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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0252

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4«7

Nekrologe.

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Emails gefolgt und geben auf alle Fragen Antwort, die der
Forscher aufwerfen kann. Die öffentlichen und privaten
französischen und englischen Sammlungen, sowie die grossen
Versteigerungen sind berücksichtigt worden. Von deutschen
Sammlungen ist nur die Braunschweiger erwähnt, die ein
Bildnis Heinrichs II. besitzt, das nach der Tradition aus der
alten Sammlung des Reisenden Tavemier stammt. Allein
sowohl öffentliche als auch private deutsche Sammlungen
bergen namhafte Werke des Limosiner Hauptmeisters, und
es wäre zu wünschen, dass die Verfasser bei dem Verfolge
ihrer nützlichen Inventarisation der Limosiner Emails auch
gründlich in diesen Sammlungen Umschau hielten. 25 Licht-
drucke und zahlreiche Detailzeichnungen von Wappen, Sig-
naturen u. a. sind dem Buche beigegeben.

London. — Ein neuer Katalog der im British-Museiini
befindlichen Zeichnungen. „The Catalogue of Drawings by
British Artists, and of Artists of Foreign Origin working inOreat
Britain, published by the Trustees." Der vorliegende Katalog
ist von Mr. Laurence Binyon verfasst, und Mr. Sidney Colvin,
der Direktor des Kupferstichkabinets, hat eine sehr geeignete
Vorrede zu dem Werk geschrieben, aus welcher zu ersehen
ist, dass dies Buch 5—6 Bände stark werden soll. Augen-
blicklich ist die Arbeit nur bis zu dem Buchstaben „C" ge-
diehen, da zufälligerweise die ersten Buchstaben des Alphabets
durch die betreffenden Künstlernamen stark in Anspruch
genommen wurden. Wie es kaum anders erwartet werden
konnte, so spielt bei den Erwerbungen der Zufall in Gestalt
von Vermächtnissen, Schenkungen und durch Kauf in den
Auktionen u. s. w. eine grosse Rolle. Es spricht daher nicht
unbedingt für die künstlerische Grösse des Meisters, wenn
eine verhältnismässig grosse Anzahl seiner Arbeiten im
Katalog genannt wird. Hierdurch wird es erklärlich, dass
z. B. die Liste der Werke von William Alexander zwölf
Seiten einnimmt; fast gleich zahlreich ist Ainsley vertreten
Dagegen ist nur eine Zeichnung von dem bedeutenden
Künstler Samuel Austin, Alfred Clint, sowie zwei Arbeiten
von J. J. Chalon und von Sir A. W. Callcott vorhanden.
William Alexander war der erste Direktor des Kupferstich-
kabinets im British-Museum (1808). Von grossem Wert in
historischer Beziehung, wenngleich künstlerisch weniger wert-
voll, sind die Zeichnungen, die ein Bild der topographischen
Verhältnisse Londons geben, und von J. W. Archer's Hand
herrühren. Durch das Testament von George Cruikshank
werden die drei als populäre und beliebte Illustratoren be-
kannten Brüder allein mit 80 Seiten im Katalog bedacht.
Cruikshank lieferte teilweise die Illustration zu Grimm's
Schriften. Sehr wertvoll ist ferner das Vermächtnis von
J. Henderson, der eine vorzügliche Sammlung von Zeich-
nungen David Cox's dem Museum überwies. Erwähnens-
werte Blätter neuerer Künstler sind alsdann die von Caldecott
und Calvert. Historisches Inteiesse bieten die Arbeiten von
Mary Beale, einer Schülerin von Sir Peter Lely. Dieser
stammte aus Soest in Westfalen und war der von
Karl II. am meisten bevorzugte Maler, in dessen Auftrage
er viele Hofschönheiten porträtierte. Unter den 200 Skizzen
von Mary Beale befinden sich die gelungenen Porträts vieler
Zeitgenossen. Einer anderen Gruppe von Meistern, die gleich-
falls Licht auf die Kunstgeschichte Englands ausstreuen,
gehört Robert Byng an. Dieser Künstler war der Gehilfe
von Sir Godfrey Kneller und vollendete meistens die
unfertigen Bilder des letzteren. Es ist das alte Phänomen
in der Kunstgeschichte, dass Schüler oft hinter dem Namen
ihres Meisters verschwinden; denn viele Bilder des letzteren
sind unzweifelhaft auf das Konto seines Schülers Byng zu
setzen. Kneller, den die Engländer als einen der ihrigen

reklamieren, war übrigens ein 1648 in Lübeck geborener
Deutscher. Nach dem Tode Lely's nahm er dessen Platz
ein und wurde ausserdem zum Baron ernannt. Er malte
alle bedeutenden Persönlichkeiten am Hofe Karls II., und so
auch namentlich die zehn berühmten „Hampton-Court-
Schönheiten". Der vorliegende Katalog zeichnet sich durch
grosse kritische Schärfe aus, so dass er jedenfals als ein schätz-
bares Hilfswerk anzusehen ist.

