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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Thiersch, Friedrich von: Architektur und Kunstgewerbe auf der Weltausstellung in St. Louis, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0077

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Architektur und Kunstgewerbe auf der Weltausstellung in $1. Louis.

m. (Weltausstellung St. Louis.) Allegorie — ostasiatische
Kunst; von Henry Lin du er, Brooklyn.

treten. Wer überall Vollständigkeit erwartet, wird
bei Weltausstelluitgen manche Enttäuschung erfahren.

Auch in Deutschland muß es nicht ganz leicht
gewesen sein, eine entsprechende Beteiligung herbei-
zuführen: Der deutsche Export nach Amerika erstreckt
sich vorwiegend auf Industrielles. Da unsere kunst-
gewerblichen Werkstätten wenig Znteresse haben, so
mußte der Staat bei Neubildungen förmlich als Be-
steller auftreten und die Gesamtunkosten decken.

Bezeichnend für die Verhältnisse ist der Aus-
spruch eines amerikanischen Ausstellungsbeamten, bei
dem sich ein deutscher Kunstindustrieller darüber be-
klagte, daß das Geschäft durch die hohen Abgaben
auf Eiitfuhr und Verkauf unterbunden werde.
Er erwiderte nämlich: „Wir haben euch ja auch
nicht eingeladen, daß ihr Geschäfte, sondern daß
ihr uns eine schöne Ausstellung nmchen sollt."

Ganz unfruchtbar ist übrigens die Ausstellung
auf geschäftlichem Gebiet durchaus nicht, und es
werden auch zufriedene Stimmen laut. Die An-
näherung der Nationen geht z. T. auf den Aus-
stellungsbrücken vor sich, und die günstigen folgen
für die Zukunft spielen dabei eine wichtige Rolle.

Daß man im zivilisierteren Msten Amerikas
dem kräftig aufstrebenden Westen nicht besonders
wohlgesinitt ist, mag begreiflich erscheinen. Daher die
Abneigung, welcher der Reisende in Amerika selbst
gegenüber den: Unternehmen von St. Louis begegnet.
Auch auf unserem Kontinent war die Anschauung
getrübt, hatten doch viele der Nachrichten aus
St. Louis das Netz des Gstens zu durchlaufen. Zn
den ersten Zeiten der trostlosen Unvollständigkeit :nag
überdies manchem Beteiligten an Mrt und Stelle der
Blut gesunken sein. Die Wahrheit hat sich erst in
diesen Tagen Bahn gebrochen: Die Ausstellung ist,
wie gesagt, ein großer Erfolg Amerikas, und
Deutschland nimmt unter den Beteiligten
deit e rsten s) l a tz ein.

Wenn ich es hter versuche, die persönlichen
Eindrücke wiederzugeben, welche ich aus der Aus-
stellung und in einzelnen Zentren Amerikas emp-
fangen habe, so bin ich der Nachsicht des Lesers
in hohem Ulaße bedürftig. Ulein Bericht wird mit
einer gewissen Einseitigkeit behaftet sein, da er das
weite Gebiet der angewandten Kunst 'nur in einem
Zweig: der Architektur als Außen- und Znnenkunst
berühren kann. Auch fühle ich inich der Aufgabe
nicht gewachsen, über irgend ein kunstgewerbliches
Gebiet Bericht zu erstatten, welches seiner Natur
nach nicht eng mit der Baukunst verbunden ist, da
mir hierzu die vergleichenden Spezialstudien fehlen.

Bei der Berichterstattung wird es leider nicht
ohne ein gewisses Ulaß der Kritik abgehen, was
mir selbst sehr unlieb ist. Der arbeitende Künstler
sollte sich überhaupt nicht anmaßen, öffentlich über
die Werke seiner Ulitmenschen zu reden. Tut er es
aber doch, so ist er verpflichtet, im voraus zu ver-
sichern, daß der Schilderung persönlicher Eindrücke
überhaupt keine dauernde Bedeutung zugemessen
werden kann. Wir sehen nicht über die Ulauer,
welche uns von der zukünftigen Entwicklung trennt,
wie wir auch einen harten Stand haben, das un-
 
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