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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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139

Denkmäler — Ausgrabungen — Funde — Ausstellungen

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DENKMÄLER
X Ein Denkmal [Moses Mendelssohns wird in
diesen Tagen in Berlin enthüllt, in der Großen Hamburger-
straße, auf dem Platze vor einer Knabenschule, in der
Nähe des Friedhofs, auf dem der Philosoph begraben ist.
Das einfache Monument, das vom Bildhauer Rudolf Mar-
kuse stammt (er gewann den Preis bei einem Wettbewerb
in diesem Frühjahr), zeigt auf einem Sockel aus grünem
Dolomitgestein eine Bronzebüste Mendelssohns. In der
Modellierung des Kopfes hat sich Markuse streng an die
berühmte Mendelssohnbüste J. P. A. Tassaerts gehalten,
deren Marmororiginal sich im Besitz der Berliner jüdischen
Gemeinde befindet, und von der ein Bronzeabguß seit zwei
Jahren in der Nationalgalerie steht.

AUSGRABUNGEN

Herkulanum. Eine Ministerialkommission, an der
Prof. Giulio de Petra, Giacomo Boni, Prof. di Lorenzo
(Dozent der Geologie an der Universität in Neapel) und
zwer Ingenieure teilnehmen, hat den Auftrag bekommen,
genau das Problem der Ausgrabung von Herkulanum zu
studieren. Die Kommission soll auch entscheiden, ob
man die Ausgrabungen von der Erdoberfläche, d. h. nach
Abtragung des modernen Ortes Resina aus vornehmen
soll, oder auf unterirdischem Wege durch Tunnels. So
wie schon seinerzeit das Anerbieten Herrn Waldsteins,
hat jetzt die italienische Regierung die Offerten der ameri-
kanischen Cambridge Company, welche Herkulanum mit
der Leitung amerikanischer Kohlengrubeningenieure aus-
graben wollte, nicht angenommen. Das Unterrichtsministe-
rium hat in seinem Budget für das Jahr 1909 die zum
Beginn der Ausgrabungen nötigen Fonds bestimmt.

Pozzuoli. Die von Prof. Gabrici geleiteten Aus-
grabungen in Cumae haben zur Auffindung der alten Ne-
kropolis der Stadt geführt. Etwa zwanzig Gräber sind
entdeckt worden und man hat Aussicht auf eine reiche
Beute besonders archaischer Gegenstände.

FUNDE

X Im Nonnenkloster S. Girolamo bei Florenz,

hoch oben auf der Akropolis von Fiesole, dicht unter
S. Francesco, hat," wie uns mitgeteilt wird, eine junge
Kunsthistorikerin, Fräulein M. E. Eichhorn, in einer sehr
alten kleinen Kapelle, die , heute völlig von Ställen und
anderen Baulichkeiten • des Pächters des Gartengeländes
umbaut ist, Freskomalereien entdeckt, die dem Ver-
nehmen nach von'Florentiner Kennern lauf Arbeiten aus
dem Trecento geschätzt werden. Neben einer Verkündigung
und einer Darstellung Christi als Lehrer soll besonders
eine Pietä von Wert sein, bei der die Köpfe Christi und
Mariä gut erhalten sind, während alle drei Bilder sonst
vielfache Spuren der Zerstörung aufweisen. Gegenwärtig
werden die Malereien, wie man hört, zunächst einmal von
sachkundiger! Hand gesäubert und auf ihre technische
Beschaffenheit wie auf ihren Zustand untersucht. Wir
werden auf die Angelegenheit noch zurückkommen.

AUSSTELLUNGEN
X Die Winterausstellung der Berliner Sezession,

wie stets den »Zeichnenden Künsten« gewidmet, ist am
5. Dezember eröffnet worden. Sie ist so reich, mannig-
faltig, anregend und amüsant wie kaum je zuvor und umfaßt
eine Uberfülle ernsthaftester und heiterster Ergötzlichkeiten;
der Katalog steigt über die Zahl 1400 hinaus. Im Mittel-
punkt steht wieder ein historischer Schutzherr und Mahner:
eine große Kollektivausstellung von Zeichhungen, Aquarellen,
Lithographien, Studien von Franz Krüger, 275 Nummern

