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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Ausstellungen

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berührt es, daß die günstige Wendung in der Angelegen-
heit auf ein Vorgehen seitens der Mediziner zurückzuführen
ist; denn es steht fest, daß es gerade eine Gruppe der
einstigen Kollegenschaft Virchows war, die sich mit der
künstlerischen Eigenart von Klimschs Denkmalsentwurf nicht
befreunden konnte und ihren Einfluß am Hofe in diesem
Sinne geltend machte.

X In Weimar hat sich ein Komitee gebildet, um die
Vorbereitungen für ein Wildenbruch-Denkmal in die
Wege zu leiten.

X Der Berliner Magistrat hat den Antrag des Aus-
schusses zur Errichtung eines Theodor-Fontane-Denk-
mals, für dies Standbild den Platz an der Königin-Augusta-
Straße freizugeben, auf dem sich zurzeit die kleine Mar-
morfigur einer Nymphe von Calandrelli befindet (die dann
einen anderen, passenderen Platz erhalten hätte), abgelehnt.
Dem Denkmalausschuß ist anheimgegeben worden, eine
andere geeignete Stelle in Vorschlag zu bringen.

AUSSTELLUNGEN

X Die Schadow-Ausstellung der Berliner Aka-
demie, auf die schon in der vorigen Nummer kurz hin-
gewiesen wurde, ist inzwischen eröffnet worden. Sie prä-
sentiert sich als ein Unternehmen von größter Bedeutung
und stellt alles in Schatten, was den norddeutschen Kunst-
freunden und Forschern seit der Jahrhundertausstellung an
historischen Veranstaltungen beschieden ward. Das Lebens-
werk Johann Gottfried Schadows ist hier in einer Weise
zu neuem Dasein erweckt, wie es in der Vergangenheit,
zu des Meisters Lebenszeiten wie nach seinem Tode, keiner
überblickte, und wie es unter den Heutigen niemand kennt
bis auf den unermüdlichen Kunstgelehrten, der seit Jahr
und Tag seine Arbeitskraft Schadow widmet: Dr. Hans
Mackowsky. Ihm, sowie dem Präsidenten und dem Sekre-
tär der Akademie, Arthur Kampf und Ludwig Justi, danken
wir die Ausstellung. Als ihr Resultat ergibt sich eine im-
posante Bestätigung der in jüngster Zeit immer lebhafter
erkannten Wahrheit: daß dieser Berliner Alt- und Groß-
meister eine der wundervollsten Persönlichkeiten gewesen,
über welche die deutsche Kunstgeschichte überhaupt ver-
fügt; daß er als Bildhauer wie als Zeichner einen Höhe-
punkt bezeichnet, der bei uns Norddeutschen so nicht wieder
erreicht worden ist; daß er der Begründer und glorreiche
Hüter der altberlinischen Kunstkultur war, die nach seinem
Hingang rapide sank. Was die Veranstalter der Ausstellung
jetzt zusammengebracht, was sie an vergessenen oder kaum
mehr beachteten Skulpturen Schadows aufgestöbert, was
sie den Schränken der Akademie, den Mappen der Sammler
und der Familie des Meisters an Zeichnungen, Studien,
Entwürfen, Karikaturen entlockt haben, das liefert ein Ge-
samtbild von höchstem kunstgeschichtlichen Wert. Wie
niemals vorher können wir nun die drei Hauptelemente in
Schadows Wesen: die verklingende Rokokoanmut, die
klassizistische Tendenz auf klare und einfache Harmonie
des Formausdrucks und den preußisch-berlinischen Realis-
mus erkennen und in ihren interessanten Wechselwirkungen
verfolgen. Als Gipfel seines Kunstschaffens tritt seine
unvergleichliche Porträtplastik auf. Die reiche Sammlung
der Büsten, die man jetzt sieht, bildet den Glanzpunkt der
Ausstellung. Sie gibt den glänzendsten Beweis für Scha-
dows geniale Fähigkeit, das Individuelle jedes Objekts
seiner Bestrebungen scharf herauszuarbeiten und es zu-
gleich in eine höhere Sphäre emporzuheben; das Charakte-
ristische zu betonen, ohne je in glatte Wirklichkeitsabschrift
hinabzugleiten; das Kleinliche und Zufällige der Natur-
erscheinung bedeutungsvoll zusammenzufassen, aber nie-
mals zu einem leeren Typisieren zu gelangen. Neben dem
kleinen Ausstellungsverzeichnis hat die Akademie einen

schön ausgestatteten größeren Katalog herausgegeben (im
Verlage von Bruno Cassirer, Berlin), der die 250 Nummern
mit knapp informierenden Erläuterungen aufzählt, eine sehr
willkommene Zeittafel »Zur Chronologie von Schadows
Leben und Schaffen« vorausschickt (beides bearbeitet von
Mackowsky), und 56 Reproduktionen der wichtigsten Stücke
anfügt.

