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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Bredt, Ernst Wilhelm: Dem bayerischen Museumsverein zum Gruße!
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0161

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Dem Bayerischen Museumsverein zum Gruße!

26o. Grundriß der Ausstellungs- und Verkaufsräume des Mün-
chener Kunstgewerbehauses. \ Eingangshalle, Hauptraum;
2 Gberlichtsaal; 3 Hintere Halle; ^—7 Ausstellungszimmer;
8 Hausdiener; 9 Vorplatz; ;o Hinterstellungsraum; ;; Reqni-
sitenraum; \2 Garten; n3 Requisitenraum der anstoßenden
Kirche; darüber zwei Ausstellungszimmer; desgl. über Baal

die nicht nur dem Besitze, sondern auch dem Werte
nach sich königlich nennen dürfen, haben in letzter
Zeit oft nicht solche Werke erwerben können, die
sehr notwendig zu ihrer planmäßigen Ergänzung
gewesen wären. Wer die Alte Pinakothek, wer die
Bestände der Lieblingsschöpfung Ludwigs I., der
Glyptothek, kennt, sieht als bayerischer Untertan mit
Neid so manches edle Werk der Antike oder der
großen künstlerischen Epochen der christlichen Aunst
in außerbayerischen Sammlungen, das, wenn die
Wittel vorhanden gewesen wären, sicher unser hätte
werden können.

Dem starken künstlerischen Empfinden des
Prinzen Rupprecht, des Urenkels des großen
Begründers der Aunststadt Alünchen, ist die Initia-
tive, die Indiewegeleitung eines Vereins zu danken,
der sich die höchst notwendige Aufgabe gestellt hat,
„die Agl. Staatssammlungen zu unterstützen in der
Erwerbung von Ukeisterwerken der älteren Aunst
von der Antike bis zum Beginn des 19. Jahr-
hunderts".

Es handelt sich also um einen Verein von
Donatoren, dessen Begründung lebhaft von allen
Aunstsreunden begrüßt wird. Denn einzelne Dona-
toren vermögen in den seltensten Fällen solche Sum-
men zu stiften, wie sie zur Erwerbung von alten
Aunstwerken jetzt nötig sind. Seitdem Amerika, die
Neue Welt, das regste Interesse und das meiste Geld
für Aunstwerke der Alten Welt besitzt, ist der Zu-
sammenschluß zu einem Ring, einem Trust der
Aläcene ganz besonders für unser Bayerland eine
Notwendigkeit, die moderne Alenschen nicht leugnen
können.

Wenn der neue Verein nun zwar auch schon
solche Aunstfreunde als Mitglieder aufnimmt, die
einen jährlichen Beitrag von nur 20 AI. zahlen, so
ist zu hoffen und von ganzem Perzen zu wünschen,
daß sich um des Vereines königlich gesinnten Gründer
aus allen Teilen und Gauen des Aönigreichs „Dona-
toren versammeln, die einen jährlichen Beitrag von
inindestens 300 AI., einen einmaligen Beitrag von
10000 AI. oder ein Aunstwerk im gleichen Wert
dem Verein stiften."

Es ist also recht billig, „Donator" zu werden,
fast zu billig; die „Donatoren", die sich auf den
herrlichen, von ihnen gestifteten kirchlichen Gemälden
der Renaissance porträtieren ließen, kamen jedenfalls
nicht so billig zu diesem Ehrentitel.

Freilich sollen auch in dieseni Verein freigebigere
Mitglieder besonders geehrt werden, jede besondere
Schenkung, Bild oder Plastik, soll die Bezeichnung
tragen: „Schenkung des perrn N. N. an den Verein
bayerischer Aunstfreunde".

Weshalb der Verein nicht Werke der Gegenwart
und des Ist. Jahrhunderts erwerben will? Der
Ausschluß der Aunst der Gegenwart entspringt wohl
jenem gesunden Empfinden, daß die Werke der
Aünstler der Gegenwart, vor allen Dingen der heimi-
schen, nicht in Alu feen, sondern in die Stätten
des praktischen oder beschaulichen Lebens gehören.
Überdies kommt diese Ausschließung den Alängeln
der alten bayerischen Aunstsammlungen bewußt ent-
gegen, und die Erwerbung älterer Werke erfordert
nicht nur die allergrößten Summen, sondern sie kann
nur Sache sein einer kleineren Gruppe von Aen -
nern, die über die Parteien auch der Geschmacks-
mode sich zu stellen berufen ist.

Berufen zu bestem Erfolge ist der Bayerische
Aluseumsverein, der glücklicherweise, nach seinen
vorläufigen Statuten zu schließen, bureaukratische
Handlungsweise ebenso wenig billigen wird, wie das
einseitige Geschmacksempfinden, das in Aünstlercliquen
so bewußt großgezogen wird wie unbewußt in der
unbeweglichen Volksmasse.
 
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