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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0030

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II

Sammlungen und Ausstellungen.

12

Ende September in Dresden abgehalten werden, fand in
diesem Jahre eine Pararnentenausstellung in der Aula des
Kreuzgymnasiums statt. Sie war von dem bekannten Para-
mentiker Martin Eugen Beck aus Herrnhut veranstaltet worden,
einem Künstler, der in seiner nunmehr siebenundzwanzigjähri-
gen Thätigkeit auf dem Gebiete der evangelischen Para-
mentik eine überaus angesehene Stellung errungen hat.
Seine Arbeiten, die sich streng an die von Lühe und Meurer
aufgestellten Grundsätze für die evangelische Paramentik
anschließen, zeichnen sich vor allem durch eine weise Be-
schränkung auf das diesem Kunstzweig Erreichbare aus und
verraten ein entschiedenes Stilgefühl. Allerdings ist der Kreis
der zur Darstellung gelangenden Gedanken nicht eben groli
und weit zu nennen; da aber für kirchliche Zwecke die für
jedermann fassbaren Vorstellungen allein brauchbar sind,
und nichts gefährlicher und verkehrter wäre, als wenn sich
der Künstler in die Irrgänge einer abstrusen Symbolik ver-
lieren wollte, verdienen die Beck'schen Entwürfe auch gerade
nach ihrem Inhalt hin alles Lob. Unübertrefflich endlich
ist die Ausführung der meisten von Beck entworfenen Ar-
beiten, von denen die Ausstellung sowohl zahlreiche Proben
von solchen, die unter Beck's Leitung in Herrnhut oder in
anderen Biüdergemeinden angefertigt wurden, als auch von
solchen, die von freiwilligen Damenhänden gearbeitet wurden,
aufwies. Unter den letzteren ragte namentlich der prachtvolle
Altarbehang aus dem Schweriner Dom hervor. Andere kaum
minder wertvolle Arbeiten nach Beck's Entwürfen waren
namentlich aus Paderborn, Leipzig und Dresden ausgestellt.
Neben den fertigen Stücken dienten zahlreiche Vorlagen
dazu, das Bild von Beck's Thätigkeit zu vervollständigen
Cbrigens verbreitete sich der Künstler außerdem noch in
einem am 26. September gehaltenen, höchst lehrreichen Vor-
trag über seine Grundsätze, die er schon früher einmal in
der leider vergriffenen Broschüre: „Soli deo! Ein Wort zu
Nutz und Ehren der evangelischen Paramentik" (Frankfurt
a. M., Druscher, 1885. 8.) öffentlich dargelegt hat. — Wir
benutzen diese Gelegenheit, um unsere Leser auf eine, so
viel wir bemerken konnten, ziemlich vergessene Vorlagen-
sammlung von Beck aufmerksam zu machen. Es sind dies
die bereits im Jahre 1868 in Leipzig bei Dörfling und Frank
erschienenen „Musterblätter für kirchliche Stickerei von
Martin Eugen Beck. Nebst Text: Altarschmuck von Moritz
Meurer." Wir finden auf den hier vereinigten zwölf Folio-
tafeln die wichtigsten Typen der Beck'schen Paramentik,
z. B. das von ihm so vielfach verwendete Lamm mit der
Siegesfahne, bereits festgestellt und sind erstaunt, bei Meurer
a. a. 0. S. 86 zu lesen, dass Beck, der ursprünglich Töpfer
war, in der kurzen Zeit von wenig über zwei Jahren, seit
er angefangen hatte, sich nach dieser Seite hin zu beschäf-
tigen, „diese köstlichen Entwürfe für Kirchenstickereien" ge-
liefert hat. Wenn Meurer schon damals von ihnen rühmte,
„dass sie, obwohl durchaus original und in der Grazie ihrer
Linien an die Antike erinnernd, doch durch ihre vortreff-
liche Stilisirung bei Kennern mittelalterlicher Ornament-
zeichnung den entschiedensten Beifall gefunden hätten", so
kann man heute, wo Beck in der angedeuteten Richtung
zu immer größerer Vollkommenheit und Sicherheit fort-
geschritten ist, seine Entwürfe geradezu als mustergültig für
die evangelische Paramentik bezeichnen.

