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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Gmelin, L.: Urhebernennung bei Werken des Kunstgewerbes
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0255

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Urhebernennung bei Werken des Aunstgewerbes.

“H2. Zierleiste von ff. Roth, Mainz.

ch Änd wir mit der Nennpflicht und mit der
Frage, wer als „Urheber" genannt werden soll, im
reinen, so müssen wir uns auch über die Form
klar werden, in der jener Pflicht der Namensnennung
genügt wird.

Im allgemeinen gibt es da zwei N)ege:
Erstens Anbringung des Namens am Gegen-
stand selbst, —- zweitens Begleitung des Gegen-
standes durch Anhängezettel.

wenn es Größe und Art des Objekts ge-
stattet, sollte der Name immer in unauffälliger Weise
auf dem Objekt selbst angebracht werden; das ist
unter allen Umständen das beste, da es jede Unter-
schlagung des Namens ausschließt. Aber das ge-
nügt natürlich bei Schaustellungen nicht, weil man
da den Gegenstand nicht nahe genug ansehen, ihn
nicht in die Hand nehmen oder umkehren kann.

Die Anbringung des Namens auf dem Gegen-
stand selbst ist ja nicht immer durchzuführen; aber
das kann nicht bestritten werden, daß wenigstens da,
wo der Verfertiger oder der kaufmännische Verleger
seinen Namen oder seine Firma anbringen kann,
auch für den des geistigen Urhebers Platz ist. Es
handelt sich dabei manchmal nur um Beschaffung
eines Kautschuk- oder eines Metallstempels.

Die Pflicht der Namensnennung wird anfangs
manchem unbequem fein; aber das Vorurteil da-
gegen läßt sich wohl durch den einfachen Hinweis
auf die Verhältnisse im Verlagsbuchhandel wirksam
bekämpfen. Fast kein Buch gelangt mehr in den
Handel ohne Autor- und Druckerangabe; der Ur-
heber des Buchschmuckes, sofern dieser nicht dem
allgemein käuflichen entnommen ist, gelangt immer-
zu seinem Nennrecht. Ja in den besser ausgestatteten
werken werden sogar die Papier- und Klischee-
lieferanten genannt, ohne Geheinrtuerei wegen der
Konkurrenz, warum sollte eine solche Gepflogenheit
nicht auch auf unserem Gebiet herbeizuführen sein?
Die Sache hat nur insofern einen kleinen haken, als
besonders beinr Großbetrieb nicht selten — aus tech-

nischen oder praktischen Gründen — Änderungen
gegenüber dem ursprünglichen Entwurf oder Modell
für notwendig gehalten werden, die das Mißfallen
des Urhebers erregen, infolgedessen mancher lieber
auf sein Nennrecht verzichtet. Der § 8 des im Ent-
wurf vorliegenden Kunstschutzgesetzes verbietet aller-
dings ausdrücklich bei der Vervielfältigung des Werkes,
an dem Werk selbst, an dessen Bezeichnung und an
der Bezeichnung des Urhebers Änderungen vorzu-
nehmen ; aber man hatte bei der Redigierung dieses
Paragraphen doch wohl nur Werke der sog. „hohen
Kunst" im Auge.

Es ist uns nicht bekannt, ob anderwärts gesetz-
liche Bestimmungen über die Nennpflicht bestehen.
Soweit es sich um dekorative Bildhauerarbeiten
handelt, ist es bei pariser — neuerdings auch bei
anderen großstädtischen — Firmen üblich, die fünft
lerischen Urheber zu nennen. — Recht bezeichnend
für die Anschauungen, die in dieser Frage in Frank
reich herrschen, ist ein Wettbewerbausschreiben aus
Besancon, bei den: es sich um Uhrschilder und andere
Uhrenbestandteile handelt und welches ausdrücklich be-
tont^): „Künstlerische Mitarbeiter sind stets zu nennen;
Firmen, welche dies unterlassen sollten, können mit
ihren Einsendungen nicht berücksichtigt werden."
Man räumt also dort schon den bei Großflrmen
beschäftigten und angestellten Künstlern das Nenn-
recht ein.-

qqz. Zierleiste von ff. Roth, Mainz.

Die bisherigen Ausführungen sollten die in
unseren Kreisen latenten wünsche und Hoffnungen
zum Ausdruck bringen, ihre Berechtigung erweisen
und die Wege anbahnen, auf denen wir zur Er-
füllung jener wünsche und Hoffnungen kommen
können.

Jetzt handelt es sich darum, zu festen Normen
in bezug auf die Nennung der Urheberschaft zu ge-
langen — ob diese nun auf moralische Ein-
wirkung oder gesetzlichen Zwang hinaus-
laufen.

Soll man es dein Zufall überlassen, ob das
Publikum den Namen des eigentlichen geistigen Ur-

i) vgl. ffeft 6, 5. (67.

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