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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Schmidt, Karl Eugen: Der Pariser Herbstsalon
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0035

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Der Pariser

Herbstsalon

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von d'6 cnen von Toledo nicht kennen, eine Idee

, Art dieses höchst besonderen Meisters zu
?, en; weit größer ist die Auswahl der Arbeiten des

arseillers Adolph Monticelli, der wie El Greco erst
n den letzten Jahren zu Ruhm und Schätzung gelangt

. Monticelli ist der Maler par excellence, für ihn
existiert überhaupt nur die Farbe. Man könnte ihn
en Feuerwerker der Malerei nennen, denn ein jedes
seiner sprühenden und funkelnden Bilder ist ein pyro-
ecnnisches Bouquet. Mitunter erinnert er an andere
|e _ Koloristen des neunzehnten Jahrhunderts:-an
in f - "Ränder Turner, an Diaz, unter dessen Namen
sei rU .?n Jahren, als Monticelli noch unbekannt in
« ,e!" sudfranzösischen Heimat lebte, viele seiner
eiten auf den Kunstmarkt kamen, oder auch an

lem, der in manchen seiner schillernden Bilder von
Venedig mit Monticellis Farbenpracht wetteifert. Noch
Zwei andere retrospektive Ausstellungen sind da; die
ejne gilt dem Maler und Radierer Jean Francois
Uiifflart, 1825—1901, die andere dem Radierer Rudolf
oresdin, 1822—1885. Beide waren keine Führer,

.rmer und Dränger, und es wird ihrem Andenken
mcht sehr viel nützen, daß man einige ihrer besten
fachen jetzt zusammengebracht hat: tüchtige, gewissen-
hafte, talentierte Künstler, aber keine genialen Bahn-
brecher, vielleicht Falken oder Sperber, aber keine
Adler. Auch die Kollektivausstellung inländischer
Kunst ist nicht besonders interessant, weil die meisten
der daselbst vertretenen Künstler zu den regelmäßigen
Gasten der Pariser Salons gehören, so daß sie uns
hier nichts Neues zeigen.

Kommen wir nun endlich zu den eigentlichen
Merbstausstellern: am besten ist das Bildnis vertreten,
außerdem gibt es einige sehr gute Darstellungen von
Land und Leuten, und endlich sind einige dekorative
Malereien bemerkenswert. Unter den Porträtisten haben
J-Jaudio Castelucho und Albert Belleroche einige der

esten Arbeiten gesandt, Belleroche ein weibliches

°rträt, meergrünes Kleid in herbstlich rotgelber Ura-
s Ung, Castelucho eine sitzende weibliche Figur in
sa und Lila, außerdem eine prachtvoll gemalte weib-
, e Studie am Meeresstrande. Vortrefflich ist auch

as auf grün gestimmte, von gelblich-weiß bis zu
jaunschwarz gehende Bildnis von Simon Bussy und
1 e dekorativ wirkende Biedermeiergruppe von

Mant m V°n ^ülow. Le°n Cauvy bleibt der spanischen
verd a *reu> der er schon mehrere Ausstellungserfolge
au .> Maxime Dethomas ist wieder mit mehreren
BilchV ' ten farbigen Zeichnungen, darunter die
vertr fSSe ^ Schauspielerinnen Polaire und Dieterle
, en> Rudolph Fornerod hat außer einem sehr
1,.."» an die saftigen Sachen Cezannes erinnernden

"'•eben zwei lebendige und frische weibliche Porträts
gesandt, der Irländer Gerald Kelly eine junge Dame
Weißgelb auf braun, sehr vornehm zusammen-
gestimmt, und alles in allem gewinnt man den Ein-
ar«ck, daß das Bildnis die stärkste Seite des Herbst-
salons ist.

Künstler haben dekorative Gesamtwerke aus-
Ut t Maurice Denis und Rene Piot. Maurice Denis
auf die wirklich recht gewagte Idee verfallen, die

aber vermutlich noch lange unsere Maler reizen wird,
nach so vielen anderen Meistern das Märchen von
Amor und Psyche zu einem Zyklus von Wandgemälden
zu benutzen. Wenn man diese Sachen sieht, muß
man, wollend oder nicht, an die Farnesina und auch
an Moritz von Schwind denken, und da hat Denis
einen harten Stand. Nicht nur steht er an Erfindungs-
gabe weit hinter Raffael und Schwind, so daß seine
Kompositionen etwas Gequältes und Mühsames haben,
sondern auch seine Farbe ist gerade in diesen Arbeiten
recht unleidlich. Schon immmer hat er jene rosig-
bläulichen Töne bevorzugt, welche unsere Augen
quälen wie Essig unsere Zähne, aber hier ist das ganz
besonders stark fühlbar. Die Sachen sind ja sehr hell
und froh, wie alles von Maurice Denis, aber angenehm,
dem Auge schmeichelnd sind sie nicht im geringsten,
und viel eher könnte man das Gegenteil behaupten.
Im Beiwerk zudem, wo sowohl Raffael als auch
Schwind überaus reizend, leicht und gefällig wirken,
ist Denis schwer, plump und reizlos. Alles in allem
ein großer Fehler von ihm, uns den Vergleich mit
Raffael und Schwind aufzuzwingen.

Rene Piot arbeitet in einer ganz anderen Note. Er
geht finsteren und schwermütigen Träumen nach und
kleidet diese folgerichtig in düstere Farben und schwere
Formen. Obendrein hat er sich als Thema gar die Aus-
malung einer Grabkammer gewählt, wozu freilich
seine Farben und Linien vortrefflich passen. Asche
zu Asche, Erde zu Erde, das ist die Signatur dieser
Malerei, bei deren Anblick einem wirklich zu Mute
wird wie einem Leidtragenden, der den Friedhof
besucht. Auch Vallotton hat wieder ein dekoratives
Gemälde ausgestellt: die vom Stiere entführte Europa.
Es ist zu bedauern, daß Vallotton absolut malen will,
seine Zeichnungen und Holzschnitte hatten etwas
apartes, und diese Technik schien seiner Begabung
besonders gut zu liegen. Als Maler leistet er nur recht
Zweifelhaftes, denn seine Farbe ist unerträglich trübe
und schwer. Die nackte Europa ist nicht von Fleisch, das
Meer nicht aus Wasser, der Himmel nicht aus Luft,
sondern alles ist Erde, gebrannte Erde, leblos, kalt
und schwer, und wenn man die Zeichnung bewundern
möchte, wird man von der Malerei immer aufs neue
abgestoßen. Sehr prächtig wirken die dekorativen
Arbeiten von Manzana-Pissarro, dem Sohne des im-
pressionistischen Malers Pissarro. Manzana scheint
sein ganzes Bild mit Gold zu untermalen, das dann
besonders im Fleische hervorglänzt. Es entsteht dabei
eine seltsam prächtige Koloration, die dem Gegen-
stande, zumeist orientalischen Szenen, die an Tausend-
undeine Nacht erinnern, ausgezeichnet angepaßt ist.
Cherets überaus reizendes Pastell, eine Gesellschaft
von Damen in einem Parke darstellend, ist schon
erwähnt worden.

Alice Dannenberg hat wieder mehrere Szenen
von dem Kinderspielplatze im Luxembourg-Garten aus-
gestellt, außerdem ein Interieur mit einem badenden
Kinde, das seine Puppe wäscht, sehr geschickt und
geschmackvoll aufgefaßt. Ähnliche Themata behandelt
mit gleichem Glücke Martha Stettier, während der
Amerikaner Georges Oberteuffer, den wir schon bei
 
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