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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0119

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Bücherschau.

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und ein Ambon in San Vitale delle Carpinete zuweist, dessen
Namen er vermutungsweise Alberto oder AnselmodaCampione
nennt und in enge Beziehung zum Meister Enrico von Sant'
Andrea in Pistoia und zu Benedetto Antelami von Parma bringt.
Zahlreiche Abbildungen begleiten den Aufsatz und machen
uns mit einem wahren Schatz frühmittelalterlicher Skulpturen
bekannt. Ein umfangreicher, gewissenhaft gearbeiteter Ka-
talog aller Kupferstiche, die das Kabinett des Nationalmu-
seums im Palazzo Corsini an römischen Veduten besitzt, ist
von F. Hermanin bearbeitet und dem Bande als Anhang
unter den „Documenti storico-artistici" beigegeben. Wer
sich mit topographischen Forschungen im alten und neuen
Rom zu beschäftigen hat, wird an der Hand dieses Kata-
loges im wohlgeordneten römischen Kupferstichkabinett nach
seinen Stichen nicht lange zu suchen brauchen. Für eine
Herkulesarbeit ist hier wenigstens schon der erste Grund
gelegt — einmal alle Stiche zeitlich und nach Gruppen zu-
sammen zu stellen, die auf die ewige Roma und ihre Monu-
mente Bezug haben. — Wer sich die Mühe nehmen will, ein-
mal diese drei Foliobände genauer anzusehen, die nun in
drei Jahren einer nach dem anderen immer reicher im Inhalt
und immer gediegener in der Ausstattung vom Unterrichts-
ministerium unter Venturi's Oberleitung herausgegeben sind,
der wird der noch immer hier und da wiederholten Fabel
keinen Glauben mehr schenken, dass man in Italien für die
eigenen Kunstschätze und ihre Erhaltung kein Verständnis
besitze. Unter den Verdiensten Venturi's ist vielleicht keines
grösser als das, gerade hier seinen Landsleuten das Gewissen
erweckt zu haben. Hoffen wir, dass uns der nächste Band
schon über die Erwerbung der Villa Borghese berichten
kann und über die so sehnlichst erwartete Neuordnung der
Uffizien in Verbindung mit der Galerie von Santa Maria
Nuova in Florenz. E. ST.

Festschrift zu Ehren des Xunsthistorischen Insti-
tutes in Florenz, dargebracht vom Kunsthistorischen
Institut der Universität Leipzig MDCCCLXXXXVII.
Leipzig, A. O. Liebeskind.

Fürwahr eine wertvolle Gabe, die das Kunsthistorische
Institut der Universität Leipzig der neuen Stätte kunstge-
schichtlicher Forschung in Florenz zu ihrer Gründungsfeier
dargebracht hat. Wem der Verfasser dieser Einzelstudien
nur aus seinem dickleibigen Melozzo da Forli bekannt ist,
den man niemals ohne einen Seufzer in die Hand nimmt
und dessen Gelehrsamkeit man doch niemals entbehren kann,
wer nur seine breit angelegten Arbeiten über Pinturicchio
kennt, oder die resultatreichen Aufsätze in den Fachzeit-
schriften, den muss die Lektüre eines Buches besonders an-
genehm überraschen, in dem die längst anerkannten Eigen-
schaften Schmarsow's, die gründliche Gelehrsamkeit, die
staunenswerte Kenntnis der Kunstdenkmäler Italiens, sein
scharfer kritischer Blick, sich mit einer formvollendeten,
leicht dahinfliessenden, oft poetischen Ausdrucksweise ver-
binden. Die Aufsätze, welche hier gesammelt, bereichert
und abgeschlossen sind, erschienen alle schon Vorjahren in
Tagesblättern und Zeitschriften populären Charakters, wo
sie natürlich den Fachgenossen zum grossen Teil entgangen
sind. Nur der Anhang ist völlig neu. Eine Bearbeitung
des Museums Lindenau in Altenburg wird hier geboten,
welche die Mitglieder des Kunsthistorischen Institutes unter
Leitung ihres Direktors ausführten, und welche von ihrem
Fleiss und ihren Kenntnissen das rühmlichste Zeugnis ab-
legt. Welcher unter den zahlreichen Schülern Anton Springer's
wird nicht mit dankbarer Freude ein Ereignis begrüssen,
das ihn über das Fortleben der alten glänzenden Tradition

