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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Bredt, Ernst Wilhelm: Eine neue Ausstellungsweise (Atelierausstellungshaus) in München: ein Vorschlag zum Projekt des Bayer. Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0221

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Eine neue Ausstellungsweise cAtelierausstellnugshaus) in lNünchen.

326. Bordüre von M. A. Nicolai, Dresden. (Grund hellgelb. Eoller-
Blüten weiß mit blauen Adern und rotem Stempel, sonstiges Vrnamcnt hell-
blau und dunkelblau.)

^d) habe mich immer wieder davon
überzeugt, daß es gerade in unserer
Zeit viele junge wie alte, heimische wie
fremde Rüustler gibt, die längst nicht
genug bekannt sind, die nur erst an
erkannt werden können, wenn man
ihnen größere Freiheit gibt, als auf
unseren alten Runstausstellungen? Man-
cher alte Rüustler ist viel jünger in
seiner Runst, als seine „Ausstellungs-
werke" vermuten ließen. Noch viel
mehr und ganz andere ernste Talente aber unserer
jüngeren und jüngsten Rünstlergeneration
haben das Recht auf Entwicklung, auf volles Interesse,
als so manche von einer einseitigen, bequemen Rritik
unterstützte einsilbige, beständig Farben wechselnde
Größe.

Das einzelne Werk des Einzelnen gibt nur zu
oft eine falsche Vorstellung von seinem Wollen und
Rönnen. In den Atelierausstelluugen aber wird der
Rünstler, weil er uns immer einen Blick in das
ganze Schaffen, das Werdende und Gewordene,
gestatten soll, viel klarer erkannt werden.

Indem aber so das Interesse für die Ein-
zelnen nachhaltigst geweckt wird, wird sich auch die
Rauflust des Publikums steigern. Um dieser ent-
gegen zu kommen, soll man die Erfahrungen der
Nachlaßausstellungen im Runstverein berücksichtigen.
Dort waren die von den Erben festgesetzten Preise
meist so niedrig, daß der Rünstler bei Lebzeiten durch
ein ähnliches Angebot beleidigt worden wäre, Pier
könnte man die ausstelleuden Rünstler zu niedrigen
aber festen Preisen auf diese Weise am besten ver-

anlassen, indem mau den von ihnen angegebenen
Preis jedenfalls für maßgebend bei Berechnung der
Verkaufsprovision sesthält. J)

Alle diese leitenden Gesichtspunkte für eine per-
manente Atelierausstellung beruhen aus der Rritik der
bisherigen Ausstellungszustände. Nun war ja aller-
dings bisher schon den Rünstlern Gelegenheit gegeben,
in Glaspalast, Secession und im Runstverein Sonder-
ausstelluugeu zu veranstalten. Aber dort waren fast
nur Säle mit Oberlicht vorhanden. Auch das soll
im Atelierhaus anders sein. Glaspalast- und Runst-
vereiusausstellungen verloren an Interesse durch eine
zu milde Jury. Die Secession verfuhr strenger, aber
durch die wegen ihrer fast dauernd gleichen Zusammen -
setzung einseitig gewordene Jury und unter dem Zwange
einer bestinnnten Ausstellungszeit und nur einer Be
lichtungsart litten auch dort Rüustler und Werke.

Der Leiter des Ausstellungshauses sollte kein
Raufmann und er sollte nicht interessiert sein am
einzelnen Rünstler durch Verkaufsprovisiouen — er
hat eben nur ausschließlich darüber zu wachen, daß
nur Rüustler ausstellen, die durch eine Reihe von
Arbeiten etwas Eigenes und Bemerkenswertes zu
sagen wissen. Die einzelnen Werke aber, die der
Rünstler wählt, unterstehen keiner Jury.

Diese Punkte halte ich für besonders beachtens-
wert.

Das Atelierhaus soll einige Räume mit
Ober- und Seitenlicht, andere nur mit Ober- viele
nur mit Seitenfenstern enthalten. Die meisten Räume
werden ganz nüchtern gehalten, einige architektonisch
reicher. Diese sind für Rünstler geeignet, die nicht
gern auf eine gewisse Pracht verzichten, jene denke
ich mir vor allen Dingen technisch so vorgesehen,
daß jeder Rünstler mit Leichtigkeit und ohne Rosten
sie so gestalten, wohnlich einrichten und in der Farbe
stimmen kann, wie er es gerade wünscht. So soll das
paus den verschiedensten Rünstlern wirklich gerecht
zu werden, den künstlerischen Bedürfnissen
unserer Zeit zu entsprechen suchen.

327. Theeserviette (Leinengewebe); Entwurf von
M. A. Nicolai, Dresden.

i) Dgl. mein Feuilleton in der Allgem. Zeitung ;8Y7,
24. April.

>JS
 
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