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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 9.1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.5777#0253

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Personalnachrichten. — Wettbewerbe. — Denkmäler. — Sammlungen und Ausstellungen.

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10. Juni eine feierliche Sitzung ab, in der folgende Beschlüsse
gefasst wurden: 1) Die Königl. Akademie der Künste
wird für die Errichtung eines würdigen Denkmals auf dem
Grabe des Verstorbenen Sorge tragen; 2) sie nimmt eine
Ausstellung seiner Werke im Akademiegebäude in Aussicht;
3) sie wird sich bemühen, die Erwerbung seines künstle-
rischen Nachlasses durch die Königl. Staatsregierung
herbeizuführen.

o" London. — Durch den am 17. Juni erfolgten Tod von
Sir E. Burne-Jones hat die englische Kunst, seit dem Hin-
scheiden von Lord Leighton und Sir John Millais, jedenfalls
ihren schwersten Verlust erlitten. In Birmingham 1833 ge-
boren, und ursprünglich zum Geistlichen bestimmt, verweilte
er doch nur kurze Zeit auf der Universität Oxford. Schon
1856 Hess er sich in London nieder, um sich von nun an
ausschliesslich der Kunst zu widmen. In Oxford hatte Burne-
Jones, mit dem gleichfalls nach London übersiedelnden
William Morris, eine innige, nur durch den Tod ge-
löste Freundschaft angeknüpft. Beide wurden ursprünglich
durch die präraphaelitische Richtung, durch Rossetti und
Ruskin, beeinflusst, indessen gelangten sie in nicht allzu
langer Frist zu selbständiger Kunstentfaltung. Morris war
Künstler, Mäcen und Schriftsteller in einer Person, aber sein
für alle Zeiten dauerndes Hauptwerk bleibt die Begründung
der „Kelmscott-Press". Für die aus dieser Druckerei her-
vorgegangenen Bücher war Burne-Jones einer der hervor-
ragendsten Illustratoren. In Deutschland ist der Meister erst
seit verhältnismässig kurzer Zeit bekannt geworden und zu
Ansehen gelangt, während das Jahr 1889 bereits den
Kulminationspunkt seiner Anerkennung in Paris bezeichnet.
Die Franzosen fühlen, dass Burne-Jones so viel mit Puvis de
Chavannes gemein hat, dass man entweder beide oder
keinen von ihnen bewundern muss. Das Werk, welches
in Frankreich seinen Ruhm begründete, betitelt sich „König
Cophetua". Sein „Chant d'Amour" ist vielleicht dasjenige
seiner Bilder, welches den meisten Farbenreiz besitzt; ausser-
dem hat es den Vorzug eines nicht zu gewaltsam gesuchten
Symbolismus. Am populärsten in England wurde der Künstler
durch seine Serie von Werken „The Briar Rose", zu deutsch
„Dornröschen". Tausende und Abertausende strömten zu
Agnew, um die hier ausgestellten Werke Burne-Jones' zu
bewundern, und wie die Engländer in ihrem Selbstbewusst-
sein sagen: „Keltische Phantasie übersetzt zu sehen in Farbe
und Form einer in Wales entstandenen Legende." In
Deutschland hat wohl am meisten, die, wie mir erinnerlich,
im Jahre 1894 in München stattgehabte Ausstellung von
Zeichnungen, Photographien u. s. w. nach Werken von
Burne-Jones, dazu beigetragen, den Meister einzuführen.
Sein Genius entspringt einer tief poetisch angelegten Natur.
Wenn man Burne-Jones mit einem deutschen Meister ver-
gleichen wollte, so könnte dies nur mit Böcklin geschehen,
obgleich ersterer an Genialität dem deutschen Meister nach-
steht, und auch des dämonischen Zuges in seinen Werken
entbehrt. Er liebt die gesamte Natur, aber seine Natur ist
unberührt von menschlicher Hand, er malt niemals einen
Garten, einen Park oder einen gepflügten Acker. Die Land-
schaft in dem „Spiegel der Venus" ist ein unbewohntes Thal
zwischen Hügeln, schön, aber einsam. Die beiden Bilder
„Chant d'Amour" und „Der Spiegel der Venus" waren die |
einzigen, die zur Auktion gelangten. Ersteres erzielte
63000 M., letzteres in der „Ruston-Versteigerung" 105000 M.
Der Meister stellte nur ein einziges seiner Werke „Die
Sirene" in der Königlichen Akademie, alle anderen in der
„New-Gallery" aus. Zu diesem Institut besass er die intimsten
Beziehungen, während er seine akademischen Auszeich-