aus Privatbesitz in Berlin, Dresden, Dessau, Hannover,
Guben, Breslau, Mannheim usw., eine Zusammenstellung
von Werken dieses Menzelvorgängers, die kunstgeschicht-
liche Bedeutung beanspruchen darf. Aus der übrigen Aus-
stellung ragt ein Saal mit Originalen der Simplizissimus-
zeichner, in dem namentlich der verstorbene Rudolf Wilke
zu hohen Ehren kommt, sodann eine große und großartige
Sonderausstellung von Radierungen und entzückenden neuen
Pastellen Max Liebermanns, die neuen Märchenzeichnungen
von Max Slevogt, die Arbeiten von L. von Hofmann, Corinth,
Kate Kollwitz, Zille und aus dem Nachlaß von Leisiikow
hervor. Daneben treten zahlreiche Mitglieder der jüngeren
Generation mit tüchtigen und frischen Proben auf; darunter
an erster Stelle Ernst Barlach mit seinen realistisch-karikatur-
haften, rassigen Darstellungen russischer Bauern- und
Volkstypen. Barlach hat dann zu der sorgsam zusammen-
gestellten Abteilung von Kleinplastiken (80 Nummern)
wieder einige seiner witzigen Skulpturen aus demselben
Stoffkreis beigesteuert. Aquarelle und Pastelle, auch einige
Temperabilder bringen bunte Abwechslung in das Schwarz-
Weiß. Ein einziges Ölbild nur ward zugelassen: ein (auch
den Kennern noch unbekanntes) frühes Porträt Bismarcks
von Franz Krüger. Wir kommen auf die außerordentlich
interessante Ausstellung noch ausführlich zurück.

X Das Hohenzollern-Kunstgewerbehaus in Berlin be-
reitet für den Januar eine Ausstellung mit dem Titel »Die
Dame in Kunst und Mode« vor. Es hat sich zur Durch-
führung des originellen Planes ein Arbeitskomitee gebildet,
dessen Vorsitzende Frau von Moltke, die Gattin des
preußischen Ministers des Innern, ist, und der unter an-
deren Curt Herrmann, Arthur Kampf, Felix Poppenberg,
R. A. Schröder, Oskar A. H. Schmitz angehören.

Freiburg i. B. Die Ausstellung alter Gemälde
aus Privatbesitz, die in dieser Woche geschlossen wurde,
hat während ihrer ganzen Dauer, seit dem 8. November,
eine starke Anziehungskraft ausgeübt. Von auswärts kam
zahlreicher Besuch, sogar hoher und höchster von den
großen Museen. Die Freiburger selbst fühlten sich sicht-
lich wohl in dieser improvisierten Gemäldegalerie, die man
im altehrwürdigen Kaufhaus auf dem Münsterplatz unter-
gebracht hatte. Der Gedanke war vom hiesigen Frauen-
klub angeregt, der das Erträgnis zur Erweiterung eines
Heims für Lehrerinnen und Studentinnen verwendet.
Die Ausführung übernahmen Professor Dr. Satter und
Privatdozent Dr. Gramm. Wenn die etwa 180 Nummern
zählende Ausstellung noch kein erschöpfendes Bild des
hiesigen Privatbesitzes zu geben vermochte, so wurde doch,
was sie brachte, allgemein mit Überraschung und Befrie-
digung aufgenommen. Gern stellte man bei dieser Ge-
legenheit mehrere Fragmente der einst berühmten v. Hir-
scherschen Sammlung fest, die sich von verschiedenen
Seiten her wieder zusammengefunden hatten. Die wert-
vollsten Beiträge lieferten neben einer Auswahl aus städti-
schem Besitz die Kollektionen Vincent Mayer und Dr. Gaß
(Niederländer). Die Anordnung war so getroffen, daß auf
jeder Seite des Kaisersaales eine geschichtliche Demon-
stration gegeben wurde, auf der Südseite die Eniwickelung
der italienischen, auf der Nordseite die der deutschen und
niederländischen^ Malerei. Zwischen beiden Reihen ver-
mittelten die italienisierten Nordländer, denen auch der
südliche Nebenraum gewidmet war, während nach Westen
zu ein durch seine kleinen Abmessungen und durch allerlei
Ausstattungskünste intim wirkendes Kabinett dem 18. Jahr-
hundert diente. Man hatte das Jahr 1800 als Zeitgrenze
angenommen.

Unter den Italienern verdient Erwähnung eine kleine
hochdramatische giotteske Kreuzigung (Giottino?), eine
feintonige Madonna mit Sebastian und Rochus in der Art
 
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