beruhigt, das ihn versichert, der Geist des hochsinnigen
Mannes, des glänzenden Redners, des liebevollen Lehrers ist
noch in der Anstalt lebendig, der er die beste Kraft und
Reife seines Lebens gab? Ein Lobgedicht auf die Floren-
tiner Künstler von Ugolino Verini, von Heinrich Brockhaus
aus der Laurenziana mitgeteilt, leitet die Festschrift aufs
glücklichste ein. Der Inhalt des vornehm ausgestatteten,
reich — aber noch immer nicht reich genug — illustrirten
Foliobandes teilt sich dann im folgenden in zwei Hälften.
Die grössere umfasst „Florentiner Studien", die kleinere
„Italienische Studien in anderen Sammlungen". Die Aus-
wahl ist im allgemeinen aufs sorgfältigste getroffen, nur
dürfte ein Bericht über die Neuordnung Florentiner Museen,
die im Jahre 1892 vorgenommen wurde, im Jahre 1897 einiger-
massen veraltet erscheinen, vor allem da seither in der Arno-
stadt eine ganze Reihe von Problemen, die Aufstellung ihrer
Kunstschätze betreffend, schon gelöst ist, oder doch der
Lösung entgegengeht. Und doch mag sich der junge
Kunsthistoriker, der in Florenz an den Denkmälern der Re-
naissance Geschmack und Auge üben will, die sichere Füh-
rerschaft Schmarsow's durch die Akademie und die Opera
del Duomo wohl gefallen lassen. Werden sich ihm doch „die
Florentiner Studien" überhaupt als zuverlässigste, anregendste
Begleitung erweisen durch die Hauptentwicklungsphasen der
toskanischen Kunst von den Baptisteriumthüren des Andrea
Pisano bis auf den David des Michelangelo. Welch eine
Fülle von Belehrung schöpfen wir ferner aus dem Kapitel
„die Statuen an Orsanmichele", wo in grossen Zügen die
ganze Entstehungsgeschichte dieses volkstümlichsten floren-
tiner Nationalheiligtums entwickelt wird, dessen berühmtes
Tabernakel im vergangenen Sommer wieder im Mittelpunkt
der Lokalpolemik stand, weil man — unglaublich zu sagen
— die zerstörende Hand an das kunstvolle Bronzegitter ge-
legt hatte, welches den Schrein der Jungfrau wahrscheinlich
schon seit Orcagna's Zeiten umschlossen hat. Wie feinsinnig
sind die Bronzereliefs aus dem Leben des Täufers von Andrea
Pisano gewürdigt und erklärt, wie dankbar wird man dem
Verfasser sein für den Wiederabdruck seines Aufsatzes über
Santa Caterina in Antella und die Abbildung der bedeutungs-
vollen Fresken des Spinello Aretino, deren glückliche Ent-
deckung ihm schon vor einem Jahrzehnt gelungen ist. Ob
die Zuerteilung der Terrakottabüste eines jungen Mannes —
Lorenzo di Pier de' Medici, glaube ich, nennt man ihn in
Florenz — an Luca della Robbia allgemeine Zustimmung
finden wird, darf man bezweifeln, ebenso wie die Zuerteilung
der Kaiserkrönung ebendort an denselben Meister. Die Er-
klärung der Darstellung als Kaiserkrönung Karls des Grossen
scheinen die porträthaften Züge des Bischofs sowohl wie des
Kaisers zu verbieten, und wenn die Arbeit ein Werk des
Quattrocento, wieSchmarsow überzeugend nachweist,so bleibt
es unerklärlich, dass der Papst nicht die Tiara trägt. Die
Anregung aber dem interessanten Relief, welches leider sehr
ungünstig aufgehängt ist, mehr Beachtung zu schenken, wie
es bis dahin geschehen, ist damit gegeben. Eine Studie über
das venezianische Skizzenbuch, ein Aufsatz über die italie-
nischen Malerschulen in der Londoner Nationalgalerie nach
ihrer Umgestaltung im Jahre 1887 geschrieben, die gemein-
same Arbeit von Lehrer und Schülern endlich über die
Meister des 14. und 15. Jahrhunderts im Lindenau-Mu-
seum zu Altenburg umfasst den zweiten Teil der Festschrift.
Schmarsow gesteht selber zu, dass das letzte Wort über eine
der schwierigsten Fragen, welche die Jugendentwicklung des
Urbinaten betrifft und in der Bestimmung des venezianischen
Skizzenbuches ruht, noch nicht gesprochen ist. Aber sein
Glaube, dass Raffael selbst den grösseren Teil dieser Blätter
 
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