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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0141

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2Ö5

Vereine und Gesellschaften.

266

Decke hat. Heinrich Basedow (Landschaftsskizzen aus Born-
holm) und Ernst von Saucken-Tarputschen (Wald- und Wie-
senbilder) geben die mit naiver Freude empfangenen Ein-
drücke der Natur fröhlich und unbefangen wieder, ohne sich
um eine Schulmeinung oder -richtung zu kümmern. Der
Dresdener Bildnismaler Felix Borchhardt steht dagegen mehr
auf der Seite der Modernen. Aber er verliert nicht wie
diese auf der Suche nach Lösung von koloristischen Pro-
blemen das psychologische Interesse an der Persönlichkeit,
wofür besonders sein Bildnis des dänischen, in Dresden
lebenden Schriftstellers Gjellerup zeugt, das das Seelenleben
dieser seltsamen Persönlichkeit bis auf den Grund zu ent-
hüllen scheint. Die in Öl gemalten, mit Pastell- und Rot-
stift gezeichneten Bildnisse junger Frauen und Mädchen von
Walter Petersen in Düsseldorf sind freundliche Schöpfungen
eines glücklichen, sonnigen Talentes. Dem ungarischen
Bildnismaler Philipp Läszlö, der mit einer grossen Zahl
von Olbildnissen ungarischer und schlesischer Magnaten
und ihrer Damen, auch mit zwei Bildnissen hoher geist-
licher Würdenträger sehr anspruchsvoll auftritt, kann man
aber nur das Zeugnis eines oberflächlichen, nicht einmal
technisch sehr geschickten Modemalers ausstellen. Sein Ko-
lorit ist flau und schwächlich, seine Charakteristik nicht
sonderlich tief und seinen Damenbildnissen haftet etwas
von der faden Galanterie eines Josua Reynolds an. Der
elfte der Aussteller ist ein Bildhauer Arthur Lewin. In sei-
nen Flachreliefs (Porträtköpfen und einem Bilde zweier
singender Engel) giebt er sich als einen Schüler der Floren-
tiner des 15. Jahrhunderts zu erkennen, aber mehr nach der
Seite des Ghibertischen Spiritualismus. Dagegen schlägt er
in einigen Freifiguren eine kräftigere Tonart an, an der er
zu schnellerer Entfaltung seiner Eigenart festhalten sollte.
— Aus dem übrigen Inhalt der Schulte'schen Ausstellung
muss noch das Bildnis eines preussischen Generals von
Lesser Ury erwähnt werden. Es ist so grundverschieden
von allen früheren Arbeiten dieses Malers, dass wir geneigt
sind, darin ein Symptom der Klärung zu erkennen, die
vielleicht aus einem eigensinnigen Sonderling einen wirk-
lichen Künstler machen wird.

\ VEREINE UND GESELLSCHAFTEN.

Berlin. Kunstgeschichtliche Oesellschaft. In der letzten
Sitzung eröffnete die Reihe der Vorträge Herr Regierungs-
assessor Giehlow. Bei seinem Thema „Dürer als Ägyptologe"
ging er aus von den bekannten Tierzeichnungen Dürer's in
den Sammlungen Mitchell und Blasius, aus deren angeblich
von der Hand Pirckheimer's herrührenden Texten Thausing
und Fphrussi ihre Zugehörigkeit zu einem astrologischen
Werk geschlossen haben. Dabei übersehen beide, dass der
Hund mit der Stola (ehem. bei Mitchell) unter den Tieren
vorkommt, die im Tabernakel auf dem Titel der Ehrenpforte
den Kaiser Maximilian umgeben. Die Erklärung dieser Dar-
stellung giebt Stabius: ein Mysterium altägyptischer Buch-
staben, deren Hieroglyphen den Panegyricus auf den Kaiser
enthielten. Doch bleibt dabei die Bedeutung der einzelnen
Tiere unerklärt. Eine französische Übersetzung vom Hiero-
glyphikon des Horns Apollo aus dem Jahre 1555, deren
Text und Bilder sich mit der Erklärung bei Stabius in Zu-
sammenhang bringen Hessen, darf mit Dürer's Arbeit wegen
des Abstandes von 40 Jahren nicht in direkte Beziehung
gebracht werden. Dagegen deutet eine von Trebatius von
Vicenza im Auftrage Peutinger's verfasste Übersetzung dieses
Buches aus dem Jahre 1515 die meisten der auf den Kaiser
bezüglichen Bilder. Für den Falken auf Maximilian's Haupt

