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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 55.1904-1905

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7198#0307

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Lhronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

Zu den Ausschußwahlen der letzten Generalversammlung
wird bemerkt, daß von den Gewählten nur Kommerzienrat
Sch me derer die Wahl — aus Gesundheitsrücksichten — ab-
gelehnt hat und daß infolgedessen Maler Mössel in den Aus-
schuß berufen wurde.

Zur Tagesordnung übergehend, berichtet der Vorsitzende
zu Punkt (. Ergänzungswahl der Vorstandschaft,
daß Prof, pocheder, dessen Dienstzeit abgelaufen, eine Wieder-
wahl aus Berufsrücksichten aufs entschiedenste ablehnt; die
Neuwahl wird indessen wegen der unvorbereitet eingelaufenen
Erklärung auf eine spätere Sitzung verschoben.

Infolge der Neuwahl erleiden die Kommissionen
folgende Änderungen. Der I. Kommission treten bei: Bradl,
Lasser, Mössel und Pezold; bei der II. Kommission tritt Bradl
aus, Lallwey ein; in die III. Kommission treten ein: Lallwey,
Pezold, Sonnenschmid, in die IV. Kommission: Lasser. —

Der Vorsitzende beauftragt im allgemeinen die Kom-
missionen, sich alsbald durch Wahl von Bbmännern und Schrift-
führern zu konstituieren und über alle Sitzungen Protokolle zu
führen; als Aufgaben der Kommissionen erwähnt er folgende
Punkte: I. Kommission: Veranstaltung von Sxezialausstellungen
im (Oberlichtsaal, Anbringung eines Namensschildes an der
Ausstellungshalle, Ausgestaltung des Gartens; II. Kommission:
Typischere Gestaltung der Vereinszeitschrift; III. Kommission:
Obsorge für die Vereinsabende, pebung des Bibliothekbesuchs;
IV. Kommission: Finanz- und Pausverwaltung, Mehrung des
Mitgliederstandes.

Die Erlassung eines Wettbewerbes für den perkomer-
xreis wird beschlossen (vgl. darüber die früheren Notizen in
peft 7, S. ;99, und in peft 8, S. 22p; der Bericht über den
Breslauer Delegiertentag (vom 9. April) wird nur ganz sum-
marisch gegeben unter pinweis auf den ausführlichen in der
Zeitschrift enthaltenen Bericht.

Mochenversaininkungen.

Neunzehnter Abend — den u- April — Vortrag von
Schulrat Dr. Georg Kerschen st einer über die Grnamen-
tierkunst des Kindes. (Da der Berichterstatter wegen
Abwesenheit von München dem Vortrag nicht anwohnen
konnte, so hatte der Vortragende die Freundlichkeit, einen ein-
gehenden Zeitungsbericht über seinen dem gleichen Gegenstand
gewidmeten, wenige Wochen vorher gehaltenen Vortrag zur
auszugsweisen Benutzung zur Verfügung zu stellen.) Jm all-
gemeinen besteht die Anschauung, daß das Kind bei seiner
zeichnerischen Beschäftigung weniger darauf ausgeht, Verzie-
rungen zu schaffen, als irgendwelche ihm bekannte Dinge dar-

zustellen. (Nach den Versuchen des Vortragenden ist das nicht
so ausschließlich der Fall, namentlich beim städtischen Schulkind,
welches in bezug auf ornamentale Verzierungsversuche dem
ländlichen weit überlegen ist, indem es dabei weniger dem durch
Striche, Punkte, Wellenlinien re. gekennzeichneten geometrischen
Stil nachgeht, als vielmehr mit Reihungen von pflanzlichen
Grundformen hantiert. Von allen Eigenschaften, die der Redner
von einem guten Ornament fordert — Rhythmus, Ruhe (Klar-
heit), Rationalität (Zweckmäßigkeit, Übereinstimmung und Form,
Material und Technik), Grammatik (Gesetzmäßigkeit) Generalität
(Tyxik, Anpassung an den zu verzierenden Gegenstand), Geschlossen-
heit — finden sich beim Kinde Grammatik und Generalität am
wenigsten, Geschlossenheit nicht häufig, Rationalität, Rhythmus
und Ruhe am meisten. Um zu erfahren, wie weit in dem
Kinde die Befähigung zur Grnamentierkunst vorhanden ist, hat
Redner in den untersten Klaffen einer Reihe von Volksschulen
(in Stadt und Dorf) die gleichen Aufgaben gestellt, einen Buch-
deckel und einen Teller zu verzieren, Aufgaben, deren insge-
samt etwa ;2 000 Lösungen folgendes Ergebnis lieferten: Un-
rhythmische Verzierungsversuche nehmen ab mit wachsendem
Alter; rhythmische Reihungen nehmen bis zum Lebensjahr
zu, von diesem Alter an langsam ab; versuche ornamentaler
Gliederung und solche mit pstanzenornamenten nehmen mit
wachsendem Alter stetig zu; das rhythmische Gefühl ist bei den
Mädchen quantitativ stärker und früher ausgeprägt als bei
den Knaben; bei beiden Geschlechtern hat vom 8. Lebensjahre
ab mehr als die pälfte das Bedürfnis der Äußerung eines
rhythmischen Gefühls bei Verzierungsversuchen; bei Stadt-
kindern treten die geometrischen Motive hinter den Reihungen,
Pflanzen, Ranken und Arabesken zurück; bei 8 bis; 5 jährigen
Kindern zeigt sich ein stark entwickeltes Gefühl für Rationalität.
Eine Erscheinung ist besonders auffällig. Von den kleinen
Künstlern, welche bei früheren Gelegenheiten so hervorragende
Leistungen in bezug auf absolute Raumkunst an den Tag legten,
und die Pferde, Menschen, Landschaften ausgezeichnet zur Dar-
stellung brachten, hat sich bei den Vrnamentierungsversuchen
keiner besonders hervorgetan; es zeigte sich darin die Ver-
schiedenheit der Begabung, einerseits nach der Seite des Natura-
listischen, der absoluten Raumkunst, anderseits nach der Seite
des Stilistisch-Dekorativen. Der Knabe neigt mehr zur abso-
luten, das Mädchen mehr zur dekorativen Raumkunst, wenigstens
zur dekorativen Flächenkunst. Redner zieht daraus den Schluß,
daß es falsch wäre, Mädchen und Knaben gleichmäßig zu er-
ziehen, weil sich u. a. durch seine sechsjährigen Untersuchungen
in bezug auf das Zeichnen dieser wesentliche Unterschied in der
Veranlagung ergeben hat.

56H U. 565.

Schopen-
hauer-Medaille, von
Rud. Mayer, Karlsruhe.
Prägung und Verlag von
B. p. Mayr, Prägeanstalt, Pforzheim.

verantw. Red.: j)rof. £. Gmelin. — Herausgegeben vom Bayer. Aunstgewerbeoerein. — Druck und Verlag von R. Mldenbourg, München.
 
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