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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Vereine — Vermischtes — Goya und Philostrat

208

Anton Graft, Libert Oury vermachte das Selbstbildnis des
Dresdner Genremalers Gustav Eduard Seydel (1822—81).
Endlich wurden noch zwei Landschaften von dem Dresdner
Leibarzte, Schriftsteller und Maler Dr. C. G. Carus (1789
bis 1809) erworben, der mit Caspar David Friedrich be-
freundet war und sich auch als Maler in der gleichen
Richtung wie dieser betätigt hat, auch als Schriftsteller
für die Stimmungslandschaft in bemerkenswerten Werken
eingetreten ist. Das eine der beiden Bilder stellt Florenz
dar, das andere eine farbenfrische Landschaft in Hoster-
witz bei Dresden.

Das im Dezember bei Lepke in Berlin in der Sammlung
Charles Turner versteigerte niederländische Triptychon
vom Anfang des 16. Jahrhunderts (etwa aus der Umgebung
des Herri met de Bles) haben die Besitzer des Hauses
Lepke, die Herren Wolffenberg, in Gemeinschaft mit dem
bekannten englischen Händler Murray Marks dem Berliner
Kaiser-Friedrich-AIuseum geschenkt.

Das Berliner Kunstgewerbemuseum bereicherte
seine Ornamentstichsammlung durch einen schönen und
durch seine Herkunft sehr seltenen Einband. Es ist ein
Stück aus der Bibliothek Katharina von Medicis, der Ge-
mahlin Heinrichs II. von Frankreich.

Für das künftige Deutsche Museum in Berlin sind
ausgezeichnete Täfelungen und andere Dekorationsstücke
aus dem Schloß Triebenbach in Bayern erworben worden.
Dieses Schloß Triebenbach stammt aus dem 13. Jahrhun-
dert, liegt im Bezirksamt Laufen und gilt als eine der
interessantesten Ritterburgen, deren Herren einst die Ge-
schlechter v. der Alm und von Nothaft waren.

Köln. Das Wallraf-Richartz-Museum in Köln hat das
»Bergfest« von O. Schinnerer erworben. Dies ist unseres
Wissens das erste Bild, das in einer öffentlichen Galerie
den feinen jungen Künstler vertritt, auf den in der
»Zeitschrift für bildende Kunst« bereits im Jahre 1906
unter Beifügung zweier Originalradierungen und neuer-
dings von W. von Seidlitz ebendaselbst die Aufmerksam-
keit gelenkt wurde.

Das Bayerische Nationalmuseum in München ist
durch zufällige Auffindung einer vergessenen Büste in den
Besitz eines sehr wertvollen Objektes gekommen. Es
handelt sich um die lebensgroße Porzellanbilste des Grafen
von Helmhausen, des Begründers der Nymphenburger Por-
zellanfabrik. Das 1770 entstandene hervorragend schöne
Stück ist ein Werk des Modellmeisters Dominicus Auliczek
des Alteren.

Durch die Presse ging vor einiger Zeit die Nachricht,
daß in der Petersburger Eremitage sich eine Unzahl
gefälschter Werke alter Kleinkunst befänden. Herr Pro-
fessor Dr. Justus Brinckmann stellt demgegenüber fest,
daß er selbst Gelegenheit hatte, im letzten Juli die Elfenbein-
schnitzereien, auf welche sich jene Verdächtigungen be-
ziehen, in Petersburg zu untersuchen. Er fand, daß viele
Stücke offensichtlich Ergänzungen aus dem 19. Jahrhundert
tragen. Diese Ergänzungen seien aber nicht als Fälschungen
zu bezeichnen, sondern im Gegenteil, der Ergänzer hätte
seine Zusätze deutlich markiert und sogar seinen Namen
und seine Adresse auf den Ergänzungen angebracht.

VEREINE

Unter dem Vorsitz des Professors Th. von Gosen hat
sich in Breslau ein »Künstlerbund Schlesien« gebildet.

VERMISCHTES

Wie bekannt, ist Michelangelos »David« im Auftrag
der florentinischen Behörden durch den Bildhauer Fanfani
in Originalgröße in Marmor kopiert worden, damit diese
Kopie auf dem ursprünglichen Platz, den das Original vor der
Signoria bis 1873 inne hatte, aufgestellt wird. Da die Kopie
jetzt beendet ist, wird wohl die Aufstellung nächstens erfolgen.

