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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Thiersch, Friedrich von: Architektur und Kunstgewerbe auf der Weltausstellung in St. Louis, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0080

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Architektur und Kunstgewerbe auf der Weltausstellung in St. Louis.

H4. Weltausstellung St. Louis. Transportgebäude, von Masqueray, St. Louis.

wurden, den sog. neuen Stil in Innenräumen zu
verwenden; sie fanden jedoch in weiteren Kreisen
kein Verständnis. Dabei darf es nicht wunder-
nehmen, daß eben jene Unternehmer, welche vor-
wiegend Exporteure sind, mit Freuden wieder den
alten weg einschlugen, der finanziell der sichere ist.
Solche Firmen haben ja auch keine Veranlassung,
sich für irgend welche ideale Bestrebungen aus dem
Gebiet der Raumkunst in die Schanze zu schlagen.
Weder das Staatswesen, noch irgend ein Verband
gleichgesinnter Künstler rafft sich aus, zur Herbei-
führung eines frischen künstlerischen Fortschritts be-
hilflich zu fein. Und doch müßte es möglich sein,
kunstsinnige und wohlhabende Männer zu gewinnen,
welche auch einmal auf diesem Gebiet fördernde
Opfer bringen.

So viel steht fest, daß man in Amerika von der
Sehnsucht nach einer niehr individuellen Kunst und
Formensprache noch recht weit entfernt ist. Unter
den hier dargelegten Umständen ist die künstlerische
Beschaffenheit der großen Weltausstellungsbauten
von St. Louis verständlich. Hat man einmal die
schmerzliche Empfindung über die temporäre Ver-
wendung so edler antiker Kostüme überwunden, so
wird man zugestehen müssen, daß die Disposition
der Massen und ihre Behandlung im ganzen vor-

tJli tzttU-

züglich ist. Ohne Frage ist auch das Terrain sehr
geschickt verwendet und umgestaltet worden.

St. Louis hat der Ausstellung einen wertvollen
Teil seines Forest-Park geopfert. Wie groß der
Verlust an landschaftlicher Schönheit gewesen sein
muß, läßt sich aus den unberührten Teilen ermessen.
In fast übermäßiger und für den Fußgänger lästiger
Ausdehnung breitet sich der Weltmarkt aus. wo
die Bodenbewegung und der Baumbestand unberührt
geblieben sind, fand sich Unterkunft für die malerisch
verteilten Einzelgebäude kleineren Umfangs. Bei
fast allen diesen Bauwerken ist der künstlerische An-
stand gewahrt; gute neue Versuche wechseln mit
Nachbildungen historischer Bauten aus den Zeiten
der Ansiedelung ab. Beinahe nirgends zeigen sich
Geschmacklosigkeiten und Absurditäten, wie sie in
der Pariser Ausstellung fß00 an gewissen Stellen
zutage gekommen waren.

Wenden wir uns zu dem Kern der Ausstellung
zurück. (Vgl. den plan auf S. 59.)

Den point de vue bildet der Kuppeldom der
Festival Hall mit Staatsterrasse (Abb. s s0). Er tritt
mächtig hervor über den weiten Kranz der ihn
flankierenden Säulenreihen. Zwei lebhaft silhouet-
tierte Restaurationspavillons bilden den Abschluß
dieser Höhenarchitektur, welche die ganze Ausstellung

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