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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0068

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lig

Bücherschau. — Nekrologe.

120

gerade beim Wissen von der Kunst, dem Kunstgewerbe und
den verwandten Fächern, die für unsere Leser zunächst in
Betracht kommen, ist er von ganz besonderer Wichtigkeit,
weil gerade diese Gebiete des Wissens nur allzuleicht zu
leerem Geschwätz oder, was noch schlimmer ist, zu schön
gedrechselten, aber im Grunde doch nichtssagenden Phrasen
verlocken. Dieser Gefahr sind die Bearbeiter der betreffen-
den Teile, zu denen auch die wieder zu Ehren gebrachte
Ästhetik gehört, glücklich entgangen. Wenn man die ein-
zelnen Artikel prüft, wird auch der strengste Kritiker finden,
dass in den Definitionen technischer Begriffe das Menschen-
mögliche an Sachlichkeit und Klarheit geleistet worden ist,
und bei den Biographien der der Vergangenheit angehören-
den Künstler sind die Resultate der neuesten Forschungen,
so weit sie bei dem Erscheinen des betreffenden Bandes vor-
lagen , mit kritischem Takt verwertet worden. Alles Un-
sichere und noch nicht Spruchreife ist bei Seite gelassen
worden, was wohl niemand mehr
billigen wird als die Kunsthisto-
riker von Fach, die sich der Ein-
sicht nicht verschliessen, dass
gerade die Grundlagen ihrer Wis-
senschaft durch rastlosen For-
schungstrieb und die daraus ent-
sprungene Zweifelsucht arg ins
Schwanken geraten sind. Viel
schwieriger sind die Biographien
noch lebender, am schwierigsten
die solcher Künstlerzu behandeln,
um die noch ein heftiger Streit
der Meinungen tobt. Aber auch
hier wird man anerkennen müs-
sen, dass immer das Streben nach
Objektivität durch zufühlen ist,
dass der Sparsamkeit im Lobe
auch eine Zurückhaltung im Tadel
gegenübersteht. Ein solches Nach-
schlagewerk soll bei Fragen, die
unsere Zeit bewegen, nur orien-
tiren und informiren, nicht rich-
ten. Die grosse Sorgfalt im Illu-
strationswesen, die das Lexikon
von Anfang an ausgezeichnet
hat, ist auch den auf die Kunst
und die verwandten Fächer be-
züglichen Tafeln und Textabbil-
dungen zu gute gekommen. Von dem alten Bestände an
Tafeln sind nur die für die vorige Auflage neu angefertigten
beibehalten worden, weil sie auch den heutigen Anforderungen
noch vollkommen entsprechen. Völlig neu angefertigt worden
sind die zwölf Tafeln in Holzschnitt, auf denen die Ge-
schichte der Entwicklung der Architektur von den Anfängen
bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts in sehr lehrreicher
Übersicht und in charakteristischen Beispielen vorgeführt
wird. Eine Ergänzung bilden die Specialtafeln „Kölner
Dom", die beiden Tafeln, die eine Obersicht über die Ent-
wicklung des monumentalen Brunnens und des Grabmals
gewähren, und vor allem die Tafeln, die die vornehmsten
monumentalen Bauwerke der Neuzeit in Berlin, Dresden,
Hamburg, Leipzig, München und Wien veranschaulichen.
Eine Probe daraus führen wie unseren Leser vor (Abb. 1).
Von den Tafeln zur Bildhauerkunst ist zwar noch die Mehr-
zahl der alten beibehalten worden; aber auch diese Bilderreihe
hat durch mehrere neue Tafeln, besonders durch eine, die der
Plastik der Gegenwart gewidmet worden ist, eine Verjüngung

und Erweiterung erfahren, wodurch einige empfindliche
Lücken zugedeckt worden sind. Auch dazu ist eine Er-
gänzung in Gestalt einer Doppeltafel mit Medaillen hinzu-
gekommen, deren Ausführung in Holzschnitt auch einen
künstlerisch fein ausgebildeten Sinn befriedigen dürfte (s. zwei
Proben daraus Abb. 2 und 3). Von einer Illustration des
Artikels „Malerei" ist wohlweislich Abstand genommen wor-
den, weil der Farbendruck, der doch nur allein ein annähernd
richtiges Bild von Werken der Malerei geben kann, noch lange
nicht so weit entwickelt ist, um auch nur massigen An-
sprüchen zu genügen. Ein Bilderbuch zu müssiger Unter-
haltung zu sein, will aber das Meyersche Lexikon seiner
ganzen Anlage nach streng vermeiden Dagegen genügt der
Farbendruck bereits zur Veranschaulichung gewisser Zweige
des Kunstgewerbes, wofür z. B. die Tafeln „Emailmalerei",
„Glaskunstindustrie", "„Glasmalerei" und „Ornamente" sehr
achtungswerte Zeugnisse ablegen. Dass Kostümkunde und
Heraldik sehr eingehend berück-
sichtigt worden sind, war schon
ein Vorzug der vierten Auflage.
An Illustrationsmaterial sind in
der fünften noch zwei farbige
Tafeln mit Volkstrachten hinzu-
gekommen. So ist die Leitung
des Lexikons nach allen Rich-
tungen bestrebt gewesen, in die-
sem „Nachschlagewerk des allge-
meinen Wissens" auch dem be-
sonderen Wissen von der Kunst
die ihm gebührende Stelle ein-
zuräumen ! -y-

Abb.

Nordportal am Neubau der k. k. Hofburg.

NEKROLOGE.

0 Der Bildhauer Nikolaus
Geiger ist am 28. November in
Wilmersdorf bei Berlin kurz vor
Vollendung seines 48. Lebens-
jahres gestorben. Aus Lauingen
in Bayern gebürtig, hatte er, als
Sohn eines kleinen Handwerkers,
lange Jahre schwerer Kämpfe
durchzumachen, bis es ihm end-
lich gelang, aus der Menge em-
porzutauchen. Seine künstlerische
Bildung empfing er auf der Münchener Akademie, und wenn
auch sein innerer Trieb nicht mit der damals herrschenden
Richtung im Einklang war, so errang er doch die höchsten
akademischen Preise. Er war schon als junger Mann von
23 Jahren Naturalist im modernen Sinne, und der Zufall
fügte es, dass er seine Kunst zuerst in Berlin, in einem deko-
rativen Kinderfriese für das Tiele-Wincklersche Palais, be-
thätigen konnte. Das war damals in Berlin, wo man Begas
noch mit misstrauischen Augen ansah, etwas Ungewöhnliches
und Ungefälliges, und es fand auch keine Nachahmung.
Geiger musste wieder nach München zurück, und als er zu
Anfang der achtziger Jahre nach Berlin zurückkehrte, hatte
er inzwischen malen gelernt und trat als Bildhauer und
Maler zugleich auf, daneben aber auch als Modelleur für das
Kunstgewerbe. In angestrengter Thätigkeit setzte er sich
endlich durch. Er schuf Büsten, Grabmäler, vornehmlich
aber dekorative Skulpturen, und der Erwerb aus diesen Ar-
beiten ermöglichte es ihm, sich an allen grossen Konkurrenzen
der letzten fünfzehn Jahre zu beteiligen. Seine Entwürfe
 
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