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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Schaefer, Karl: Ausstellungswesen: Verhältnis des Ausstellers zum Ausstellungsunternehmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0029

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Ausstellungswesen.

Perfon, der die strengeren Pflichten, aber auch die
Wohltaten eines ordentlichen Geschäftsmannes dem
Publikum gegenüber obliegen bzw. zugute kommen.
Ist das Ausstellungsunternehmen nicht im Handels-
register eingetragen, so kommen zwischen dem Unter-
nehmer und dem Aussteller die allgemeinen Vor-
schriften des Handelsgesetzbuches nur dann zur An-
wendung, wenn der „Aussteller" entweder Kaufmann
oder ein Gewerbetreibender ist, dessen Betrieb nach
Art und Umfang kaufmännische Einrichtung erfordert
und dessen Firma ins Handelsregister eingetragen ist,
oder wenn das vorliegende Ausstellungsgeschäst zum
Betriebe seines Gewerbes zu rechnen ist (vgl. § 5^5
HGB.). In Fällen, wo ein nicht eingetragenes
Ausstellungsunternehmen vorliegt und der Aussteller
selbst weder Kaufmann noch eingetragener Gewerbe-
treibender mit kaufmännischem Geschäftsbetrieb ist,
finden auf den „Ausstellungsvertrag", dessen
Anslegung und Erfüllung die allgemeinen Be-
stimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über
Verträge und Willenserklärungen Anwendung. In
jenen Streitfällen aber, wo der Ausstellungsvertrag
keinen Aufschluß gibt für die richterliche Entscheidung
und auch die Bestimmungen, sei es des Handelsgesetz-
buchs, sei es des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Richter
im Bliche lassen, wird dieser strittige Fragen mangels
besonderer gesetzlicher Regelung des Ausstellungs-
verhältnisses nach seinem Ermessen entscheiden müssen.

Ein wichtiges Kapitel und den Anlaß zu öfteren
Streitigkeiten bilden die Fälle der Beschädigung von
Ausstellungsgegenständen während der Ansstellung
durch dritte Personen oder durch Unvorsichtigkeiten des
Ausstellungspersonales. Die Haftpflicht gegen Be-
schädigungen auf dem Transport oder Rücktransport
wird in der Regel durch Versicherung auf eine Ver-
sicherungsgesellschaft abgewälzt, soweit dies überhaupt
möglich ist. Für Beschädigung von Ausstellungs-
gegenständen im Ausstellungsraum hat der Unter-
nehmer der Ausstellung zu hasten, soweit auf seiner
Beite ein Verschulden (fahrlässiges oder vorsätz-
liches) vorliegt bzw. vom Beschädigtes! nachgewiesen
werden kann. Es schlägt in solchen Fällen § 823
des BGB. ein, der denjenigen für ersatzpflichtig er-
klärt, der das Eigentum eines anderen oder ein
sonstiges Recht, z. B. das Recht auf Rückgabe, schuld-
hafter Weise verletzt. Was das Ausstellungspersonal
und die von demselben verursachten Beschädigungen
des Ausstellungsgegenstandes betrifft, so ist hier die
im § 83 s des BGB. gegebene Bestimmung von
Bedeutung: Für den Bchaden, den das zu einer Ver-
richtung bestellte Personal (Ausstellungsbedienstete)
in Ausführung der Verrichtung einem Dritten (Aus-
steller) schuldhafter Weise zufügt, ist der Geschäfts-

herr (Ausstellungsunternehmer) nur ersatzpflichtig,
wenn er nicht Nachweisen kann, daß er bei Auswahl
der bestellten Person (Bediensteten) oder bei Leitung
der Verrichtungen derselben die im gewöhnlichen
Verkehr erforderliche Borgfalt beobachtet hat oder
daß die Beschädigung auch ohne diese Borgfalt ein-
getreten wäre. Dieselbe beschränkte Entschädigungs-
pflicht trifft die vertragsmäßigen Btellvertreter des
Ausstellungsunternehmers. Bind also Ausstellungs-
unternehmer oder deren Btellvertreter imstande, die
im gewöhnlichen Verkehr erforderliche Borgfalt bei
Auswahl des Dienstpersonals vor Gericht nachzu-
weisen, so erlischt ihre Haftpflicht' und es kann sich
der Aussteller für Beschädigungen oder Entwendungen
von Ausstellungsgegenständen nur an das Aus-
stellungspersonal oder an die (oft schwierig zu er-
mittelnde) dritte Person als Beschädiger oder Dieb
halten, es sei denn im Ausstellungsvertrag etwas
anderes vereinbart. Es empfiehlt sich aus diesem
Grunde, solange wir noch kein besonderes Reichs-
gesetz über das Ausstellungswesen haben, die Ver-
sicherung ausgestellter Gegenstände auch während
der Ausstellung durch den Aussteller.

Unseres Erachtens sind die allgemeinen Haft
pflichtbestimnnmgen des Bürgerlichen Gesetzbuchs für
Ausstellungsunternehmen etwas zu lax. Auch
§ 3^7 des HGB., der auf ins Handelsregister ein-
getragene Ausstellungsunternehmen oder auf ver-
einigte ausstellende handelsgewerbetreibende zur An-
weuduug käme:

„Wer aus einem Geschäft (Ausstellungsver-
trag), das auf feiner Beite ein Handelsgeschäft ist,
einem anderen zur Borgfalt verpflichtet ist, hat für
die Borgfalt eines ordentlichen Kaufmanns
einzustehen,"

will uns nicht ausreichend erscheinen. In Anbetracht,
daß das hergeben eines wertvollen alten Bildes oder
eines kostspielig herzustellenden technischen Apparates
in eine Ausstellung doch mehr Vorsicht, als die Borg-
falt, die im gewöhnlichen Verkehr erforderlich ist,
angezeigt erscheinen läßt, sollte demjenigen, der als
Ausstellungsunternehmer solche Kostbarkeiten öffent-
lich zugänglich macht, auch ein verstärktes Maß von
gesetzlicher Haftung zufallen. Alan würde alsdann
nicht nötig haben, sich im Ausstellungsvertrag darüber
besonders zu einigen, oder was häufiger ist, nach-
träglich vor Gericht zu streiten. Vgl. noch § 827 in
Verbindung mit § 829 des BGB. betr. Bchaden-
ersatzpflicht für Beschädigungen, die im Anstande
herbeigeführter Bewußtlosigkeit (durch geistige
Getränke oder ähnliche Kuttel) oder infolge krank-
hafter Btöruug der Geistestätigkeit herbeigeführt sind
und Aufsichtspflicht dritter Personen.
 
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