Bilder alter Meister bei Agnew in Berlin. Kürz-
lich wurde hier von der vor einigen Monaten eröffneten
Filiale von Thos Agnew and Sons berichtet. Nun ist
wieder vor einigen Tagen eine Reihe von Werken alter
Meister, zum Teil früher im Besitze von Lord Ashburton,
aus London angelangt. Besondere Beachtung verdienen
vor allem zwei Werke van Dycks, zunächst ein glänzendes
Porträt (Kniestück) des Grafen Johann von Nassau-Siegen,
wahrscheinlich im Haag gemalt, bevor der Künstler nach
England ging. Der greise, aber noch rüstige Fürst ist
barhäuptig dargestellt, den Feldherrnstab in der Rechten
mit gelbem Lederkoller und dunklem Stahlpanzer bekleidet.
Schmale Streifen hellroten Stoffes, die den Panzer säumen,
und die Degenkoppel von gleicher Farbe, geben dem
Bilde Lebhaftigkeit und ein diskretes Maß von Pracht.
Eine dunkle Portiere und ein wuchtiger Säulenschaft
schließen das repräsentative Bildnis im Hintergrunde ab.
Das zweite Werk gehört der späteren Zeit van Dycks an,
es ist in England entstanden und zeigt die Gattin des
Künstlers als Erminia im Begriffe, sich mit Helm und Har-
nisch des Bruders zu rüsten, um in dieser Verkleidung den
Geliebten zu suchen. Neben ihr ein Amor in lebhafter
Bewegung, ein Putto von köstlicher Frische, dem großen
Vorbilde Tizian ganz würdig. — Durch drei feine Bildnisse
ist die englische Schule des 18. Jahrhunderts vertreten,
Durch zwei Romneys, ein Brustbild eines jungen Mannes
mit weißer Perücke, sehr einfach und anziehend, und das
graziöse Porträt der Marquise de Trouville, und durch ein
ganz ausnahmsweise signiertes Werk Hoppners, Halbfigur
einer jungen Dame in Hellblau mit brauner Pelzboa und
breitkrempigem Federhute. Schließlich mögen noch er-
wähnt sein das Bildnis der Gräfin Katharina von Arkel
von Paulus Moorelse (Kniestück), eine weibliche Halbfigur
von Oovaert Flink (bezeichnet, die Jahreszahl nicht mehr
lesbar), das Interieur einer Schenke von C. Bega (ebenfalls
signiert) und ein zeichnender Knabe von Drouais. h.

X Zum Interessantesten, was die Berliner Salons
im letzten Monat geboten haben, gehörte eine große Aus-
stellung des neuesten Pariser Apostels Henri Matisse
bei Cassirer. Herr Matisse wird seit einigen Jahren von
der französischen Jugend wie der Bringer eines neuen
Prometheusfunkens verehrt. Die radikalen Stimmführer
des Salon d'automne, die über die große Generation der
älteren Maitres impressionistes längst zur Tagesordnung
übergegangen sind, haben nun auch Paul Cezanne bei-
seite geschoben und Henri Matisse in ekstatischer Ver-
zückung als den Mann der Zukunft ausgerufen. Es ist
nicht ohne Gefahr, der jungen Berliner Künstlerschaft eine
solche Serie vorzuführen. Denn wir wissen nur zu gut,
wie leicht unsere Malerei, der die feste Verbindung mit
einer bodenständigen Tradition abhanden gekommen ist,
sich auch das Tolle, Extravagante und Überspannte aus-
ländischer Versuche zu eigen macht, ohne daß sie die
Berechtigung dazu hätte, die nur aus dem Zusammenhang
der Entwickelung in dem betreffenden Lande gewonnen
werden kann. Man muß schon in Paris selbst leben,
muß im täglichen Zusammensein mit den jungen Leuten
den Wandel ihrer Tendenzen und Ideale verfolgt haben,
um zu begreifen, wohin das alles steuern will. Wir Berliner
ahnen wohl, was manche Leute, die sich mit diesen Dingen
intim beschäftigt haben, hier zu sehen glauben: ein Hin-
 
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