei weder
die Gemüse, noch das Hühnervolk oder das Schwein vergessen
wurden, — alles in trefflichster, die Achtheit oft bis zum
Äußersten (z. B. in Schmucksachen) treibender Ausführung:
die Köpfe aus Wachs oder Thon, J^aube und Füße geschnitzt
und beweglich, die Bekleidung aus wirklichem Stoff. Das Voll-
endetste in Krippenplastik haben die Sizilianer geleistet; da sind
die Figuren durchgehends geschnitzt und mit Stoffen bekleidet,
die durch Eintauchen in Gips- oder Leimwasser die nötige Un-
veränderlichkeit bekommen haben. Mit dem Schlußwort, dem
Dank an den uneigennützigen im Saale anwesenden Sammler,
der dein Nationalmuseum einen so reichen Schatz köstlicher Werke |
der Kleinkunst beschert hat, erklärte die ungemein zahlreiche
Zuhörerschaft durch den gespendeten Beifall ihre völlige Uber-
einstimmnng, und so entsprach auch das voin Vorsitzenden Prof,
v. Thiersch auf Kommerzienrat Sch niederer und den
Vortragenden, Konservator Vr. Hager, ausgebrachte „Hoch" !
ganz der Stimmung der Versammlung. — Eine fast unüberseh-
bare Zahl von hierher gehörigen Arbeiten war aufgestellt und
erregte die begreifliche Bewunderung der Anwesenden. — Vor
Eröffnung der Tagesordnung konnte der Vorsitzende der Ver-
sammlung die erfreuliche Mitteilung machen, daß die Kohlen- j
insel für die nächsten drei Jahre dem Verein für weitere Vor-
schläge Vorbehalten bleibt, worüber schon an anderer Stelle be-
richtet wurde. - -

Siebenter Abend — den 8. Januar. — Nach den Be-
grüßungsworten und Neujahrswünschen des Vorsitzenden, Prof.
Fr. v. Thiersch, ergreift Bildhauer Fr. Ringer das Wort
zu einem Vortrag über Danzig, das norddeutsche Nürn-
berg. In der Einleitung sprach er das Bedauern darüber ans,
daß im allgemeinen bei uns zu viel Wert auf Studienreisen
nach Italien gelegt werde, während unser eigenes Vaterland zu
kurz komme; der daran geknüpfte Wunsch, daß es in dieser
Hinsicht besser werden möge, entsprach sicher allen Zuhörern.
In lebendiger Sprache schilderte Redner alsdann die Eisen-
bahnfahrt von Berlin nach dem Gsten und inachte den ersten
fjalt in Graudenz; die malerische Lage dieser Stadt an
der Weichsel und ihre alten Bauwerke wurden durch einige
Projektionsbilder veranschaulicht, ebenso wie die auf dem Wege
nach Danzig gelegene Marien bürg. Ein sehr ansprechendes
Bild bot des Redners eingehende Schilderung von Danzig,
die er mit einigen geschichtlichen Angaben einleitete. Danach
geht die Gründung der Stadt der Sage nach auf die Zeit um
900 zurück; wahrscheinlicher ist, daß die Gründung der Stadt
auf die im Jahre ;;o7 erfolgte Errichtung des Herzogtums
Pommerellen zurückzuführen ist; die älteste Urkunde stammt aus
dem Jahre ((87 und bezieht sich auf die von großer kultureller
Bedeutung gewordene Berufung deutscher Listerzienser Mönche.
Nach mehrmaligein Wechsel der Staatszugehörigkeit kam Danzig
(8<(3 unter die Herrschaft des deutschen Grdens und trat (350
der Hansa bei; der durch den Grden späterhin ansgeübte Druck
brachte aber Danzig dahin, im Bunde mit anderen preußischen
Städten das immer härter lastende Joch abzuschütteln und den
König Lasiinir von Polen als Schntzherrn anzuerkennen ((454).
von der Reformation und ihren Folgen hatte die Stadt schwer
zu leiden, bis der Friede von Gliva ((660) dem schwedisch-
polnischen Krieg ein Ziel setzte; auch im (8. Jahrhundert hatte

2'H- (Pariser Ausstellung.) Standlampe, nach Entwurf von
I. E h e r e t, ausgeführt von E. S 0 leau , Paris. Schmiedeeisen
und Bronzeguß). (*/10 der wirft. Gr.)

Danzig viel an Kriegsnot zu leiden, bis es (773 Friedrich dem
Großen huldigte und dadurch dem Königreich Preußen ein-
verleibt wurde. Die alten Wälle wurden ^895 abgetragen. —
Die zahlreichen Projektionsbilder und die mündlich gegebenen
Erklärungen wußte Ringer so trefflich miteinander zu ver-
schmelzen, daß die Anwesenden gespannt seiner Führung folgten:

Kunst und Handwerk. 5J. Iabrg. Heft 5.

\57
 
Annotationen