Gewerbliche Erziehung.
Hz?. Bordüre, Entwurf von
Minna Anrz, Bern. — Schule
Dasio, München.
tigen Gewerbe und In-
dustriestaat herangewachsen
ist, heute ist es hohe Zeit
geworden, daß wir wenig
stens in unfern niederen
Schulen, also vor allem den
Volks- und Gewerbeschulen
Rücksicht nehmen auf den Satz: Die erste Grund
forderung aller gewerblichen Erziehung
ist die Fürsorge um die Ausbildung von
Auge und Hand. Ich meine hier durchaus nicht
das Zeichnen allein. Das werkthätige Schaffen ist
es, dem wir in allen diesen Schulen unser Augen-
merk zuwenden sollen, um den gewerblichen Nach
wuchs einzuführen in eine verständige Behandlung
des Materials, unr ihn hineinzuleiten zu einer ge-
schickten Führung des Werkzeuges, um ihn zu erziehen
zu einem denkenden Beobachten und einem ziel-
bewußten Experimentieren. Daneben braucht das,
was wir in diesen Schulen als allgenreine Bildung
zu bezeichnen belieben, durchaus nicht vernachlässigt
zu werden. Wird auch, wie irr England, die Quan-
tität des Wissens etwas geringer, so wird doch auf
diesem Wege die Qualität des Aönnens um so größer
uud „Eines recht wissen und ausüben gibt höhere
Bildung als Halbheit im hundertfältigen".
Die einseitige Betonung der rein technischen,
wenn auch nröglichst vielseitigen Ausbildung genügt
aber für unsere eigentliche gewerbliche Erziehung in
keiner Weise mehr. Mehr als je ist heute denr Ge
werbe auch eins kaufmännische und wirtschaftliche
Einsicht nötig, mehr als je drängen heute zahlreiche
Gewerbegruppen zum genossenschaftlichen Betriebe.
Jeder Staatsmann wird, wo er kann, das Zustande-
kommen solcher verbände als Rohstoff-, Magazin-,
Werk oder Produktionsgenossenschaften anregen,
fördern und materiell unterstützen. Leider sind zahl
reiche Versuche bis heute gescheitert. Der gänzliche
Mangel an kaufmännischer und wirtschaftlicher Bil-
dung, das Fehlen eines einsichtigen Gemeinsinnes,
das breitspurige Auftreten eines kleinlichen Egoismus
Habei: Hunderte von derartigen Unternehmungen, die
mit guten und berechtigten Hoffnungen begannen,
trotz materieller Unterstützung Schiffbruch leiden lassen.
Ulan will nicht recht begreifen, daß ein aussichts-
reicher Uampf mit dem Großbetrieb nur dann mög-
lich gemacht wird, wenn dessen Mrganisation und
Leitung auch in: genossenschaftlichen verbände zun:
Muster genommen wird. Und wenn inan es begreift,
so fehlt der Genreingeist, die Unterordnung, die ver-
nünftige Selbstbescheidung. So, wie die Sachen heute
noch vielfach liegen, ist die staatliche pekuniäre Unter-
stützung so nmncher Genossenschaften direkt eine er-
folglose Sache.
Das Wichtigste ist hier zunächst eine vollständige
Erziehung. Wir müssen sorgen, daß der Nachwuchs
kaufmännisch denken lerne, daß seine wirtschaftliche
Einsicht sich vergrößere und daß ein gewisser berufs-
genossenschaftlicher Geincingeist Platz greife. So
kommen wir zun: zweiten Grundsatz: Die Grgani
sation der Erziehung zur gewerblichen Tüchtigkeit
n:uß frühzeitig nicht bloß die rein technische,
sondern auch die kaufmännische und wirt
schaftliche Bildung ins Auge fassen und alle
jene Bestrebungen unterstützen, die einen werkthätige::
Gemeinsinn zu beleben in: stände sind.
Es entsteht nun die Frage, auf welchem Wege
diese vielseitige Erziehung angestrebt werden soll.
^38. Vorsatzpapier, Entwurf von Minna Kurz, Bern. —
Schule D a s i o , München.