NEKROLOGE.

* , ' Dem jüngst verstorbenen Friedrich Geselschap
hat die Berliner Akademie der Künste eine ganz ausserge-
wöhnliche Ehrung durch einen öffentlichen Nachruf er-
wiesen, in dem der Künstler wie der Mensch eine gleich
liebevolle Würdigung erfährt. Es heisst darin u. a.: „Friedrich
Geselschap war der genialste Vertreter der deutschen Monu-
mentalmalerei unseres Jahrhunderts: eine Künstlerseele, die
aus kleinen Verhältnissen sich emporkämpfte und im Ringen
um das tägliche Brod nie vergass, die höchsten Anforderungen
auch an die geringe Aufgabe zu stellen. Ihm galt noch die
einfältige Wahrheit, dass der Gegenstand der Kunst das
Schöne und Massstab des Schönen die Harmonie sei; dass
aber die Götter den Kranz nur dem gewähren, der im Schweisse
seines Angesichts und in ernster Wahrhaftigkeit dämm ge-
rungen hat. So lässt sich der Mensch in ihm vom Künstler
nicht trennen; dem hohen Fluge seines Genius entsprach
eine reine, einfach und einheitlich empfindende Seele, die
in der Praxis des Lebens dem Goetheschen Ideal entsprach:

„Edel sei der Mensch, hilfreich und gut.".....Der

Triumphzug am Fries des Kuppelsaales der Herrscherhalle
unseres Zeughauses ist ein Hymnus patriotischen Dankes,
wie ihn die grossen Jahre 1870 und 1871 in der Seele des
Künstlers lebendig werden Hessen. Die durchsichtige Klar-
heit des Gedankens, die jeden Kommentar überflüssig macht,
die Schönheit der Formen, der bewegte Rhythmus der
schwebenden Gestalten — das alles vereinigte sich zu einem
Ganzen von nicht übertroffener Wirkung. Man hat ihn
nach Vollendung dieses Triumphzuges wohl den deutschen
Rafael genannt; an die markige Kraft Michelangelos erinnert
„Der Krieg", und die folgenden drei Gemälde „Die Auf-
richtung des Reiches", „Der Friede" und „Walhalla" schliessen
in schöner Einheitlichkeit den Cyklus ab. Für Geselschap
waren die Jahre, welche er dieser Arbeit widmete, eine köst-
liche Zeit des Genusses, wie ihn nur der schaffende Künstler
empfindet; zugleich aber eine Zeit höchster Anspannung
seiner physischen und psychischen Kräfte. Bewunderungs-
würdig ist die vornehme Sicherheit, mit welcher er die
Schwierigkeiten einer für andere Zwecke berechneten Archi-
tektur überwand, epochemachend die Erprobung einer neuen
I arbentechnik, die bewusst auf Effekte des Augenblicks ver-
zichtete, um Bleibendes zu schaffen, und wahrhaft erstaun-
lich die Spannkraft, die ihn ein schweres physisches Leiden,
das jede Bewegung erschwerte, missachten, und das Ganze
trotz allem zu rühmlichem Abschluss gelangen Hess. Nun
aber folgte der Rückschlag. Die politische Wandlung, die
das Jahr 1890 brachte, bekümmerte ihn tief. Er hing mit
der ganzen Leidenschaft, deren er fähig war, am Fürsten
Bismarck, und ein schwerer politischer Pessimismus, der
erst in seinem letzten Lebensjahre zu schwinden begann,
lastete fortan auf ihm." Wie übrigens die Obduktion der
Leiche ergeben hat, litt Geselschap an einer schweren Ge-
hirnkrankheit, die sich schon im Februar als Verfolgungs-
wahnsinn äusserte. Darauf ist auch sein Selbstmord zurück-
zuführen. Die Akademie hielt zu seinem Gedächtnis am
 
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