Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0160

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
303

Personalien — Wettbewerbe

304

mein ausdrucksvolles Formgefühl. Sein Hauptwerk ist der
große Sintflutbrunnen in Bromberg, der barocke Monu-
mentalmotive in eigener und persönlicher Auffassung ver-
wertete und eine Fülle von Menschen- und Tiergestalten
zu originellen Gruppen ordnete. Als junger Künstler von
27 Jahren schon erhielt Lepcke den großen Staatspreis,
bald darauf die goldene Medaille. Zahlreiche Bildnisbüsten,
Grabdenkmäler und dekorative Arbeiten entstanden in
seinem Atelier. Die Nationalgalerie kaufte 1897 die Statue
»Der Bildhauer«, der jetzt in den Anlagen vor der Säulen-
halle der Museumsinsel aufgestellt ist. Zu erwähnen sind
ferner noch seine Rückert-Herme im Viktoriapark auf dem
Berliner Kreuzberg, der Stubenrauch-Brunnen in Teltow,
Kriegerdenkmäler in Apolda und Gütersloh, das Standbild
Justus Jonas in der neuen Wittenberger Schloßkirche. Auf
der großen Berliner Ausstellung des vergangenen Sommers
war Lepcke durch die schöne Figur einer »Bogenspannerin«
vertreten.

Am 10. März ist in München Professor Alwin Schultz,
der Kunst- und Kulturhistoriker, gestorben. Er war am
6. August 1838 in Muskau geboren, habilitierte sich 1866
an der Breslauer Universität und wurde 1882 ordentlicher
Professor in Prag. Seit 1903 lebte er in München im
Ruhestand. Seine bekanntesten Werke sind die »Allge-
meine Geschichte der bildenden Künste«, »Deutsches Leben
im 14. und 15. Jahrhundert« und »Das höfische Leben zur
Zeit der Minnesänger« ; zu erwähnen ist ferner seine im Jahre
1878 erschienene Arbeit über die Marienlegende. Außerdem
schrieb er verschiedene Abhandlungen über die Kunst-
geschichte seiner engeren Heimat, der Provinz Schlesien.

Großfürst Wladimir f. In dem am 4./17. Februar
verschiedenen Großfürsten Wladimir Alexandrowitsch, dem
1846 geborenen dritten Sohne Alexanders IL, betrauert
die russische Kunstwelt einen Protektor von warmem
Herzen und feinem Verständnis. Obwohl fast sein ganzes
Leben lang in hohen militärischen Ämtern stehend, hat
der verstorbene Großfürst als Präsident der Kaiserlichen
Akademie der Künste stets sein Interesse dem Kunst-
leben zu bewahren gewußt. Er ging bis ins Detail und
nur wenige Nebensächlichkeiten sind während seines Prä-
sidiums in der obersten russischen Kunstinstitution ohne
sein persönliches Zutun entschieden worden. Auch für
ältere Kunst besaß der Verblichene lebhaftes Interesse,
wie er bei seinen häufigen Besuchen in der Eremitage be-
wies, deren Bestand er ungewöhnlich genau kannte. Ebenso
interessierte ihn die Baugeschichte Petersburgs sehr lebhaft
und war seinem ausgezeichneten Gedächtnis immer gegen-
wärtig. Großfürst Wladimir hat sich auch als Sammler,
wenn auch nicht in sehr bedeutendem Maße betätigt.

Cesare Biseo ist gestorben und mit ihm verliert Rom
einen seiner sympathischsten Künstler. Im Jahre 1848 hier
geboren, gehört er einer Künstlerfamilie an und sein Vater
schmückte mit neuklassischen Dekorationen die Säle, welche
der Fürst Torlonia in der alten Burg von Bracciano er-
neuern ließ. Seinem Sohn haftete aber nichts von der
akademischen Art an und er war einer der natürlichsten aus
der älteren römischen Malergeneration. Als junger Mann
begleitete er die italienische Mission an den marokkanischen
Hof, und Afrika und die Wüste wurden ihm so lieb, daß
es ihn immer wieder hinzog und seine Orientbilder zu
den besten dieser Art gehören. Es sind Kompositionen,
die sich von den sonstigen unterscheiden, weil der Künstler
sich am wenigsten um die Staffage von Menschen und
Tieren kümmerte und sich meistens nur mit der Wieder-
gabe der wunderbaren Lichtwirkungen der Wüste beschäftigte.
In den letzten Jahren seines Lebens hatte er sich mit Feuer-
eifer der Radierung hingegeben und es gibt von ihm einige
große Blätter, darunter zwei Palatindarstellungen und ein

Kolosseumsbild, in welchem sich seine hochpoetische
Künstlerseele in ihrem hellsten Lichte zeigt. Fed.H.

