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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0076

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Sammlungen und Ausstellungen.

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Immerhin sind denkwürdige und interessante Namen ver-
treten, gute und bemerkenswerte Blätter in reicher Zahl vor-
handen. Von Inkunabeln ist zunächst das an dieser Stelle
nur als Kuriosität zu betrachtende Werk Senefelders, die
Noten zu „Sechs Variationen von C. M. v. Weber (1800)", zu
erwähnen, dann eine Reihe von Zeichnungen Senefelders.
C. F. Hatnpes „Amor" und „Waldlandschaft" führen uns
schon in das Jahr 1806, sind aber noch schüchtern genug
und auch die Landschaften von Wagenbauer von 1807 be-
wegen sich in demselben Fahrwasser. Aber schon 1818
zeichnete G. Engelmann ein Blatt, wie die „Expedition bei
der Sphynx" nach Granger, das bereits ganz bewusst die
Kreidemanier ausspricht. Von den Franzosen fallen die be-
rühmten Blätter von Delacroix zu Goethes Faust auf, die
schon das Streben nach malerischer, bildmässiger Wirkung
zeigen, das von nun an massgebend bleibt, wenn es nicht,
namentlich im Porträt, einer bewussten Eleganz Platz macht,
wieinden berühmtenBlättern nach WinterhalterschenBMnissen
von G. Feckert, L. Noel oder nach de Dreux von Sonntag.
Adolph Menzel bietet für sich allein eine Geschichte der
Lithographie; von dem Blatte „Der grosse Kurfürst bei Fehr-
bellin (1835) "an ist er fast bis auf unsere Tage als Stein-
zeichner thätig gewesen und hat alle Feinheiten der Mache,
die heute wieder neuentdeckt werden müssen, schon aus-
genutzt, wie in dem berühmten „Jesus im Tempel (1852)".
Von den älteren Deutschen muss noch Strixner genannt
werden, der allerdings sich auf die Reproduktion beschränkte,
hier aber Hervorragendes leistete; als Muster seiner Mache
ist der „Christus" nach Memling (1828) charakteristisch.
Von späteren sei noch Krlehuber genannt. —

Weit wertvoller als die historische Abteilung, die wie
gesagt unter dem Mangel einer historischen Aufstellung
und der Datirungen leidet, ist aber die moderne Abteilung,
welche die Malerlithographie der letzten Jahre in einer
bisher noch nicht gesehenen Vollständigkeit vorführt.
Auch die Anordnung ist hier eine übersichtliche, nach Län-
dern bezw. in Deutschland nach Kunststädten eingeteilt und
zwangslos nach künstlerischen Gesichtspunkten aufgestellt.
Da ist zunächst Berlin, das abgesehen von Menzel fast nur
Bildnisse bringt. Vor allem Ff. Fechner die verschiedener
berühmter Zeitgenossen „Raabe, Virchow, Sudermann, G.
Hauptmann", e tutti quanti in glücklicher Auffassung und
einer einfachen, gelegentlich ganz bildmässigen Manier. Sehr
hübsch ist das „Damenporträt" in zwei Tönen (Nr. 331).
Ismael Genlz bringt ebenfalls meist Bildnisse in solider
Durchführung ohne malerische Prätensionen, und nur
Liebermann hat ausser einem Porträt drei Skizzen gesandt.
Gut gezeichnet und keine üble Satire auf eine neue
Mode ist C. Kappsteins „Manicure et pedicure (Affen)".
Sehr frisch und vielseitig ist die Karlsruher Abteilung. Der
überaus lebendige und gesunde Geist, der fast alle Arbeiten
dieser Kunststadt auszeichnet, macht sich auch hier ange-
nehm bemerkbar. Es hiesse den Katalog abschreiben, wollte
man alle die Künstler und ihre Blätter nennen. Es genügt
zu sagen, dass nichts Minderwertiges von dort gekommen
ist, und das meiste ist originell und erhebt sich über das
Mittelmass. Genannt seien etwa F. Ffein's zum Teil far-
bige Blätter und der hellgestimmte, an Böcklin erinnernde
bildmässige „Frühling" von H. Heyne. Kampmann, Lang-
hein, Naumann-Jena und Hans von Volkmann brachten
gut gezeichnete und stimmungsvolle Landschaften, letzterer
auch eines seiner humorvollen Blätter, das in wenigen Tönen
recht lustig aussieht. Dresden, das sich in den letzten Jahren
lebhaft an den modernen Errungenschaften beteiligt hat,
weist ebenfalls eine ganze Reihe tüchtiger Malerradirer auf,

