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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0023

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Literatur

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jassung darbot. Der dritte Band, das als Privatdruck 1904
Herausgekommene »Erotische Element in der Karikatur«
nat bereits eine Geschichte hinter sich. Schon bei der
Ausgabe war es als Subskriptionsdruck vergriffen, dann
wurde die Beschlagnahme ausgesprochen (eine Anordnung,
die insofern keine praktische Bedeutung hatte, als alle Exem-
plare bereits verkauft waren), und schließlich wurde es
nach Anhören der vom Gericht vernommenen Sachver-
ständigen wieder freigegeben. Den zahlreichen Wünschen
nach einem Neudruck konnten Autor und Verleger nicht
Folge leisten, da sie sich verpflichtet hatten, den Band in
der ursprünglichen Form nicht wieder aufzulegen; in-
zwischen stieg der Preis auf das Fünffache und das Werk
wurde damit als Rüstzeug des wissenschaftlichen Inter-
essenten unerreichbar.

Diese Gründe haben zur Herausgabe in der wesent-
lich erweiterten Form geführt, die jetzt unter obigem
Titel erschienen ist. Der Karikatur ist die »ernste Kunst«
vorangestellt, eine Trennung, die sich nicht immer scharf und
mit Glück durchführen läßt. Daß es sich nicht nur um
eine Überarbeitung, sondern fast um ein neues Werk
handelt, zeigt sich schon rein äußerlich: der Inhalt des
ersten Buches ist durchweg neu, aber auch im zweiten
■st fast keine Seite, die nicht eine Umarbeitung oder Er-
weiterung erfahren hat. Den 234 Illustrationen der ersten
Ausgabe stehen jetzt 420 gegenüber, von denen rund 250
neu sind. Also im Abbildungsmaterial hat ebenfalls eine
Sichtung stattgefunden. Fuchs zeigt sich auch in diesem
Bande wieder als der tüchtige Stilist, als den wir ihn
von seinen früheren Schöpfungen her kennen; er weiß das
ernste, und doch so amüsante Thema immer interessant
und fesselnd zu gestalten. Zu den Schätzen aus der
Sammlung Lipperheide, dem Germanischen Museum, den
Kupferstichkabinetten zu München und Berlin, dem Rijks-
museum in Amsterdam und der Pariser Bibliotheque
nationale, die bereits für die erste Ausgabe benutzt wur-
den, sind diesmal die Bestände der Städtischen Kupfer-
stichsammlung in Nürnberg, des Musee Carnevalet in
Paris und besonders die des Museo nazionale in Neapel
hinzugekommen; dem letzteren ist die willkommene Be-
reicherung des Illustrationsmaterials über die grotesken
Phallischen Bronzen und Steinarbeiten des Altertums und
die erotischen Freskogemälde, besonders Pompejis, zu
verdanken. Der Verfasser hat sich auch in diesem Baude
auf Europa beschränkt, die an erotischen Darstellungen
so reiche Kunst der Japaner und Chinesen hat er aus
Gründen, die die Vorrede angibt, nicht mit einbezogen.
Aber wenn sie auch eine andersartige Prägung zeigen,
hervorgerufen durch Kulturbedingungen, die mit der kultu-
rellen Entwicklung Europas nicht zu vereinen sind, so wäre
hei der für uns täglich wachsenden Bedeutung der Ost-
asiaten eine ausführliche Behandlung als Ergänzung zu
seinen andern Werken doch am Platze. Hoffentlich
schenkt sie uns Fuchs später noch. Besonderes Lob ver-
dient die Ausstattung des stattlichen Bandes. Sowohl die
schwarzen wie die farbigen Abbildungen sind vorzüglich
gelungene Reproduktionen der Originale, namentlich bei
den Lithographien ist die höchste Vollkommenheit erreicht
worden. Für diejenigen Illustrationen, die aus der ersten
Ausgabe stammen, sind neue Klischees angefertigt worden,
so daß sich das Werk einheitlich in mustergültiger Aus-
stattung präsentiert. Schulz-Besser.
Kloeppel, Friderizianisches Barock. Fürstliche, kirchliche
und bürgerliche Baukunst vom Ende des 17. bis zum
Ausgang des 18. Jahrhunderts. 80 Tafeln mit beschrei-
bendem Text. Verlag von Weise & Co., Berlin W. 62.