Am 26. Februar ist in Paris der bekannte Karikaturist
Emmanuel Poire, der unter dem Pseudonym Caran d'Ache
zeichnete, im fünfzigsten Lebensjahre gestorben. Er stammte
aus einer seit 1812 in Rußland ansässigen französischen
Familie und ist in Moskau 1858 geboren. Chronique pa-
risienne, Chat Noir, Vie parisienne, vor allem der Figaro
haben zahlreiche seiner sehr persönlichen Zeichnungen
gebracht, in die er mit wenigen Strichen eine treffende
Charakteristik hineinzulegen wußte.

PERSONALIEN
X Zum Leiter der Weimarischen Museen, mit Aus-
nahme des Goethe-Nationalmuseums, ist als Nachfolger
von Karl Kötschau, der am 1. April an das Berliner Kaiser-
Friedrich-Museum übersiedelt, nunmehr der Kabinetts-
sekretär des Großherzogs Wilhelm Ernst, Freiherr Dr. Hans
von der Qabelentz-Linsingen, ernannt worden. Der neue
Direktor, der das alte Weimarer Museum und das jüngere
Museum für Kunst und Kunstgewerbe zusammen verwalten
wird, entstammt der in der Wissenschaft wohlbekannten
thüringischen Adelsfamilie. Er ist 1872 geboren und war
vor der Berufung an den Weimarischen Hof, zu dem er
aus früher Zeit nahe Beziehungen hatte, Privatdozent der
Kunstgeschichte an der Münchner technischen Hochschule.
Seine bisherigen literarischen Hauptarbeiten sind eine
Monographie über die »Mittelalterliche Plastik in Venedig«
und eine Studie über die »Kirchliche Kunst im italienischen
Mittelalter, ihre Beziehungen zu Kultur und Glaubenslehre«.
Des neuen Herrn, der nunmehr ein Hofamt mit dem Posten
eines Museumsdirektors verbindet, wartet eine schöne und
dankbare, wenn auch schwierige Arbeit: die längst er-
sehnte Umgestaltung des Weimarer Museums, die Kötschau
schon in die Wege geleitet hat, aber nicht zu Ende führen
konnte. Der Reichtum dieser Sammlung konnte bei der
bisherigen Anordnung und Organisation nicht entfernt er-
kannt und seinem Werte nach geschätzt werden. — Der
Posten des Direktors des Goethe-Hauses, den Kötschau
ebenfalls versah, ist noch nicht endgültig besetzt.

X Hugo Lederer ist zum ordentlichen Mitgliede
der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin gewählt
worden.

X Prof. Heinrich Wölfflin von der Berliner Uni-
versität hat einen dreimonatigen Urlaub angetreten. Er
wird seine Vorlesungen im Sommersemester demgemäß
erst nach Pfingsten beginnen.

Dr. Rubensohn ist zum Leiter der großen ägyptischen
Kunstsammlungen aus dem Besitze des Großkaufmanns
Pelizaeus, die der Stadt Hildesheim zum Geschenk gemacht
wurden und für die ein ganzes Museum eingerichtet wurde,
aus Kassel berufen worden.

WETTBEWERBE
X Am 10. März fand im Berliner Künstlerhause die
erste Sitzung des Preisgerichtes für das Fritz Reuter-
Denkmal in Stavenhagen statt, dem der Bürgermeister
der mecklenburgischen Stadt und von Künstlern die Herren
Adolf Brütt (Weimar), Brunow (Berlin), Schultze-Naum-
burg und Bruno Schmitz beiwohnten. Es wurde be-
schlossen, einen Wettbewerb für alle deutschen Künstler
auszuschreiben, für den vier Preise von 3000, 1500 und
1000 Mark in Aussicht genommen sind. Für die Ausfüh-
rung stehen 50000 Mark zur Verfügung. Man hofft, das
Standbild am 7. November 1910, an Reuters hundertstem
Geburtstag, enthüllen zu können. Als Schlußtermin für
die Einlieferung der Entwürfe wurde der 1. Juli d. J. fest-
gesetzt.
 
Annotationen