In Hamburg wurde kürzlich bei den Mitgliedern
des Vereins für Hamburger Geschichte die Erinnerung an
den Schuhmachermeister Loewendei aufgefrischt, der, ohne
jemals einen Lehrer gehabt zu haben und ohne sein Hand-
werk zu vernachlässigen, in den siebziger und achtziger
Jahren eine Masse malerischer Ansichten vom alten Ham-
burg schuf, die jetzt im Hamburgischen Staatsarchiv auf-
bewahrt werden und neben ihrem Kuriositätswert auch
einen bleibenden kulturhistorischen haben.

Der Maler Manuel Wielandt hat sich bei den ab-
sprechenden oder zweifelnden Kritiken, die seine Entdeckung
Tizianischer Imperatorenbilder in der Münchener Residenz
gefunden hat, nicht beruhigt. Er wird nächstens eine
Denkschrift herausgeben, mit der er nicht nur die bisherigen
Einwände seiner Gegner zu entkräften trachtet, sondern
auch eine sehr große Fülle von zustimmenden Gutachten
bekannter Maler beibringen wird.

GOYA UND PHILOSTRAT.
Eine kurze Replik von Gottfried Eissler.
In der letzten Dezembernummer der »Zeitschrift für
bildende Kunst« veröffentlicht Herr Professor Richard
Foerster unter dem Titel »Goya und PhilostraU einen Ar-
tikel, in welchem er den Nachweis zu führen trachtet, daß
eine im Besitz von Don Aureliano de Beruete in Madrid
befindliche Kreidezeichnung von Goya, darstellend das
Haupt eines schlafenden Riesen, welches von einem Ge-
wimmel von Zwergen umgeben und erklettert wird, dem
Künstler durch eine Episode aus »Gullivers Reisen« inspi-
riert worden sei. Dieser Nachweis ist nach meiner An-
sicht dem Herrn Verfasser vollkommen geglückt. Inwie-
fern aber der von Goya der Zeichnung unterschriebene
Titel zur Lösung der Frage beigetragen haben soll, ist mir
ganz unverständlich. Übrigens lautet diese Unterschrift
nicht »Gran Coloso dun nudo«, wie sie Professor Foerster
liest, sondern »Gran Coloso dormido«. Daß letztere Les-
art die richtige ist, beweist erstlich die nicht zu verkennende
Form des Buchstaben m in dormido, dann vor altem die
Darstellung selbst, welche uns nur das Haupt eines schlafen-
den Riesen, nirgends aber seinen nackten Leib zeigt. Also
wo bleibt da der »nudo«? Ich glaube, wir tun am besten,
endgültig auf ihn zu verzichten, gleich unserem Meister,
und begnügen uns — wieder, wie Goya es tat — mit dem
schlummernden Haupt des »Gran Coloso dormido«.

Der heutigen Nummer der »Kunstchronik« liegt
ein illustriertes Verzeichnis von
Originalradierungen zeitgenössischer Künstler
bei, das freundlicher Beachtung empfohlen wird.
Die Blätter sind durch jede Buch- und Kunst-
handlung zu beziehen, sowie direkt von der

Verlagsbuchhandlung E. A. Seemann, Leipzig

Inhalt: Ausstellung chinesischer Gemälde in der Kgl. Akademie der Künste zu Berlin. Von Oscar Münsterberg. — Neues aus Venedig._ Von
August Wolf. — Albert Kretschmar f. — Personalien. — Wettbewerb für den Neubau des Landtagsgebäudes in Oldenburg. — Munster
zu Ulm; Rheinische Königsschlösser; Dom zu Toledo; Gemusterte Zementziegeldächer. — Tuaillons Denkmäler für Köln a. Rh.; Büste
von Puvis de Chavannes; Busch-Denkmal in Wiedensahl. — Ausstellungen in Berlin, New York, Weimar, München, Frankfurt, Paris,
Wien, Düsseldorf. — Erwerbungen der Kgl. Gemäldegalerie zu Dresden, des Kaiser-Friedrich-Museums, Kunstgewerbemuseums und
Deutschen Museums in Berlin, des Wallraf-Richartz-Museums in Köln, des Bayerischen Nationalmuseums in München; Oefalschte Werke
alter Kleinkunst in der Petersburger Eremitage. — »Künstlerbund Schlesien«. — Vermischtes. — Ooya und Philostrat.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. g. m. b. h. Leipzig
 
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