so vor allen G. Liihrig, der mit einer ganzen Reihe von Ar-
beiten vertreten ist, die von seinem vielseitigen Talent
Zeugnis ablegen. Breit und selbst mächtig in der Wirkung
sind einige seiner Bildnisse, so „Der Schulmeister Stübler",
„Bildnis von Frau Lührig" etc. Etwas gewaltsam ist das
„Gedenkblatt für den Bildhauer Diez". Interessant sind die
Tierstudien von R. Müller und eigenartig wirkungsvoll die
Landschaften von E. Pelikan; H. Ungers Köpfe einer Ita-
lienerin verdienen Erwähnung und ebenso C. W. Wittings
Bildnisstudien. In Düsseldorf, das in der ersten Periode der
Künstlerlithographie bis in die fünfziger Jahre überaus eifrig
die Lithographie pflegte und in der historischen Abteilung
deshalb eine bedeutsame Stellung einnimmt, wird heute leider
recht wenig auf Stein gezeichnet. Der erste, der hier schon
vor einigen Jahren die Steinzeichnung wieder zu selbstän-
digen Originalarbeiten aufnahm, war Alexander Frenz, der
denn auch mit zahlreichen, interessanten Arbeiten vertreten
ist. Es sind meist phantastische Motive, die er in klarer,
einfacher Contourzeichnung, gelegentlich mit kräftig ange-
gebenen Schwärzen auf geschickt getönten (meist allerdings
mit der Hand kolorirten) Gründen hinsetzt. Von früher her
bekannt sind „Der Apfel des Paris", „Eccehomo", „Cantate";
neu „Nach dem Sündenfall" und „Der Verbrecher im Jen-
seits". Auch seine kleineren Blätter sind überaus anmutig
gezeichnet und interessant behandelt. C. Becker, der begabte
Marinemaler, sandte nur ein farbiges und wirkungsvolles
Blatt, während Professor Arthur Kampf eine ganze Reihe
von kräftig gezeichneten, zum Teil dem Leben entnommenen,
zum Teil phantastischen Motiven ausgestellt hat. Sein Bruder
Eugen Kampf und O. Jcrnberg haben einige Landschaften
gezeichnet und E. Mattschass eine bildmässige Scene im
Kostüm des alten Fritz. Die Ausstellungskataloge der freien
Vereinigung sind leider unter Glas gebracht; sie enthalten
die ersten Steinzeichnungen, die schon vor fünf Jahren hier
in Düsseldorf gemacht worden sind, und bilden so recht inter-
essante Sammelbände. Die Titel sind von A. Frenz gezeichnet.
In Frankfurt am Main ist es, wie gesagt, bekanntlich H.
Thoma, der vor einigen Jahren zuerst anfing, systematisch
und in grösserem Massstab die Originallithographie wieder
in den Bereich künstlerischer Behandlung zu ziehen. Es ist
über ihn schon so viel geschrieben worden, dass es genügt
zu bemerken, dass er mit etwa 45 Blättern ziemlich voll-
ständig nach dieser Seite seines Werkes hin vertreten ist. W.
Steinhausen hatte schon in den siebziger Jahren zu litho-
graphiren begonnen, aber da damals seine Bestrebungen
unverstanden geblieben waren, erst jetzt wieder von neuem
begonnen. Vier Blätter von seiner Hand datiren aus den letzten
Jahren. In München ist es besonders Greiner, der durch
seine hauptsächlich zeichnerisch wertvollen, wenn auch ge-
legentlich etwas harten und in der Bewegung seiner Figuren
zu sehr vom Modell abhängigen Steinzeichnungen hervor-
ragt. Neben ihm ist bemerkenswert F. Burger und H. v.
Heider. Storm van Gravesande sendet aus Wiesbaden eine
Reihe etwas flüchtig und breit gezeichneter Arbeiten. Eng-
land, das in der graphischen Kunst immer eine eigenartige
Rolle gespielt hat, scheint sich mit der Lithographie noch
nicht so recht befreundet zu haben. W. Cranes „Bacchantin"
ist in einer contourirten Federzeichnung ausgeführt, die
mehr von einem Holzschnitt hat als von einer Steinzeichnung.
Malerischer arbeiten C. H. Shannon und der geistreiche
Radirer Whistler.

Von grösstem Interesse ist die französische Abteilung,
die in ihren nahezu zweieinhalbhundert Stücken wohl zum
ersten Mal einen ziemlich erschöpfenden Überblick über
die moderne Lithographie in Frankreich giebt. Neben
 
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