%* Der Lberschnss der diesjährigen Berliner Kunst-
ausstellung wird auf 60 000 bis 70 000 M. berechnet. Nach
Abzug von 7000 M , die die Unterstützungsvereine in Berlin
und Düsseldorf erhalten, wird der Rest zwischen dem Künst-
lerverein und der Genossenschaft der Akademie geteilt. Die
der Akademie zufallende Summe, rund 30 0<)0 M., wird auf

| der nächstjährigen Ausstellung zu Ankäufen von Werken
verwendet. In diesem Jahre beziffert sich die Zahl der

I Verkäufe auf 271 mit einem Wert von rund 30000 M.; es

j sind das 125 Verkäufe mehr als im Vorjahre. Die Zahl der
Besucher hat, die Inhaber der Saisonkarten mitgerechnet,

J über 800000 betragen.

Düsseldorf. Die seit kurzem in der Kunsthalle ausge-
stellten Kohlenzeichnungen aus dem Cyklus „ Tolentanx" von
G. Lührig gehören ohne Zweifel zu dem Interessantesten,

j was auf diesem Gebiete in den letzten Jahren geschaffen
worden. Es ist schwer, auf die unendlichen Variationen
dieses mittelalterlichen Themas, das seit Holbein die deutsche
Kunst beschäftigt hat, noch neue „Auflagen" zu bringen.
Aber man erkennt hier wieder, dass wo nur echt künstleri-
scher Geist vorhanden, eine starke Subjektivität noch immer
und immer wieder neues Leben aus alten Formen und Ge-
danken herauszuschöpfen im stände ist. Wir müssen uns
leider des Raumes halber versagen, auf alle einzelnen Blätter,

; deren jedes ein Kunstwerk für sich ist, näher einzugehen.
Zu den individuellsten gehören die drei Arbeiter auf dem
Kornfelde, welche bei heraufziehendem Gewitter dem Tod
anheimfallen. Die Todesahnung ist hier auf geniale Weise
in den Köpfen und Händen der drei alten Männer angedeutet,
welche schon zu Schädeln und Knochen erstarrt sind. Im
nächsten Augenblick wird der Blitzstrahl sie alle drei er-
schlagen, dessen Nähe sie schon zu fühlen scheinen. Das
ist originell und meisterhaft zum Ausdruck gebracht. In
diesem Stil sind die anderen Blätter auch gehalten, so der
Tod in der Schenke auf einem Fasse sitzend, die Beine lustig
baumelnd, mit den Holzpantoffeln gegen das Fass trommelnd.
Ist er doch guter Laune, denn ein neues Opfer ist ihm sicher:
auf dem Boden liegt ein vom Schlage getroffener Trunken-
bold, dessen verglastes Auge auf den Totenmann geheftet
ist. Um ihn herum andere gleichgültig stumpfsinnige schnaps-
trinkende Bummler, spätere, aber ebenso sichere Opfer. Das
ist nicht „schön", aber groß und packend. Solcher Realismus
ergreift und hält uns fest durch seine von innen heraus-
quellende dämonische Kraft und weil nichts Absichtliches
drin liegt. So ein Künstler schafft, weil er „nicht anders
kann", aber nicht um eines naturalistischen oder sonst irgend-
wie „istischen" Dogmas willen, dessen Absichtlichkeit sofort
verstimmen würde. Quod licet Jovi, non licet bovi. Das
dritte ganz originelle Blatt ist das mit dem Tod als alter
Bettler mit Krücken; ein kleines Mädchen will seine ausge-
streckte Knochenhand fassen und ihm ein Almosen geben.
Sobald es seine Hand berührt, muss es sterben. Im Kinder-
antlitz fühlt man die Schauer der Todesnähe mit. Wer so
komponiren, so empfinden und vor allem so verblüffend
zeichnen kann, ist ein Künstler von Gottes Gnaden. Die
übrigen zehn Zeichnungen sind ebenso vorzüglich, wenn auch
weniger absolut individuell und originell wie die drei erwähn-
ten. Doch selbst wo sie etwas schon Früherem angelehnt sind,
nirgends findet sich tote Abscbreiberei. Ein starkes junges
Talent, von dem noch viel zu erwarten ist! — Bei Eduard
Schulte hat der Tiermaler Kuhnert eine große Kollektion
seiner in den letzten 2 Jahren aus Ägypten und Deutschost-
afrika mitgebrachten Studien, Skizzen, Zeichnungen und
Aquarelle nebst einer Anzahl größerer fertiger Gemälde
zur Ausstellung gebracht. Eine interessante Sammlung! Vor-
züglich gezeichnet sind die verschiedenen Tiere der Wüste,
Löwen, Elefanten, Zebras, Büffel etc., so das Bild „Ele-
fanten in ihrem Element", und „Eine Rast am Kilima-
ndscharo". Eigentümlich ist die kühle Farbe, mit der Kuh-
nert die tropische Natur auffasst. Alles ist hell und leuch-

i tend, aber kalt. Der Maler wird wahrscheinlich viel in der
 
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