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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Bredt, Ernst Wilhelm: Richard Riemerschmids Schauspielhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0313

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Richard Riemerschmids Schauspielhaus.

-:72. Münchener Schauspielhaus — Richard Riemer sch m i d. -- Prosceuiuui. Vorhang von Frau v. Brauch lisch.

einfachen Ganzen herauswachsenden Schmuckes so ge-
nußvoll als nur möglich. Was ist das für ein wohl-
thuender Unterschied gegen die trostlos nüchternen
Zugangs- und Nebenräume in den meisten pof-
theatern rc., die um so ernüchternder wirken müssen,
je reicher Zuschauerrauni und Bühne ausgestattet sind.
Pier kann man sich klar werden, wie himmelweit jene
reizvolle Nüchternheit von dem bisher gewohnten
einfachsten Ulaurerwerk verschieden ist.

Wie decent setzen hier die Spiegel. und die
Plafonds an ihre Umgebung an! Wer alles beob-
achtet, was hier an scharfer künstlerischer Über-
legung geleistet, wird sich erst so recht bewußt all
des prahlerischen, hohlen Pompes, den: inan in einem
Pause, das mehr oder minder die Welt nur „be-
deutet", in dem der Flitterkram immer ein gewisses
peimatrecht befaß, in den schärfsten Uontrasten be-
gegnete.

Der Zuschauerraum unterscheidet sich nun zwar
in einem Punkte durchaus nicht von den bisher ge-
sehenen Theatern. Die rote Farbe ist dominierend,
Riemerschmid wich nicht von der Regel ab, weil alle
Theaterexperten rot als unerläßlich erklärten für den

Zuschauerraum. „Rot ist nicht nur die festlichste
Farbe, sondern sie läßt auch wie keine andere den
Saal nie, etwa auch bei schwachem Besuche, leer er
scheinen." — Riemerschmid hielt sich also an diesen
Trfahrnngssatz — aber trotzdem hat er durch ein
zartes, mattes Grün der Wände, den einfachen, durch
kokett verteilte Farbenflecken belebten Vorhang eine
Stimmung dem Raume gegeben, der sich doch von
den üblichen Theaterräumen ganz merkwürdig unter-
scheidet - und bei uns sich so einschmeichelt wie
etwa ein Mensch, der weniger uns durch Äußeres
bestrickt, als uns all das absieht, was uns in behag-
liche Lebenserwartungen versetzt.

Der Plafond trägt auf ganz neue Weise den
akustischen Anforderungen, denen der schlichte Raum
gerecht wird, Rechnung. Die von den Architekten
Peilmann und Littmann etwa wie eine hängende Brücke
konstruierte Decke erlaubte und führte Riemerschmid
dazu, Beleuchtungskörper und Ventilationsöffnungen
in sehr tiefen Feldern fast zu verbergen. So kam
der Künstler auch hier zu etwas unbedingt Neuem
durch neu geschaffene technische Voraussetzungen. Daß
er aber gleichzeitig so etwas Reizvolles geschaffen,

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