Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

DOI Artikel:
Riezler, Walter: Wilhelm Spannagel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0296

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wilhelm Spannagel.

5H6. Land-wirtshaus; Entwurf von Wilh. Span naget, München.

eines Pferdes angebracht, wie es in dem Ganzen
sitzt, von geradezu monumentaler Wirkung. Jede
affektierte Naivetät, wie sie so manchmal bei Bauten
auf dem Lande da eintritt, wo mit Absichtlichkeit
der Zusammenhang mit der bäuerlichen Tradition
gewahrt werden soll, ist vermieden. <£s ist ein
moderner Bau, aber aus dem Boden heraus-
gewachsen, ohne Anleihen bei städtischer Bauweise.

Der wirtschaftliche Aufschwung in den Vororten
Münchens hatte eine Reihe von architektonischen Auf-
gaben zur Folge, an denen sich auch Spannagel be-
teiligte. Sein Projekt für die Airche in Solln ist
vorbildlich in der reizvollen Gruppierung des Platzes,
mit der Einbeziehung des Wirtshauses in die Bähe
der Airche sowie in der Natürlichkeit der Formen
(Abb. 5^0*

Auch an den anderen Airchenprojekten (Abb. 5^2
bis 5^5) ist der Sinn für abwechslungsreiche Aus-
gestaltung der Situation das Charakteristische; nirgends
ist dieser Sinn seltener als gerade bei dein Airchenbau.
Die Aufgabe ist heute eine außerordentlich schwere;
die Umgebung ist meist ganz reizlos, oft direkt störend,
die Platzwirkung schlecht. Da muß nun die An-
ordnung der Airche selbst reizvoll und differenziert
sein. Besonders hingewiesen sei auf das Projekt für
die St. Wolfgangskirche in Haidhausen, (f. Zahrg.
i903, S. f02—f05); da ist in der ödesten Stadtlage,
umgeben von Mietskästen, ohne Aufwand an äußerem
Schmuck, nur durch die geschickte Anordnung und
durch die Pereinbeziehung zweier Wohnhäuser eine
vortreffliche Anlage geschaffen, von der man nur
wünschen kann, daß sie auch zur Ausführung komme.

Bei den: Projekt zu einer Airche in Frankfurt (Abb.
5^6 u. Sq.7) ist eine Reihe von ganz niedrigen Ge-
bäulichkeiten um die Kirche herumgelegt, die dadurch
von dem Straßengetriebe weggehoben und in einer
eigenen Situation lebend erscheint. Durch diese An-
ordnung haben Spannagels Airchenprojekte etwas
Lebendiges, Gegenwärtiges, sie vermeiden glücklich
die Gefahr der Einförmigkeit und Situationslosigkeit,
die so naheliegt beim modernen Airchenbau.

And auch die Wirtshausprojekte (Abb. 5^6 u. 5^7)
zeigen, wie diese Aufgaben gelöst werden müssen,
soll es nicht zu Ende sein mit der schönen Ursprüng-
lichkeit unserer Dörfer. Und bei dem Friedhofs-
projekt für Pasing (Abb. 5^8) ist zu bemerken, wie
mit den allereinfachsten Mitteln eine vorzügliche
Situationswirkung erreicht werden kann.

Spannagels monumentale Projekte gehören
eigentlich nicht in den Rahmen dieser Zeitschrift;
aber sie dürfen doch nicht ganz umgangen werden,
wenn es sich um eine Charakterisierung seiner Aünstler-
schaft handelt, weshalb wenigstens kurz auf sie hin-
gewiesen sei. Das Projekt für das neue Verkehrs-

547. Dorf-Mrtshaus; Skizze von W. Sxannagel, München.

Aunst und Handwerk. 55. )ahrg. Heft JO.

277

38
 
Annotationen