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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0278

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537

Korrespondenz.

538

Künstlerschar, Paul Baum, hat ohne Zweifel die
beste Landschaft, die seit Jahren in Dresden ent-
standen ist, für die Ausstellung beigesteuert. Da
wir aber dieses „Novembersthninung" betitelte Bild
bereits in unserer Besprechung der im Salon Lich-
tenberg veranstalteten Sonderausstellung von Land-
schaften und Studienblättern Baum's hinreichend ge-
würdigt haben, mag es genügen, nur mit einem
Worte an diese meisterhafte Leistung erinnert zu
haben. Wilhelm Georg Filter kommt Baum in Bezug
auf die Trefflichkeit seiner Landschaften am näch-
sten; er überragt ihn sogar insofern, als er über
einen größeren Reichtum an Formen verfügt und
nicht so absichtlich wie Baum poetischen Motiven
aus dem Wege geht; er steht aber hinter Baum
zurück, wenn man die koloristische Durchführung
seiner Bilder ins Auge fasst, wobei man bald be-
merken wird, dass er eine Vorliebe für violette Töne
besitzt, die in der Natur nicht vorkommen. Am
meisten tritt dieser Fehler an seinem „Motiv von
der Elbe" hervor, am wenigsten an seiner „Mühle
im Thale", einer Landschaft von großem poetischen
Reiz, die als die reife Frucht fleißiger Studien und
einer entschiedenen Veranlagung für intime Natur-
beobachtung die Aufmerksamkeit der Kenner ver-
dient. Unabhängig von der Schule Baum's, viel-
mehr von Pariser Eindrücken beeinflusst, hat sich
Robert Sterl entwickelt. Er hat zwei Bilder aus-
gestellt, die beide ganz modern naturalistisch auf-
gefasst und mit impressionistischer Technik durch-
geführt sind, trotzdem aber so poetisch wirken, dass
auch der Gegner dieser Richtung keinen Grund zum
Tadel finden kann. Von Carl Bantzer, der an der
Spitze der Dresdener Sezession steht, sehen wir
gleichfalls eine Studie im hellsten Sonnenlicht, im
Katalog als „Rast im Schatten" aufgeführt. Der
Gegenstand ist so einfach wie möglich: eine Mutter,
die sich mit ihrem Kinde in den Schatten einiger
hoher Bäume geflüchtet und mitten in dem hohen
Grase einer Wiese, die sich, von der Sonne beschie-
nen, bis an den Rand eines niederen Gehölzes weit-
hin ausdehnt, Platz genommen hat. Koloristisch
ist das Bild famos gemacht, doch will uns sein Um-
fang mit Rücksicht auf seinen Inhalt zu groß er-
scheinen, wie wir überhaupt der Meinung sind, dass
dieses Bild nicht zu den besten Arbeiten des be-
gabten Künstlers gehört. Dagegen hat Max Pietsch-
mann mit seinem Gemälde „Adam und Eva", auf
dem wir das erste Menschenpaar unter einem mäch-
tigen Baum in inniger Umarmung sitzen sehen, und
in seinem „Ballspiel" den Beweis einer erfreulich

fortschreitenden Entwickelung geliefert, während
seine badende Frau wegen der Plumpheit der For-
men und das Wasser des Baches wegen seiner Leb-
losigkeit und Härte Anlass zu allerhand Ausstellun-
gen bildet. Etwas gekünstelt und ausgeklügelt
kommt uns dann das „Blaue Blumen" betitelte Bild
von Karl Mediz vor. Die blauen Blumen im Vorder-
grunde beschäftigen nämlich das Auge des Beschauers
so sehr, dass er die Mädchengestalt in rotem Ge-
wände, die durch einen etwas düsteren Wald schrei-
tet, nur als Staffage empfindet, während sie die
Hauptsache im Bilde ist oder doch sein sollte. Im-
merhin ist der Gesamteindruck kein ungünstiger, so
dass sich der Name des Künstlers dem Gedächtnisse
einprägt und man den Wunsch hegt, ihm bald wie-
der einmal zu begegnen.

Die eben besprochenen Gemälde jüngerer Dres-
dener Künstler erscheinen uns deshalb besonders in-
teressant, weil wir aus ihnen sehen, dass auch in
Dresden die moderne Kunst eine Reihe wackerer
Vorkämpfer besitzt, und dass auch hier dafür ge-
sorgt ist, dass die neue Richtung mit der Zeit sich
einbürgert. Es wäre aber ungerecht, wenn wir ver-
schweigen wollten, dass auch aus der Zahl der äl-
teren, bewährten Künstler eine ganze Reihe solcher
zu nennen ist, die sich mit ihren Arbeiten noch
immer sehen lassen können. Unter ihnen steht Leon
Pohle obenan, dessen Bildnis Sr. Königl. Hoheit des
Prinzen Georg als ein vorzügliches Repräsentations-
bild hervorgehoben zu werden verdient, während
sein Porträt des Oberbürgermeisters Dr. Andre in
Chemnitz bei aller Schlichtheit der Auffassung durch
das hohe Maß von Ähnlichkeit und treffende Cha-
rakteristik jeden Kunstfreund entzücken muss. Die-
selben Eigenschaften zeichnen auch die Porträts Paul
Kießling's aus, unter denen das Bildnis des Malers
Stichart das meiste Aufsehen macht. Walther Witting
hat das Porträt seines Vaters, des Kapellmeisters
Witting, ausgestellt, das er genrehaft, aber gleich-
zeitig äußerst lebendig und frisch behandelt hat.
In Anton Dietriches religiösem Gemälde: „Herr er-
barme dich unser" begrüßen wir das Bestreben, aus
den Fesseln der Tradition herauszukommen und die
Scene durch individuelle Züge zu beleben, mit Ge-
nugthuung, obwohl hier zwischen Wollen und Voll-
bringen noch ein beträchtlicher Zwischenraum zu
bemerken ist.

Hocherfreulich erscheint aber vor allem die Ent-
wickelung der Dresdener Skulptur, die auf der Aus-
stellung außer durch die älteren Künstler durch vier
jüngere Bildhauer, II. Epler, Hermann Fischer, Hans
 
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