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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Gruner, O.: Der Einzelne und seine Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0226

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Der Einzelne und seine Kunst.

3^2. Schmuck, Entwurf von AI. A. Nicolai, Dresden.

feit, wie Aleidung, Nahrung, Verkehrswesen, Werk-
zeuge, Beleuchtung und Feuerung zu einer un-
geahnten Entwicklung gebracht zu haben. Aber die
Aunst despauses bleibt, nach des Verfassers An-
sicht, der Weg, der wieder zu einer reinen Empfäng-
lichkeit zurückführt. Die Grundlage einer solchen
Aunst ist aber Arbeit in doppeltein Sinne: Der
Aünstler schafft durch seine persönliche Arbeit, nach
freier Erfindung, und der Genießende, der Laie,
nimmt um so mehr an dem Erzeugnis Anteil, als
er die Leistung beurteilen kann.

Der zweite Hauptabschnitt des Buches ist mit
„Aunstpolitik" überschrieben. Nach einer kurzen Be-
trachtung des „Umfangs und Wesens einer Aunst-
politik", durch welche Mielke dazu gelangt, den Ein-
zelnen als die Grundlage der Aunst und einer
volklichen Aunstempfindung zu bezeichnen, geht er
in dem Aapitel: „Der Einzelne und feine Aunst"
auf den eigentlichen Aern seiner Betrachtungen, auf
den Gedanken, der ihm den Anstoß dazu und dem
Buche den Titel gegeben hat, näher ein, und wir be-
kennen es gern, daß hier feine Darlegungen, fein
eigentliches Glaubensbekenntnis, uns überaus sym-
pathisch berühren. Wenn er hier schreibt: „Der
Aunstgenuß ist, wie das religiöse Empfinden, nur
ein Ausdruck des Innenlebens, das von außen wohl
Anregungen erhält, sich aber in dem Maß und der
Stärke seiner seelischen Äußerungen nach der indi-
viduellen Veranlagung des Einzelnen formt," so
spricht er in glücklicher Weise das aus, was dem
denkenden Beobachter unserer modernen Aunsterschei-
nungen als Schlüssel zu manchem Rätsel zu dienen
vermag.

Nur der Aünstler selbst oder ein in Bezug auf
das Gemütslebsn, den Intellekt und die Lebens-
erfahrungen ihm vollkommen gleichgestimmtes und
mindestens gleichwertiges Individuum vermag den
Gehalt eines Aunstwerks vollkommen richtig zu wür-

digen und auszuschöpfen; das „persönliche" in der
Aunst findet dadurch am schlagendsten seine Erklä-
rung und Rechtfertigung. Zugleich erhellt aber auch
daraus, daß das Verständnis für die Aunst mit dem
eigenen Aönnen des Beschauers wächst und als ge-
eignetsten Weg, auf dem weite Areise unseres Volkes
dazu gelangen können, bezeichnet Mielke die Pflege
der „pauskunst"; von andern wohl auch Dilettantis-
mus genannt.

Es folgt nun ein Aapitel: „Der Staat und dis
Aunst", wo die Ausgaben des Staats, der Aunst
gegenüber, als zweifache bezeichnet werden: Die Er-
ziehung seiner Angehörigen zum Aunstgenuß, und

343. Aufsteckkamm; Entwurf von AI. A. Nicolai, Dresden.

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