Wie aus dem Untertitel schon hervorgeht, bringt das
orllegende Tafelwerk nicht bloß die Bautätigkeit der

friderizianischen Zeit zur Anschauung, sondern es bietet
— und zwar zum erstenmal zusammenhängend — einen
Uberblick über die gesamte Bautätigkeit der Hohenzollern
vom Ende des 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.
Den achtzig schönen Lichtdrucktafeln ist eine kurze Ein-
leitung beigefügt, die übersichtlich die Wirksamkeit der
Hauptarchitekten schildert, die unter den verschiedenen
Herrschern gearbeitet haben. Unter dem Großen Kur-
fürsten: Memhard, Nering, Rüdger von Langesfeld; unter
Friedrich I. : Nering, Schlüter, Eosander, de Bodt; unter
Friedrich Wilhelm I.: Grael, Gerlach, Wiesend; unter
Friedrich dem Großen: Knobelsdorf, Boumann, Büring,
Gontard, Unger; unter Friedrich Wilhelm IL: Langhans.

Was man erst nach längerem Aufenthalt in der Berliner
Gegend widerwillig einsehen lernt, leuchtet einem beim
Studium dieses Werkes sofort ein: daß nämlich, so viele
Künstler verschiedener Nationalitäten und Bauschulen zu
so verschiedenen Zeiten unter verschieden gearteten Herr-
schern hier auch gewirkt haben, dennoch alle ihre
Bauwerke ein gemeinsamer Grundzug verbindet. Zur Zeit
des Großen Kurfürsten herrschte das holländische Element
vor, zur Zeit Friedrichs I. das italienische (neben dem
französischen und holländischen), zur Zeit Friedrich Wil-
helms I. das holländische und französische, zu Friedrichs
des Großen Zeit das französische und später der englische
Palladianismus, zur Zeit Friedrich Wilhelms II. wirkte der
Pariser Klassizismus. Und doch erhalten wir ein einheit-
liches Bild. Es gibt einen Berliner Barock, so wie es
einen rheinischen oder einen Wiener Barock gibt. Hieran
spüren wir die rätselhafte Kraft des Bodens, der sich
nichts entziehen kann, die eigentümliche Atmosphäre, die
jede Stadt, sofern sie überhaupt Kultur hat, die jede
Landschaft ausströmt und die alles, was von außen herein
kommt, auf ihren Ton abstimmt, so daß es Wurzeln
schlagen muß. Rom ist hierfür vielleicht das deutlichste
Beispiel, kaum einer der Künstler, die die römische Kunst
geschaffen haben, ist dort geboren; dies findet sich in den
nachgelassenen Vorlesungen Riegls (die Entstehung der
Barockkunst in Rom, Wien, 1908) ausgeführt. — Es ist
nicht nur die sparsam nüchterne, aber großzügige Formen-
gebung, die der Berliner Baukunst ihren Charakter gibt,
auch das Material, der gelblich-graue Putz und die braun-
rote Schindelbedeckung, tragen dazu bei, wie man in
Potsdam sehen kann.

Wenn man dieses »Rassige« der früheren Berliner
Baukunst erkennt, so muß man bedauern, daß es
sich heute so ganz und gar verloren hat. Aber es ist
kein Zweifel, daß die alten Bodenkräfte an zu treiben
fangen, daß die Künstler, auf die wir unsere Hoffnung
setzen, die abgerissenen Überlieferungen wieder gewinnen
werden und daß Berlin eine neue Baukunst neben seine
alte stellen wird, die vielleicht deshalb nur noch groß-
artiger werden wird, weil sie ein freier Bürgerstand ins
Leben ruft. Es sei nur an Messels letzte Phase erinnert,
an den Neubau von Schulte und die Nationalbank,
oder an ein Durchschnittswerk, wie das Hotel Adlon an
Stelle von Schinkels Palais Redern: stellen sich diese
Bauten nicht unmittelbar neben die Immediatbauten, die
der König durch Gontard, Langhans, Unger und Gilly

bauen ließ ? Hermann Schmitz.

Mela Escherich, Die Schule von Köln. Straßburg.
J. H. Ed. Heifz (Heitz & Mündel). 1907. (Studien zur
Deutschen Kunstgeschichte, Heft 89.) Preis 6 Mark.
Die Arbeit fußt im ganzen auf den bekannten Resultaten
der gangbaren bisherigen Literatur über die altkölnische
Malerschule, ohne daß ihre Verfasserin auf selbständige
Forschung und Meinungsäußerung verzichtet hätte. Daß
das Buch aus einer Reihe von Vorträgen entstanden ist,
 
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