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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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Böck, Rudolf: Die dritte internationale Kunstausstellung in Wien, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0258

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im Wasser, in dem sich verschwommen Himmel,
Bäume und Tiere spiegeln: feuchte Sumpfluft liegt
schwer und bleiern über dem Ganzen ausgebreitet.
Unter den ungarischen Bildhauern ragt Alois Strobl
hervor, besonders durch die Marmorbüste einer
jugendlichen Dame mit feinindividualisirtem Profil
und der dekorativen Marmorbüste des als „Jägerbub"
dargestellten jungen Erzherzogs Ladislaus.

Wenn wir die heimische österreichische Kunst
bei Besprechung dieser internationalen Ausstellung an
den Schluss stellen, so hat dies nur darin seinen Grund,
dass vor allem die Gäste, und unter diesen wieder
die seltenen, besonders berücksichtigt werden sollten.
Unsere Porträtmaler sind in der ihnen eigenen Güte
auch heuer vertreten; besonders glücklich Casimir
Pochwalski mit seinem Porträt des Marquis Wielo-
polski — dem Meisterstück der österreichischen Ab-
teilung, — Angeli mit zwei Bildnissen von gewohnter
Trefflichkeit, Gustav Klimt mit seinem Damenporträt
in Schwarz (Kniestück), das von größter Lebendig-
keit ist, und Victor Stauffer mit seinem Porträt des
Grafen Hans Wilczek d. A., dessen ganzes Wesen
sich in diesem besten Bilde des genannten Malers
wiederspiegelt. Nicht befriedigt hat uns Julius Schmid
mit seinem lebensgroßen Porträt (in ganzer Figur)
des verstorbenen Bürgermeisters Prix.

Im Genre, dem eine bleibende Bedeutung zuge-
sprochen werden muss, glänzt Alois Delug, der in
seiner Idylle „Märzwind" ein Bild von unvergäng-
lichem Reize schuf, den es der treuesten, poetisch
verfeinerten Naturauffassung eines naiv-einfachen Su-
jets verdankt. Eine Mutter, mit dem Säugling auf dem
Arm, befestigt Wäsche zum Trocknen an der Leine,
ein größeres Baby kramt unbeholfen im Wäschekorb
und ein anderes guckt neugierig herum; die großen
Flächen der weißen Wäsche sind fein nuancirt, und
es scheint wirklich feuchte Märzluft die schneeige
Leinwand aufzublähen. Hermann Knopfs' „Sein Lied"
ist durch den schönen Beleuchtungseffekt hervor-
ragend, in dem das Interieur dargestellt ist: ein
kleines Mädchen sitzt an einem alten Stutzflügel
und spielt ihrer verwitweten Mutter, vor. Wilhelm
Bernatxik hat in seinem „Blick in die Ferne" das
Hauptgewicht auf die Landschaft gelegt und es ist
ihm auch die Darstellung der Abenddämmerung, der
Blick ins Thal, ausgezeichnet gelungen. Franz Shunt
hat eine reizvoll durchgeführte Kleinmalerei mit
einer nervösen jungen Dame „vor der Zahnoperation"
geliefert, — ein Bildchen, das von köstlichstem Humor
zeugt. Josef Engelhart, der eine Zeitlang das „enfant
terrible" spielte, hat sich glücklich besonnen und zeigt

sich in einem weiblichen Akt im Freien unter Bäumen,
durch deren Blätter Sonnenlicht fällt, eben so tüchtig
wie in seinen einer ähnlichen Beleuchtung ausge-
setzten Kartenspielern, einem Genrestück von hollän-
discher Aufrichtigkeit. — Recht im Gegensatze dazu
steht der treffliche Poet Peter Stacläewicz mit seinen
Marienlegenden, die er, wie im Vorjahre, grau in
grau malte. M. Lmx's „Tischgebet im Kindergarten"
bietet in der Wiedergabe der Kleinen und der Nonnen,
sowie des Hofes mit den Pflaumenbäumen ein Stück
von echter Naturwahrheit. — Nicht vergessen dürfen
wir das Historienbild Rudolf von Ottenfeld's: „Erz-
herzog Karl lässt die Leiche des französischen Gene-
rals Marceau zu den französischen Truppen über-
führen" (21. September 1796), das wie der ergreifende
Aktschluss eines bewegten Drama's den Beschauer
anzieht.

In der Landschaft ist Rudolf Alt trotz seiner
zweiundachtzig Jahre noch immer der größte und
wahrste, dies beweist sein fein detaillirtes und doch
so groß erfasstes „Anlaufthal bei Gastein". Ihm
schließt sich ebenbürtig Hugo ('harlemoni mit seiner
„Birkenallee" (bei Braunau i/B.) im Sturm und
der „Pergola in Abbazia" an; auf ersterern Bild ist
auch die Staffage, eine Prozession, vortrefflich ge-
lungen. Robert Ritss' „Palazzo del Camello" in Venedig
vereinigt alle Vorzüge des Meisters in Farbe und
Zeichnung in sich. Carl Moll hat mit dem lichtvollen
Bilde des „Wiener Naschmarkts" einen gelungenen
Wurf gethan, ebenso Zoff mit seinem Brandungs-
bild von der Riviera. Von der intimsten Beobachtung
und immer gleich vorzüglich sind die kleinen Land-
schaften von Roman Kochanowski, dessen besondere
Domäne die Gegend des Donaurieds in Bayern ist.

In der Plastik hat Tilgner mit dem „Monteur"
und „Schmied", den Seitenfiguren für das Werndl-
Denkmal in Steyr, zwei wirkungsvolle, wenn auch
nicht thatsächlich monumental wirkende überlebens-
große Genrefiguren in Bronze geliefert, und Ricfiard
Kauffungen eine tiefempfundene weibliche Gestalt in
seiner „Trauer", die sich ans Kreuz lehnt, ein
würdevolles Grabdenkmal. Die große Gruppe „Kinder-
mord" des jugendlichen Ed. Adalbert Saff zeugt von
großer Gewandtheit in der Komposition und drama-
tischer Begabung; der starke Realismus, in dem das
Werk durchgeführt ist, erhöht noch die Wirkung
der schrecklichen Scene. — Ferner erwähnen wir
die bronzene Reiterstatuette des hl. Wenzel von
Josef Myslbek, sodann Rathausky's „Arbeit", eine
Schnitterin auf dem Schiebkarren sitzend, die uns wie
ein ins Plastische übersetzter Millet anmutet, und
 
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