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Hz?. Bordüre, Entwurf von
Minna Anrz, Bern. — Schule
Dasio, München.
tigen Gewerbe und In-
dustriestaat herangewachsen
ist, heute ist es hohe Zeit
geworden, daß wir wenig
stens in unfern niederen
Schulen, also vor allem den
Volks- und Gewerbeschulen
Rücksicht nehmen auf den Satz: Die erste Grund
forderung aller gewerblichen Erziehung
ist die Fürsorge um die Ausbildung von
Auge und Hand. Ich meine hier durchaus nicht
das Zeichnen allein. Das werkthätige Schaffen ist
es, dem wir in allen diesen Schulen unser Augen-
merk zuwenden sollen, um den gewerblichen Nach
wuchs einzuführen in eine verständige Behandlung
des Materials, unr ihn hineinzuleiten zu einer ge-
schickten Führung des Werkzeuges, um ihn zu erziehen
zu einem denkenden Beobachten und einem ziel-
bewußten Experimentieren. Daneben braucht das,
was wir in diesen Schulen als allgenreine Bildung
zu bezeichnen belieben, durchaus nicht vernachlässigt
zu werden. Wird auch, wie irr England, die Quan-
tität des Wissens etwas geringer, so wird doch auf
diesem Wege die Qualität des Aönnens um so größer
uud „Eines recht wissen und ausüben gibt höhere
Bildung als Halbheit im hundertfältigen".
Die einseitige Betonung der rein technischen,
wenn auch nröglichst vielseitigen Ausbildung genügt
aber für unsere eigentliche gewerbliche Erziehung in
keiner Weise mehr. Mehr als je ist heute denr Ge
werbe auch eins kaufmännische und wirtschaftliche
Einsicht nötig, mehr als je drängen heute zahlreiche
Gewerbegruppen zum genossenschaftlichen Betriebe.
Jeder Staatsmann wird, wo er kann, das Zustande-
kommen solcher verbände als Rohstoff-, Magazin-,
Werk oder Produktionsgenossenschaften anregen,
fördern und materiell unterstützen. Leider sind zahl
reiche Versuche bis heute gescheitert. Der gänzliche
Mangel an kaufmännischer und wirtschaftlicher Bil-
dung, das Fehlen eines einsichtigen Gemeinsinnes,
das breitspurige Auftreten eines kleinlichen Egoismus
Habei: Hunderte von derartigen Unternehmungen, die
mit guten und berechtigten Hoffnungen begannen,
trotz materieller Unterstützung Schiffbruch leiden lassen.
Ulan will nicht recht begreifen, daß ein aussichts-
reicher Uampf mit dem Großbetrieb nur dann mög-
lich gemacht wird, wenn dessen Mrganisation und
Leitung auch in: genossenschaftlichen verbände zun:
Muster genommen wird. Und wenn inan es begreift,
so fehlt der Genreingeist, die Unterordnung, die ver-
nünftige Selbstbescheidung. So, wie die Sachen heute
noch vielfach liegen, ist die staatliche pekuniäre Unter-
stützung so nmncher Genossenschaften direkt eine er-
folglose Sache.
Das Wichtigste ist hier zunächst eine vollständige
Erziehung. Wir müssen sorgen, daß der Nachwuchs
kaufmännisch denken lerne, daß seine wirtschaftliche
Einsicht sich vergrößere und daß ein gewisser berufs-
genossenschaftlicher Geincingeist Platz greife. So
kommen wir zun: zweiten Grundsatz: Die Grgani
sation der Erziehung zur gewerblichen Tüchtigkeit
n:uß frühzeitig nicht bloß die rein technische,
sondern auch die kaufmännische und wirt
schaftliche Bildung ins Auge fassen und alle
jene Bestrebungen unterstützen, die einen werkthätige::
Gemeinsinn zu beleben in: stände sind.
Es entsteht nun die Frage, auf welchem Wege
diese vielseitige Erziehung angestrebt werden soll.
^38. Vorsatzpapier, Entwurf von Minna Kurz, Bern. —
Schule D a s i o , München.
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