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Die Wimer Stadterweitenmg und die Donauregulirung.
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da alle drei Entwürfe, welche Baran Hasenaner hiefür
ansgearbeitet hat — das ursprüngliche pramiirte Kon-
kurrenzprojekt, die spätere klmarbeitung desselben und
den letzten endgültigen Entwnrf, nach welchem der
Bau ausgeführt wurde. Das Pnblikum hat da Ge-
legenheit, sich mit eigenen Augen zu überzeugen, daß
die Museen, wie sie jetzt vollendet dastehen, die künst-
lerische Ansgestaltnng des ersten Entwurfes, dasz sie
das eigenste Werk Hasenauers sind, der sein volles
künstlerisches Eigentumsrecht ans dieses Werk geltend
machen kann. Die ganze Grundanlage, die Gliede-
rnng der Fronten und die krönende Kuppelanlage
— all das weist schon der erste Entwurf auf, der
nach der Berufung Sempers lediglich darin verändert
wurde, daß das Hauptgeschoß durch eine festere Zu-
sammenfassung seiner Bauglieder einen noch statt-
licheren einheitlichen Aufbau erhielt. Von dem plasti-
schen nnd malerischen Schmucke der beiden Museen
vermögen die ausgestellten Modelle und Skizzen wohl
nur eine klcine Probe zn geben, aber die landschaft-
lichen Charakterbilder aus dem Naturhistorischen Hof-
mnseum allein genügen, um auf die Fülle und Groß-
artigkeit des Ganzen zu schließen.
Mit dem lebhaftesten Jnteresse betrachtet das
Publikum die ausgestellten Ansichten, Skizzen und
Modelle des malerischen und plastischen Schmnckes im
Jnnern des neuen Burgtheaters, und die allgemeine
Erwartung auf die endliche Eröffnung dieses Pracht-
baues wird dadurch nur noch höher gesteigert. Ein
Modell des Zuschauerraumes läßt dessen Einteilung
bis ins kleinste Detail erkennen; Photographien der
Stiegenhäuser geben eine Vorstellnng von der gran-
diosen Wirkung derselben; man sieht die Skizzen und
Photographien der Deckengemälde Vvn den hochbe-
gabten jungen Bialern, den Brüdern Klimt und
Franz Matsch, ferner von Hhnais, Charlemont, Karger
nnd Robert Ruß, die Modelle der Statuen, Büsten
und Reliefs von Kundmann, Benk, Tilgner, Weyr,
Natter. Die klangvollstcn Namen der Wiener Knnstler-
schast sind mit dem Baue des neuen Burgtheater aufs
ehrenvollste verknüpft. Unter allen Werken der
plastischen Kunst, die dort ihren Platz finden werden,
ist es aber das schon eingangs erwähnte Meisterstiick
Benks, welches die Bewunderung und das Entzücken
des Publiknms ani lebhaftesten erregt — jene Klhtia
mit dem reizenden Mädchenkopfe, deren zarte Mar-
morgestalt durch den ihren harmonischen Gliederbau
umfassenden Bronzeschmnck noch gehoben wird. Jn
das Verdienst der vollendeten technischen Ansführung
teilt sich mit dem §l'ünstler ein Wiener Kunstindiistrieller,
Karl Kellermann, in der ehrenvollsten Weise.
Zwci große kolorirte Ansichten geben ein Bild
der künstigen Vollendung des Neubaues der Burg
und lassen erkennen, wie übereinstimmend sich derselbe
mit den Mnseen zu einer großartigen architektonischen
Gesamtanlage verbinden wird, als deren Mittelpunkt
das Maria-Theresia-Denkmal zu betrachten ist. Hof-
fentlich werden für die vier dasselbe umgebenden Bassins
bald die Marmorgrnppen vollcndet werden, für welche
zwei vielversprechende Modelle von Schmidgruber und
Härdtl in der Ausstellung bereits zu sehen sind.
