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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Gmelin, L.: Urhebernennung bei Werken des Kunstgewerbes
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0253

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Urhebernennung bei Werken des Aunstgewerbes.

Es scheint fast, als ob in manchen Areisen die
Ansicht bestehe, daß der Erwerb des Urheberrechts
neben all seinen materiellen Wirkungen auch das
völlige Totschweigen des geistigen Urhebers nach sich
zöge; denn man wird bei Ausstellungen neben den
Namen der Aussteller oft die der geistigen Urheber
vergeblich suchen. — Ja es sind bei Publikationen
sogar Fälle direkter Namensfälschungen vorge-
koinmen; es fei hier nur an den von uns vor zwei
fahren (S. f03) behandelten Fall erinnert. Be-
dauerlich ist es auch z. B., daß die „Woche" sehr
häufig Abbildungen von Denkmälern und Bau
werken bringt, bei welchen weder der Bildhauer noch
der Architekt genannt ist, sondern nur der — Photo-
graph. Aber es geht doch zu weit, wenn z. B. ver-
langt wird, es müssen in einem Prospekt, den eine
Zeitschrift zur Empfehlung ihres Zllustrations-
materials verbreitet, bei jeden: — ohnehin meist ver-
kleinerten — Bild alle beteiligten Aünstler genannt
werden. — Schlimmer ist es jedenfalls, wenn eine
kunsthandwerkliche Vereinigung bei Ausstellungen mit
Nennung der einzelnen Aünstler zurückhält; gegen
solche fahrlässige Unterlassungen wehren sich freilich
die Aünstler am besten selbst.

440. Zierleiste von F. Roth, Mainz.

Zm pinblick auf das Gesagte wird kaum ein
Zweifel darüber bestehen können, daß eine Art
Namensschutz angezeigt wäre; bevor aber diesem
Ziel näher getreten werden kann, müssen wir unter-
suchen, wie weit Nennpflicht und Nenn recht
sich erstrecken ■— und zwar nach vier Gesichts-
punkten :

\. Welcherlei Gegenstände kommen dabei in
Betracht?

2. Unter welchen Umständen?

5. Wer hat das Nennrecht zu beanspruchen?

ch Auf welche Weise wird der Nennpflicht
genügt?

\. Zn bezug auf die Art der Gegenstände,
bei denen Nenn recht und Nenn Pflicht in
Betracht kommen, kann man im allgemeinen

wohl sagen: Ze bedeutender ein Objekt an sich ist,
— in je weniger Exemplaren es gefertigt wird, — je
mehr künstlerischen Wert es darstellt, — desto mehr
muß man auf Namensnennung bestehen; — die
Schwierigkeit beruht immer darin, die Grenze festzu-
legen, bis zu der ein Verschweigen des Namens zu-
lässig ist. Wir sind ja keinen Augenblick im Zweifel
darüber, ob bei einem künstlerisch durchgebildeten
Ehrengeschenk, das nur einmal gemacht wird, der
Aünstler genannt zu werden verdient, auch wenn er
an der Ausführung nicht beteiligt ist; — wir sind
auch umgekehrt nicht im Zweifel darüber, daß ein
zu Hunderten hergestellter Nianschettenknopf eines
solchen Vermerks nicht wert ist. Aber zwischen diesen
beiden Polen liegt eine so große Reihe von Urög-
lichkeiten, daß es schwer sein wird, von vornherein
eine juristisch zweifelsfreie Form zu finden, die uns
in jedem Streitfall sofort sagt, welchem jener beiden
Pole das Streitobjekt näher steht. Das eine scheint
aber sicher: bei allen nur einmal gefertigten Objekten
hat der Urheber das Recht, als solcher genannt zu
werden, sowohl beim Verkauf wie bei Publikationen
oder bei Ausstellungen. — Auch wenn Gegenstände
in mehreren Exemplaren gemacht werden, könnten
sie noch so lange mit der Nennpflicht belastet werden,
als jedes Stück eine künstlerische Einzelbehand-
lung erfahren hat, sei es durch Ziselieren, sei es
durch Bemalen oder durch irgendein anderes Ver-
fahren.

Ausgeschlossen wären demnach in: allgenreinen
die fabrikmäßig hergestellten, im landläufigen Sinn
als „Ware" behandelten Sachen.

* *

-st

2. Unter welchen Umständen tritt nun
die Nennpflicht ein, unter welchen er-
lischt sie?

Wir haben soeben die Fabrikware von der
Nennpflicht entbunden; es gibt aber doch Fälle, in
denen Ausnahmen gemacht werden sollten. Es
ist nicht unwichtig, inr einzelnen Fall zu prüfen,
ob das Objekt mehr Ware oder mehr Schaustück ist;
dasselbe Objekt, das wir auf einer Ausstellung oder
in einem Schaufenster als Schaustück sehen, begegnet
uns vielleicht im Verkaufsmagazin oder bei einer
Tafelausstattung in Dutzenden seinesgleichen. Pier
tritt der Gegenstand als Uraffenware auf, kann also
nicht als Zndividualleistung behandelt werden. So-
lange aber das Objekt als selbständiges
Schaustück gezeigt wird — und das ist auch
bei Bekanntnrachungen durch das Bild der Fall —,
sollte es mit der Nennpflicht belastet werden; denn

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