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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Böck, Rudolf: Die dritte internationale Kunstausstellung in Wien, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0256

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Venedig bringt ein impressionistisches Bild „Auf dem
Canal" — ein Schiffer schaut einem jungen Mädchen
nach — von großer Wirkung, die noch besseres für
die Zukunft verspricht. Juana Romemi — eine Schü-
lerin Roybet's — hat eine unheimliche, im Fleisch
etwas zu marmorne, aber sonst tüchtig modellirte
„Herodias" gebracht, die mit bewunderungswürdiger
Kraft durchgearbeitet ist. Lwigi de Servi ist trotz
seiner Jugend schon eine vollbewusste starke Natur,
was er mit seinem religiösen Bilde: „Jungfrau mit
dem Kinde" beweist. In Vedute und Landschaft ragt,
wie immer, Luigi Bazzani hervor, der Luft, Licht und
Marmor malt wie kein zweiter; er beherrscht die
Öltechnik ebenso wie das Aquarell; im ersteren hat
er seinen „Triumphbogen der Septimius Severus",
im letzteren den „Aufstieg zum Kapitol" und die
Trajanssäule gemalt; ein schwer zu verwindender
Mangel ist nur das fast gänzliche Fehlen der Staffage.
— Halb Landschaft, halb Genre sind Alesscmdro Mo-
rani's „Arbeiter in den pontinischen Sümpfen", zwar
ein bischen japanisirend, aber von reicher, charak-
teristischer Beweglichkeit. Gkiglielmoi 'iiinli's„Sommer-
sonne", ein Obstgarten, in dem ein Mädchen Ge-
flügel füttert, ist besonders durch das wahre Grün
im Gras und auf den Bäumen ausgezeichnet. Qiu-
seppi Miti-Zanetti hat den „Cahal von Burano" bei
Nacht mit dem Vollmond gemalt und zwar mit einer
seltenen Gegenständlichkeit. An dieses Bild reiht sich
würdig an Pietro Fragiacomo mit seiner ,, Abendglocke",
einem Klostervorhof am Wasser; Abendrot, Dämme-
rungsgrau, eine Ampel — alles zusammen eine wunder-
bare Stimmung. — Wie gewöhnlich, erscheinen die
Italiener als besonders tüchtige Marmor- und Bronze-
bildner. Domenico Trentacoste's „Pia de' Tolomei"
ist von vorzüglicher Behandlung und von ergreifen-
dem Ausdruck. Phüippo OifarieUo's Porträtbüste in
Bronze ist von unglaublichster Lebendigkeit im
Auge, im Fleische und von der größten Stofflich-
keit. Enrico Bitlli in Mailand mit seinem „Berg-
arbeiter", Ricardo Ripomonti mit seinem „Unschuldig
Verurteilten", Achiüe Alberti in seinem „Trägen"
(nach Dante) haben Bronzen in Lebensgröße ausge-
stellt, in denen sie dem kräftigsten Realismus hul-
digen. —

Unter den Spaniern möchten wir die Aufmerk-
samkeit auf den jungen Joaquin Luque Roseüö lenken,
der in seiner „Messe vor dem Stierkampf" ein Bild
geschaffen hat, das bei sehr mäßiger Ausdehnung
alle lebensgroßen Genrestücke in den Schatten stellt.
Es ist gleich ausgezeichnet durch die Behandlung
der verschiedenen Lichter und des Helldunkels, die

vortreffliche Charakteristik, die tüchtige Zeichnung
und die wahre Farbe. Daneben ist zu nennen des
humorvollen Mariano Benlliurc's „Fester Schlaf":
drei Livree-Diener beim Hofball, ein um so be-
wunderungswürdigeres Aquarell, als sein Autor ein
trefflicher Bildhauer ist, was er durch eine lebens-
volle Terracottabüste und ein reizvolles Marmorrelief
„Harmonie", zwei weibliche Gestalten in griechischer
Gewandung, erweist. Ein ebenso humoristisches
Bild wie der „Feste Schlaf-1 ist Salvador Viniegra's
,,Scene vor dem Friedensrichter", in dem zwei junge
Sevillanerinnen in erbitterter Gegnerschaft zum Er-
götzen des Gerichtshofes eine Art Hahnenkampf
aufführen. — Baldomcro Oalofre's „Zigeunerrennen"
ist ein sonniges kleines Stück voll reichen Lebens;
Jose Benlliurc's Kardinal im Chore ist ein delikates,
intim durchgeführtes Kabinettstück der Kleinmalerei.
Uber Villegas' „Triumph der Dogaressa Foscari" und
den „Tod des Meisters", gehen wir hinweg, da sie schon
in der Besprechung der Münchener Ausstellung vom
vorigen Jahre eingehend gewürdigt wurden. Auguslin
Querol's „Marmorbüste des heiligen Franziscus" ist
neben der virtuosen Technik ausgezeichnet durch
den apathisch-asketischen Ausdruck.

In der deutschen Abteilung ist zunächst im
Porträt Fritz August Kaulbach mit allen seinen
Schwächen und Vorzügen besonders in dem jungen
Mädchen im roten Kostüm und einer Dame aus der
Wiener Gesellschaft in Schwarz charakteristisch ver-
treten. — Caspar Ritters Damenporträt, so wie die
tüchtigen ehrlichen Arbeiten des sehr jungen Rafael
Schuster-Woldan, dessen Modellen wir nur geschmack-
vollere Kleider wünschen, sowie die beiden „älteren"
Damen von Max von Seydeivitz sprechen durch ihre
lautere Wahrheit an. Lenbach, der geniale Cha-
rakteristiker, vernachlässigt die Farbe bisweilen in
allzu souveräner Weise, wie seine ausgestellten Bilder
zeigen. Das Herrenporträt von Carl Bios ist in Zeich-
nung und Farbe gleich sorgfältig, ohne kleinlich zu
werden; dasselbe gilt von Robert Warthmüller in seinem
Damenbildnis, von Max Koner in seinem leben-
sprühenden Porträts Kaiser Wilhelms II. und be-
sonders des Malers Brausewetter, von Carl Hartmann
und Sofie Buhn in München mit ihren Damenporträts,
die die Dargestellten beim Thee zeigen.

Im Genre möchten wir Karl Marr mit seinem
ergreifend gedachten und ebenso dargestellten Bilde
„In Deutschland 1806" die Palme reichen. Das Werk
zeigt gegen das im Vorjahre ausgestellte einen be-
deutenden Fortschritt in der Durchführung und De-
taillirung. Liebermann ist mit seinem bekannten
 
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