Neben der künstlerischen Angenweide, welche die
Ausstellung der Stadterweiterung gewährt, vermag
jene der Donauregulirung die Beschauer wohl nicht
mit gleichcn Schaustücken zu fesseln, doch bietet auch
sie ein anschauliches Bild des großen Werkes, durch
welches die Naturkrast des Stromes, welche zu
einer drohenden Gefahr für Wien geworden war,
gebändigt und gezähmt wordcn ist. Zwei große
Aquarelle, die von den Brüdern Viktor und Richard
Siedek ausgeführt wnrden, bieten der gegenwärtigen
Generation eine Vorstellnng des labhrinthischen Ge-
wirrs der Donauarme nnd Jnselauen in der nächsten
Nähe Wiens, das durch die Regnlirnng des Stromes
verschwunden ist. Auf mehreren Karten ist zu er-
sehen, welche Ausdehnnng die verheerenden Über-
schwemmnngen der Donau bei Wien gewonnen hatten,
nnd wie dieses Übcrschwemmiingsgebiet seit der Kata-
strophe vom Jahre 1862 immer mehr eingeschränkt
worden ist. Zeichnungen und Stiche schildern die
Gefahren nnd Schreckensscenen, denen die tiefer gele-
genen Vorstädte Wiens, namentlich die Roßau, Bri-
gittenau und Leopoldstadt, durch den in den Kanal
dringenden Eisstoß namentlich in den Jahren 1830,
1849 nnd 1862 ausgesetzt waren. Auf einer großen
Karte, welche sich über zwei Wände erstreckt, ist die
ganze Regulirung der Donau von der Traisenmündnng
bis zur ungarischen Grenze verzeichnet, und das von dem
Architekten Schindler v. Kunewald ausgeführtc
Modell zeigt die Art und Weise der Herstelluiig eines
Teiles jenes großen Schntzdammes, der am linken llfer
der Donan vom Bisamberg bis zur Marchmündung ge-
zogen wird,um denAustritt der verheerendeiiHochwässer
ins Marchfeld zu verhindern. Ein Modell veranschau-
licht den Bau des Sperrscksiffes samt dem Nadelwehr,
n»d ein Gemälde von Obermüllner sowie mehrere
Photographien geben ein Bild des an die Gewalt
arktischer Eismassen mahnenden Eisstoßes, dem das
Sperrschiff inh Januar 1880 Widerstand leistete. So
gewinnt der Besucher durch alle diese Einzelobjekte
einen vollständigen Überblick über dieses nngeheure
technische Iknternehmen, dessen Durchführbarkeit seiner-
zeit selbst von hervorragenden Fachmännern bezweifelt
wnrde und das als ein Gegenstand berechtigten Stolzes
für die österreichischen Techniker bezeichnet werden darf.
Wenn rnan eine Ergänziing dieser ungemein lehr-
Die Wimer Stadterweitenmg und die Donauregulirung.
590
da alle drei Entwürfe, welche Baran Hasenaner hiefür
ansgearbeitet hat — das ursprüngliche pramiirte Kon-
kurrenzprojekt, die spätere klmarbeitung desselben und
den letzten endgültigen Entwnrf, nach welchem der
Bau ausgeführt wurde. Das Pnblikum hat da Ge-
legenheit, sich mit eigenen Augen zu überzeugen, daß
die Museen, wie sie jetzt vollendet dastehen, die künst-
lerische Ansgestaltnng des ersten Entwurfes, dasz sie
das eigenste Werk Hasenauers sind, der sein volles
künstlerisches Eigentumsrecht ans dieses Werk geltend
machen kann. Die ganze Grundanlage, die Gliede-
rnng der Fronten und die krönende Kuppelanlage
— all das weist schon der erste Entwurf auf, der
nach der Berufung Sempers lediglich darin verändert
wurde, daß das Hauptgeschoß durch eine festere Zu-
sammenfassung seiner Bauglieder einen noch statt-
licheren einheitlichen Aufbau erhielt. Von dem plasti-
schen nnd malerischen Schmucke der beiden Museen
vermögen die ausgestellten Modelle und Skizzen wohl
nur eine klcine Probe zn geben, aber die landschaft-
lichen Charakterbilder aus dem Naturhistorischen Hof-
mnseum allein genügen, um auf die Fülle und Groß-
artigkeit des Ganzen zu schließen.