giebt erst der griechische Originaltext die Erklärung. Weitere
Deutungen bietet das Manuskript einer lateinischen Über-
setzung des gleichen Werkes in der Wiener Hofbibliothek,
dessen Titel die Komposition mit dem triumphirenden Kaiser
von der Ehrenpforte wiederholt. In dem Text, der nur
etwa die Hälfte des Hieroglyphikon umfasst, befinden sich
als Illustrationen die meisten der Tiere, aus denen der Triumph
in der Ehrenpforte sich zusammensetzt. Der Hund mit der
Stola steht für „iudex" oder „princeps", der auf der „antiqua
stirps" oder „archaegonia" sitzt; der Stier bedeutet „virilitas
cum modestia", die Füsse im Wasser „impossibile". Dürer,
der aus dem Text des Hieroglyphikon nur die Deutungen
der ägyptischen Hieroglyphen, nicht deren Bilder kennen
lernen konnte, erfand sich mit den Tierdarstellungen für
jenen Sinn seine eigenen Hieroglyphen. — In der darauf
folgenden Beratung über die bereits beschlossene Renaissance-
Ausstellung wird die Comitewahl vertagt. Als Lokal hat
die Akademie ihre Räume für Mai und Juni zur Verfügung
gestellt. Nach den Mitteilungen des Herrn Geheimrat Bode,
der die Leitung übernommen hat, sollen in Anordnung und
Einrichtung die gleichen Gesichtspunkte befolgt werden,
wie bei der Rokoko-Ausstellung der Gesellschaft. — Hierauf
sprach Herr Professor Dr. von Oettingen über Daniel
Chodowiecki's Tagebücher. Unter den bisher angedeuteten
Quellen verdienen die eigenen Äusserungen des Künstlers
vorwiegend Beachtung. Aus der Selbstbiographie hatte
schon die 1895 erschienene Monographie des Vortragenden
Proben gebracht. Neben den von Sohn und Schwiegersohn
gesammelten Anekdoten, dem Briefwechsel mit Künstlern
und Freunden wie Graff (aus den Jahren 1778—1809) und
mit der Gräfin Solms-Laubach (1780—1795), bieten gerade
die Tagebücher mit ihren gewohnheitsmässigen, sorgsamen
Aufzeichnungen viele neue Züge für das Charakterbild des
Meisters. Das ausführlichste umfasst die Zeit von 1770 bis
zu seinem Tode 1801, also die an Thätigkeit und Anerkennung
reichsten Jahre. Es wurde wahrscheinlich packweise unter
die Kinder verteilt, und so zerstreut, wenn auch noch fast
vollständig erhalten. Den Teil aus den Jahren 1770—1774
besitzt die Familie Rosenberger in Kösen, Aufzeichnungen
von 1776—1787 Frau Dr. Ewald und die Erben du Bois-
Reymond's in Berlin, anderes befindet sich im Besitz des
Grafen Dönhoff-Friedrichstein, in der Sammlung Dorgerloh
zu Berlin und in Valparaiso. Der Wert der Aufzeichnungen
ist nicht durchweg der gleiche. In den Jahren von 1770
bis 1780 werden sie knapp und oft lückenhaft, weil in dieser
fruchtbarsten Zeit die Fülle der Aufträge, Emailporträts,
Miniaturen, Kostümzeichnungen und zahlreiche Radirungen
den Künstler in Anspruch nahm. Neben Bemerkungen über
diese Thätigkeit, vor allem über die Technik der Radirung,
stehen Notizen über seine Familie; Berechnungen seiner
Einkünfte aus dem kleinen Kunsthandel und seiner Ver-
mögensverwaltung wechseln mit Notizen über seine Thätig-
keit in bürgerlichen Ämtern als Armenpfleger oder Kurator
von Stiftungen, denen er sich bei seiner Gewissenhaftigkeit
nicht entziehen konnte. Aus seinen Aufzeichnungen über
die Akademie, deren Mitglied er seit 1764 war, lassen sich
die gleichzeitigen unzulänglichen Akten dieses Instituts er-
gänzen, nicht weniger aus den kritischen Bemerkungen über
die Kunst und seine Kollegen in den Briefen an Graff und
die Gräfin Solms-Laubach. — Von seinem reichen Innen-
leben zeugen Selbstbekenntnisse über Religion, durch die
regelmässigen Kirchenbesuche angeregt, auch wohl durch
ergebnislose Gespräche mit dem freigeistigen Nikolai. Da-
neben geben ausführliche Notizen von seiner Dessauer Reise
für Basedow, von zwei Fahrten nach Danzig 1773 und 1780,
 
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