nungen und Würden niederlegte. In der „New-Gallery"
fand vor einigen Jahren eine Sonderausstellung der Werke
des Meisters statt. Im Jahre 1860 hatte Burne-Jones eine
Tochter des Rev. Macdonald geheiratet; eine ihrer Schwestern
ist die Mutter von Rudyard Kipling, die andere ist die
Gemahlin von Sir E. Poynter, des Präsidenten der König-
lichen Akademie und Direktors der „National-Gallery". Der
Titel „Baronet", den Burne-Jones 1894 erhielt, geht auf
seinen Sohn Philipp über, der bereits selbst ein tüchtiger
Künstler ist. Der Herzog von Marlborough pflegte den
Meister den „Wagner" in der Malerei zu nennen. In dem
Januarheft 1895 der „Zeitschrift für bildende Kunst" habe ich
ausführlich über Burne-Jones berichtet. Schon bei seinen
Lebzeiten hat er in dem Werke von Malcolm Bell ein blei-
bendes Denkmal erhalten.

PERSONALNACHRICHTEN.

*, * Der Maler Professor Ernst Roeber ist zum ordent-
lichen Lehrer an der Kunstakademie in Düsseldorf ernannt
worden.

't* Dr. Bruno Sauer, ausserordentlicher Professor der
Archäologie und Kunstwissenschaft an der Universität Giessen,
ist zum ordentlichen Professor befördert worden.

WETTBEWERBE.

Madrid. — Zur Zeit der 300jährigen Jubelfeier für
Velazquez, der am 6. Juni 1599 geboren wurde, soll sich ein
Standbild des grossen spanischen Malers vor der Akademie
in Madrid erheben. Eigenartig ist, dass in dem jetzt aus-
geschriebenen Preisbewerb keine Preise vorgesehen sind:
die Ehre, gesiegt zu haben, soll genügen. Man darf ge-
spannt sein, wie zahlreich unter diesen Umständen die Be-
werber sein werden. r. a.

DENKMÄLER.

Rom. — Die Hundertjahrfeier für den Dichter der
Trauer um die nationale Erniedrigung Italiens, den 1798
geborenen Grafen Giacomo Leopardi, hat den Gedanken
eines Denkmals des Dichters und Gelehrten in Rom ent-
stehen lassen. In dem betreffenden Preisbewerb hat der
römische Bildhauer Lorenzo Cozza unter etwa 80 Bewerbern
gesiegt. Dem Denkmalsfonds werden auch die Gelder zu-
fliessen, welche nachgelassene und von der Regierung zum
Druck bestimmte Schriften Leopardi's ergeben werden, v. o.

* ,* Denkmälerchronik. Am 18. Juni ist das von
Professor G. Eberlein in Berlin geschaffene Reiterdenkmal
Kaiser Wilhelms I. in Altona in Gegenwart des Kaiserpaares
enthüllt worden. Prof. Eberlein wurde durch Verleihung
des Kronenordens dritter Klasse ausgezeichnet. — In Prenzlau
in der Mark wurde ein Kaiser Wilhelm-Denkmal enthüllt,
das Prof. Dr. Johannes Schilling in Dresden ausgeführt hat.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN.

<f London. — Jahresbericht der „National Gallery" i8gj.
Die „National Gallery" und die „Gallery of British Art"
stehen beide unter der Oberaufsicht von Sir E. Poynter, und
sind daher die bezüglichen amtlichen Jahresberichte gemein-
schaftlich unter nachstehender Rubrizierung abgefasst: 1. An-
käufe. 2. Vermächtnisse und Schenkungen. 3. Verleihungen
von Bildern an andere Kunstinstitute. 4. Details aus den
Galerien. Angekauft wurden für das alte Museum: „Christus
mit denSchriftgelehrten disputierend", vonLudovicoMazzolino,
für 7000 M. Das Porträt von Edmund Butts, von der Hand
 
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