Mit dem lebhaftesten Jnteresse betrachtet das
Publikum die ausgestellten Ansichten, Skizzen und
Modelle des malerischen und plastischen Schmnckes im
Jnnern des neuen Burgtheaters, und die allgemeine
Erwartung auf die endliche Eröffnung dieses Pracht-
baues wird dadurch nur noch höher gesteigert. Ein
Modell des Zuschauerraumes läßt dessen Einteilung
bis ins kleinste Detail erkennen; Photographien der
Stiegenhäuser geben eine Vorstellnng von der gran-
diosen Wirkung derselben; man sieht die Skizzen und
Photographien der Deckengemälde Vvn den hochbe-
gabten jungen Bialern, den Brüdern Klimt und
Franz Matsch, ferner von Hhnais, Charlemont, Karger
nnd Robert Ruß, die Modelle der Statuen, Büsten
und Reliefs von Kundmann, Benk, Tilgner, Weyr,
Natter. Die klangvollstcn Namen der Wiener Knnstler-
schast sind mit dem Baue des neuen Burgtheater aufs
ehrenvollste verknüpft. Unter allen Werken der
plastischen Kunst, die dort ihren Platz finden werden,
ist es aber das schon eingangs erwähnte Meisterstiick
Benks, welches die Bewunderung und das Entzücken
des Publiknms ani lebhaftesten erregt — jene Klhtia
mit dem reizenden Mädchenkopfe, deren zarte Mar-
morgestalt durch den ihren harmonischen Gliederbau
umfassenden Bronzeschmnck noch gehoben wird. Jn
das Verdienst der vollendeten technischen Ansführung
teilt sich mit dem §l'ünstler ein Wiener Kunstindiistrieller,
Karl Kellermann, in der ehrenvollsten Weise.
Zwci große kolorirte Ansichten geben ein Bild
der künstigen Vollendung des Neubaues der Burg
und lassen erkennen, wie übereinstimmend sich derselbe
mit den Mnseen zu einer großartigen architektonischen
Gesamtanlage verbinden wird, als deren Mittelpunkt
das Maria-Theresia-Denkmal zu betrachten ist. Hof-
fentlich werden für die vier dasselbe umgebenden Bassins
bald die Marmorgrnppen vollcndet werden, für welche
zwei vielversprechende Modelle von Schmidgruber und
Härdtl in der Ausstellung bereits zu sehen sind.
Neben der künstlerischen Angenweide, welche die
Ausstellung der Stadterweiterung gewährt, vermag
jene der Donauregulirung die Beschauer wohl nicht
mit gleichcn Schaustücken zu fesseln, doch bietet auch
sie ein anschauliches Bild des großen Werkes, durch
welches die Naturkrast des Stromes, welche zu
einer drohenden Gefahr für Wien geworden war,
gebändigt und gezähmt wordcn ist. Zwei große
Aquarelle, die von den Brüdern Viktor und Richard
Siedek ausgeführt wnrden, bieten der gegenwärtigen
Generation eine Vorstellnng des labhrinthischen Ge-
wirrs der Donauarme nnd Jnselauen in der nächsten
Nähe Wiens, das durch die Regnlirnng des Stromes
verschwunden ist. Auf mehreren Karten ist zu er-
sehen, welche Ausdehnnng die verheerenden Über-
schwemmnngen der Donau bei Wien gewonnen hatten,
nnd wie dieses Übcrschwemmiingsgebiet seit der Kata-
strophe vom Jahre 1862 immer mehr eingeschränkt
worden ist. Zeichnungen und Stiche schildern die
Gefahren nnd Schreckensscenen, denen die tiefer gele-
genen Vorstädte Wiens, namentlich die Roßau, Bri-
gittenau und Leopoldstadt, durch den in den Kanal
dringenden Eisstoß namentlich in den Jahren 1830,
1849 nnd 1862 ausgesetzt waren. Auf einer großen
Karte, welche sich über zwei Wände erstreckt, ist die
ganze Regulirung der Donau von der Traisenmündnng
bis zur ungarischen Grenze verzeichnet, und das von dem
Architekten Schindler v. Kunewald ausgeführtc
Modell zeigt die Art und Weise der Herstelluiig eines
Teiles jenes großen Schntzdammes, der am linken llfer
der Donan vom Bisamberg bis zur Marchmündung ge-
zogen wird,um denAustritt der verheerendeiiHochwässer
ins Marchfeld zu verhindern. Ein Modell veranschau-
licht den Bau des Sperrscksiffes samt dem Nadelwehr,
n»d ein Gemälde von Obermüllner sowie mehrere
Photographien geben ein Bild des an die Gewalt
arktischer Eismassen mahnenden Eisstoßes, dem das
Sperrschiff inh Januar 1880 Widerstand leistete. So
gewinnt der Besucher durch alle diese Einzelobjekte
einen vollständigen Überblick über dieses nngeheure
technische Iknternehmen, dessen Durchführbarkeit seiner-
zeit selbst von hervorragenden Fachmännern bezweifelt
wnrde und das als ein Gegenstand berechtigten Stolzes
für die österreichischen Techniker bezeichnet werden darf.
Wenn rnan eine Ergänziing dieser ungemein lehr-