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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Groeschel, Julius: Joseph Schmitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0365

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Joseph Schmitz.

577. Brautthor an der neuen Peterskirche in Nürnberg,
von Joseph Schmitz, Nürnberg.

Pfeilerreihen eingewölbt ist. Diese Emporen stehen
durch die erwähnten Umgänge in Verbindung. Uber
der östlichen Empore erhebt sich das gewaltige
Orgelwerk.

Die durch die pfeilerreihen im östlichen Lang-
hausteil geschaffene Dreigliederung gibt das Motiv
für die äußere Gliederung des Ostgiebels.

Die Zugänge zu den Emporen sind an drei
Leiten der Kirche angeordnet, an der Nordseite in
Verbindung mit dem Turme, ait der Ostseite in
einem turmartig gestalteten Treppenhause; auf der
Südseite aber führt, angelehnt ait die Brautpforte,
eine Treppe an der Außenseite empor, was dem
Künstler ein äußerst glückliches Motiv zur Belebung
dieser Fassade lieferte, das er groß und einfach durch-
gebildet hat (Abb. 577).

Zu beiden Seiten des Thors liegen Sakristei-
räume, von denen besonders jener an der Südseite
wohnlich ausgestattet worden ist.

Zeigt so die Grundrißanord-
nung das von reichen Erfah-
rungen geleitete Streben desKünst-
lers, feine Aufgabe in selbst-
ständiger Meise zu lösen, so ist
es in der Durchbildung gerade
das beabsichtigte Anlehnen an die
herrlichen Kirchen Nürnbergs,
insbesondere an die denr Künstler
besonders nahestehende St. Sebal-
dus-Kirche, was uns so sym-
pathisch entgegentritt und uns
den Neubau nicht als Fremdling
erscheinen läßt, sondern als eine
durch vielfache verwandtschaftliche
Beziehungen heimisch berührende
Schöpfung; der Meister hat das
künstlerische Gepräge Nürnberger
Formen in seiner vollen Eigenart
erfaßt, es wiedergegeben in künst-
lerisch vollendeter Meise und doch
das Ganze mit seiner Persön-
lichkeit durchdrungen und zu einem
harmonischen Gesamtbild ge-
staltet. Der Turmhelm wie auch
der Gitterabschluß an der Ost-
pforte gemahnen an St. Lorenz;
das Portal an der Südseite er-
innert an die Brautpforte von
St. Sebald; die üblichen Dar-
stellungen von Adam und Eva
in der Thorumrahmung sind
Merke von Professor pruska in
München. Sie sind den gleichen
Figuren von St. Lorenz nachgebildet, vorzüglich dem
Stil angepaßt, — vermeiden aber in freier künst-
lerischer Auffassung zu große pärten. So verrät sich
deutlich die Absicht des Architekten, in die hinaus-
geschobene Vorstadt, die in ihren meist charakterlosen
päusern leider nur wenig die Eigenart der viel-
gerühmten alten Stadt zu wahren verstand, ein Bau-
werk zu setzen, das durch seine Beziehungen zu den
Glanzleistungen Alt-Nürnberger Bauthätigkeit ein
Bindeglied mit jener sein soll. Und diese Absicht
hat auch die Ausstattung des Inneren geleitet. Die
alten Nürnberger Geschlechter, die zu dem Neubau
beigetragen, leisteten gern der Aufforderung des
Künstlers Folge, ihre Mappen für die Glasfenster zu
stiften; die Mappen hervorragend als Stifter betei-
ligter Familien haben, wie in St. Sebald, in holz-
geschnitzten Tafeln an den Wänden entsprechende
Aufhängung gefunden; die Kopie der Mohlgemut-
schen „Auferstehung" ziert einen Pfeiler in reicher

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