Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

DOI Artikel:
Lasser, Moritz Otto von: "Einkehr Geißelgasteig" bei München: nach Skizzen und Entwürfen der Architekten Gebr. Rank
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0111

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Einkehr Geiselgasteig" bei München.

»vitoL...,

(60. Geiselgasteig, von Gebr. Rank. Winterrestauration.

gefäße usw., zuin Ausdrucke kam. Ebenso in der
Behausung.

Die gegebenen Baulichkeiten kamen den Wünschen
des Architekten sozusagen entgegen . . es waren ein-
geschossige parterrebauten; eine Stallung, dieser ge-
genüber der peustadel, im Hintergrund das Bau-
meisterhaus. Letzteren: gegenüber wurde die Aüche
derart eingeschaltet, daß der Betrieb zu beiden Re-
staurationslokalitäten und auch nach dem Wirtsgarten
möglich war. Es handelte sich ja, wie übrigens
schon erwähnt, um die Aufgabe, aus dem Alten
etwas Neues zu gewinnen, dieses dem Bedürfnis
anzupaffen und das Ganze in ein zwar prunkloses,
aber doch künstlerisches Gewand zu kleiden. Wir
glauben nun, es liegt gerade in der Beibehaltung
bzw. gelungenen Abänderung des Alten hier jenes
Anziehende vor, durch das die obige Bauanlage
den Beschauer gewinnt. Ganz besonders wirkt in
diesem Sinne der geschlossene Pos, an dessen Be-
grenzung sowohl die Gebäude als auch Torbogen
und ein parkartiger Gartenabschluß Anteil haben.
Das ganze Gehöft steht, wie wir gerne einschaltend
berichten, wohl auf historischem Boden. Zwar ergab
der Aushub der Fundamente hierfür keine Anhalts-
punkte. Aber es fand sich in der kleinen gegenüber-
liegenden Kapelle ein Epitaphium aus Reichenhaller
Marmor, welches besagt, daß diese Kapelle zum

„heiligen Pluat" im Jahre s62H von dem Gutspächtcr
Rankcpacher und seiner Ehehälfte, der Rankebacherin,
„erpaut" worden sei.

Nur zu leicht wird man beim Beschreiben von
Objekten, die einem ausprechen, zu weitschweifig,
ebenso, wie der schaffende Architekt leicht in Ver-
suchung kommt, mehr zu geben, aufwändiger zu
arbeiten, als es just, soferne die durch Schlichtheit
und stolze Einfachheit sich auszeichnende bürgerliche
Baukunst in Betracht kommt, nötig ist. Pier war
freilich solcher Irrung vorgebaut durch die gegebenen
Verhältnisse. Es galt einfach nur Räume zu ge-
stalten, welche die der Stadt und ihrem Gewühle
entflohenen Bewohnern anheimeln, ihren Augen
Reizvolles bieten sollten und sie durch die Gemüt-
lichkeit ihrer äußeren Erscheinung wie ihrer inneren
Ausgestaltung im Interesse des Wirtes derart an-
ziehen würden, daß sie ihren Besuch wiederholen.

Das Originelle der Anlage ist aber mit dem
pinweis, daß sich in diesem Falle die Architektur
gerne und willig den Bedürfnissen anbequemte, nur
zum Teil, für den die hiesigen Verhältnisse nicht
Kennenden wohl kaum erklärt. Es gliedert sich
eben Geiselgasteig jener einfachen, bescheidenen Mün-
chener Wirtshausarchitektur an, die wir schon Ein-
gangs, und als noch zu vervollkommnen, erwähnten.
Diese Architektur, charakteristisch für die weltbekannte
Kunst- und Bierstadt, ist eines liebevollen Studiums
wohl wert. Auf der Oktoberwiese treibt sie Jahr
für Jahr neue Blüten; im übrigen wird ihr der
Boden schon ziemlich streitig gemacht. Und doch
paßt sie so gut zu der Art der Bevölkerung, zu einem
Volkstum, von dem man nur wünschen kann, es
möge sich noch recht lange zum Nutzen Deutschlands
unverfälscht erhalten. Der Münchener einer früheren
Zeit glaubt allerdings nicht daran, daß es so
kommen werde; er spricht vielmehr von dem jähr-
lich wachsenden Fremdenstrom, der alles ebne, ab-
schleife.

Kehren wir zu unserem Bau zurück! In der
offenen Palle hat der Architekt es sorgsam vermieden,
die durch das Alter noch schöner gewordene braune
Farbe des polzwerkes zu verderben; recht wirkungs-
voll heben sich vielmehr jetzt einige Farbflecken weiß-
blau vom Grundton des alten noch vorhandenen
Dachgespärres ab. In zwei Feldern des Gespärres
wurden ferner zur Belebung der Palle friesartige, auf
Brettern gemalte Darstellungen, nämlich eine Post-
kutsche mitViergespann und der bayerischeSchuhplattler-
tanz, gefertigt von den Brüdern pans und August
Erlacher, zur Aufstellung gebracht (Abb. s56 u.I58).
Diese Art von Malerei auf Brettern kam früher
häufig zur Anwendung; sie hat auch ihr Gutes.

V-
 
Annotationen